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Krebstherapie: Herz-Kreislauf-Risiko schon vor Behandlungsbeginn abschätzen

Deutlich höhere krankheitsspezifische Überlebensraten, viele neue Therapien auf dem Markt und ein Stammplatz für Chemos mit kardiotoxischen Anthrazyklinen: Das sind die wesentlichen Gründe, warum die Zahl an herzkranken Krebspatienten zunimmt. Dazu kommt, dass das Durchschnittsalter der onkologischen Patienten steigt, sodass viele bereits mit Vorerkrankungen in die Behandlung gehen. Europäische Kardiologen und Kardioonkologen haben nun ein Positionspapier mit einfachen Instrumenten zum Vorab-Screening veröffentlicht.
Zunächst gilt es, das Basisrisiko zu ermitteln – ohne die Krebsbehandlung zu verzögern. Dazu gehört eine kardiale und onkologische Anamnese genauso wie das Erfassen der allgemeinen Risikofaktoren, ergänzt durch Blutdruckmessung, EKG und UKG. Das Team um Dr. Alexander R. Lyon vom Cardio-Oncology Service am Royal Brompton Hospital and Imperial College London empfiehlt darüber hinaus, HbA1c, Lipide, kardiales Troponin und BNP oder NT-proBNP zu messen.
Entscheidende Bedeutung hat die geplante Art der Therapie, denn je nach eingesetztem Medikament drohen unterschiedliche Schäden am Herzen (s. Kasten). Anhand des individuellen Profils und der avisierten Behandlung errechnen sich dann Risikoscores. Eine Ausnahme bildet die Kategorie der androgendeprivierenden Therapien, die an anderen Patientenkollektiven entwickelt wurden und daher einer speziellen Kalkulation bedürfen.
Welche Komplikation bei welcher Therapie?
- Anthrazykline: linksventrikuläre Dysfunktion (LVD), Herzinsuffizienz, Arrhythmien (atriale und ventrikuläre), systemische Hypertonie
- Anti-HER2-Therapien: LVD, Herzinsuffizienz
- Inhibitoren des VGEF1: systemische Hypertonie, LVD, Herzinsuffizienz, Verlängerung der QTc-Zeit, arterielle Thrombosen inklusive Herzinfarkt
- BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer: arterielle Thrombose inklusive Herzinfarkt, Schlaganfall oder periphere Verschlüsse (Ponatinib), venöse Thromboembolien, systemische Hypertonie, LVD, Herzinsuffizienz, beschleunigte Atherosklerose (Ponatinib, Nilotinib), Verlängerung der Qtc-Zeit (Nilotinib), pulmonale Hypertonie (Dasatinib)
- Proteasominhibitoren und Immunmodulatoren in Kombination: LVD, Herzinsuffizienz, Ischämien, Herzinfarkt, Arrhythmien (atrial und ventrikulär), venöse Thromboembolien, arterielle Thrombosen
- Kombination aus RAF2- und MEK3-Inhibitoren: LVD, Herzinsuffizienz, systemische Hypertonie sowie QTc-Zeit-Verlängerung bei Vemurafenib plus Cobimetinib
- Androgendeprivationstherapien inkl. GnRH4-Agonisten (beim Prostatakarzinom): erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Atherosklerose
- Immuncheckpoint-Inhibitoren: Myokarditis (u.U. fulminant), nicht-entzündliche Herzinsuffizienz, ventrikuläre Arrhythmien, AV-Block, plötzlicher Herztod, akutes Koronarsyndrom inkl. Plaqueruptur und Vaskulitis)
1. Vascular Endothelial Growth Factor
2. Rapidly growing fibrosarcoma
3. MAP-Kinasen MEK1 und MEK2
4. Gonadotropin-Release-Hormon-Agonisten
Quelle: Lyon AR et al. Eur J Heart Fail 2020; DOI: 10.1002/ejhf.1920
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