
Kurative Ansätze bei Genodermatosen

Gentherapie, Regeneration und Krankheitsmodifikation sind Ansätze, um seltene Genodermatosen besser behandeln zu können, berichtete Professor Dr. Leena Bruckner-Tuderman von der Klinik für Dermatologie und Venerologie der Universität Freiburg. Wichtig ist die präzise Diagnose, die heute in spezialisierten Zentren für seltene Erkrankungen erfolgt. Aktuell gibt es mehr als 30 davon in ganz Deutschland.
Bald dauerhafte Heilung von Epidermolysis bullosa?
Besteht der konkrete anamnestische und klinische Verdacht auf eine bestimmte Genodermatose, wird versucht, die entsprechende Mutation oder das entsprechende Kandidatengen nachzuweisen. Je nachdem setzt man dafür Genpanels ein, die alle Mutationsvarianten von bekannten Diagnosen abprüfen. Lässt sich so keine Diagnose sichern, kann durch Exom-Sequenzierung auch unerwarteten Genveränderungen als Ursache der Dermatose auf die Spur gekommen werden.
Für manche Erkrankungen gibt es inzwischen erste kurative Therapieversuche. So geschehen 2017 bei einem siebenjährigen Jungen mit junktionaler Epidermolysis bullosa – einer schweren mitunter letalen Genodermatose. Nachdem der Junge 60 % seiner Epidermis durch einen Krankheitsschub verloren hatte, konnten die Ärzte über eine Hauttransplantation aus transgener Epidermis auf 80 % der Körperoberfläche den Defekt nachhaltig korrigieren.1 Hergestellt wurde das Transplantat aus entnommenen epidermalen Stammzellen, in denen man den Gendefekt via retroviralem Gentransfer behoben hatte.
Zur Regelversorgung ist das allerdings (noch) nicht geworden, es gibt keine klinischen Studien dazu, die Kosten waren sehr hoch und der Patient musste lange im Krankenhaus bleiben. Zudem wurde für den Gentransfer ein Vektor mit onkogenem Risiko verwendet. Prof. Bruckner-Tuderman berichtete aber, dass diese Gentherapie bei früher Behandlung im Kleinkindalter gute Ergebnisse verspreche.
Ein anderes Beispiel für kurative Therapiemöglichkeiten ist die Proteintherapie in utero. Bei der hypohidrotischen ektodermalen Dysplasie ist die Schweißdrüsenentwicklung irreversibel gestört. Hintergrund ist ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms Ektodysplasin A (EDA). Die intraamniotische Injektion eines rekombinanten Proteins mit der EDA-Rezeptorbindungsdomäne im dritten Trimester führte in zwei Fällen (Zwillinge + ein weiterer Fötus) zur Ausbildung von Schweißdrüsen und der normalen Fähigkeit zu schwitzen.2
Eine topische Gentherapie ist ebenfalls keine reine Zukunftsmusik mehr. An der Stanford Universität wird derzeit ein Gentransfer per Creme mit einem Herpes-simplex-Vektor bei Epidermolysis bullosa dystrophica untersucht. Patienten mit diesem Defekt fehlt ein intaktes Typ-7-Kollagengen (COL7) in der Dermis. Folge ist eine fragile Haut, die selbst bei geringen Traumata in der oberen Dermis aufreißt. Auch innere Organe können betroffen sein, was die Erkrankung nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern auch potenziell tödlich macht.
Mit alten Bekannten gegen die Hautsymptome
Da sich die oben genannten Therapien bisher auf Einzelfallberichte stützen, ist bislang bei Genodermatosen häufig nur eine symptomatische Therapie möglich. Als Beispiel für eine solche evidenzbasierte Behandlung nannte Prof. Bruckner-Tuderman die topische Therapie des CHILD*-Syndroms, die sie an ihrer Klinik untersucht hat.3 Beim CHILD-Syndrom führt die Mutation im NSDHL-Gen (Cholesterol-Synthese) zur Ansammlung toxischer Metabolite und einem Cholesterolmangel. Die Folge sind eine gestörte Hautbarriere und eine starke Entzündungsreaktion. Die topische Behandlung mit Simvastatin (2 %) und Cholesterol (2 %) bessert den Hautzustand schon über vier Wochen deutlich. Im Verlauf wird die Haut oft über Jahre symptomfrei und damit gewinnen die Patienten enorm an Lebensqualität.
Bei der generalisierten dystrophen Epdermolysis bullosa kommt für die symptomatische Behandlung ebenfalls ein alter Bekannter zum Einsatz: Der TGF-beta-Antagonist Losartan reduziert nach einer klinischen Phase-1/2-Studie die Narbenbildung und Deformitäten, wie die Referentin mit ihrer Arbeitsgruppe zeigen konnte.
Und was ist mit Biologika? Der gegen Interleukin 17A gerichtete Antikörper Secukinumab besserte die kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie bei einem Patienten fast bis zu einem normalen Hautbild.4 Der 20-Jährige litt seit seiner Kindheit an der Verhornungsstörung.
Eine Patientin mit schwerer generalisierter Epidermolysis bullosa simplex, die sich insbesondere ab dem Frühjahr bei ansteigenden Außentemperaturen bemerkbar machte, profitierte von Apremilast. Die Intervallbehandlung mit dem PDE-4-Hemmer im Frühjahr und Sommer besserte die Lebensqualität der Patientin deutlich.5
Die Expertin betonte, dass die Kooperation von Hautarztpraxen und spezialisierten, international vernetzten Zentren notwendig ist, damit Patienten von solchen wissenschaftlich begründeten Therapieansätzen profitieren können. Gegebenenfalls ist es dort auch möglich, den Betroffenen eine Studienteilnahme anzubieten.
* Congenital Hemidysplasia with Ichthyosiform nevus and Limb Defects
Quellen:
FOBI DIGITAL 2020 – 27. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie
1. Hirsch T et al. Nature 2017; 551: 327-332; DOI: 10.1038/nature24487
2. Schneider H et al. N Engl J Med 2018; 378: 1604-1610; DOI: 10.1056/NEJMoa1714322
3. Kiritsi D et al. Orphanet J Rare Dis 2014; 9: 33; DOI: 10.1186/1750-1172-9-33
4. Haiges D et al. J Dtsch Dermatol Ges 2019; 17: 70-72; DOI: 10.1111/ddg.13716_g
5. Castela E et al. Br J Dermatol 2019; 180: 357-364; DOI: 10.1111/bjd.16897
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).