Beim Management geht es vor allem um Wundversorgung

Maria Weiß/Dr. Susanne Gallus

Bei EB können bereits kleine mechanische Reize zu schweren Hautschäden führen. Bei EB können bereits kleine mechanische Reize zu schweren Hautschäden führen. © wikimedia/B.E.L.A. Butterfly Children Foundation, Russland

Die Epidermolysis bullosa manifestiert sich mit Fragilität und Blasenbildung von Haut und Schleimhäuten. Für die Diagnose gibt es Spezialzentren. Das oft lebenslang nötige Wundmanagement der Patienten übernehmen aber in der Regel die niedergelassenen Dermatologen.

Die erbliche Epidermolysis bullosa ist unterteilt in vier Haupttypen mit mehr als 30 verschiedenen Unterformen. Charakteristisch sind wiederkehrende Blasen mit begleitenden Wunden, Schmerz und Juckreiz, ausgelöst durch kleine physische Traumata. Unterschiede gibt es hinsichtlich der Manifestationsformen, Schweregrade und Prognosen (s. Tabelle). Wichtig ist daher eine möglichst frühe und genaue Diagnose, heißt es in dem Positionspapier des Europäischen Referenz-Netzwerks für seltene Hautkrankheiten unter Federführung von Prof. Dr. Cristina Has, Abteilung für Dermatologie an der medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. Die zusammengestellten Empfehlungen sollen den Umgang mit der seltenen Erkrankung erleichtern.

Wundcharakteristika und weitere Merkmale der vier Haupttypen
EB simplex (EBS)Junktionale EB (JEB)
Dystrophe EB (DEB)Kindler EB (KEB)

oberflächliche, erosive und verkrustende Wunden, die ohne Narben, aber mit bleibenden Pigmentstörungen abheilen, keine chronischen Wunden

 

Sonstiges: akrale (bei lokalisierten Subtypen) oder gruppierte Blasen mit herpetiformer Anordnung (bei schwerem Subtyp); stärkere Ausprägung der kutanen und oralen Manifestation in der frühen Kindheit mit Besserung der Hautfragilität über die Zeit, evtl. rezidivierende palmoplantare Blasen mit schmerzhafter Keratodermie

chronische Wunden mit wucherndem Granulationsgewebe, häufig im Bereich von Gesicht, occipital, im Windelbereich und an den Extremitäten; Abheilung mit Pigmentveränderungen oder Narben

 

Sonstiges: ausgeprägte Beteiligung von Haut- und Schleimhaut-Membranen; Gedeihstörungen und Sepsis bei schweren Subtypen, variable Schleimhaubeteiligung, z.T. Nageldystrophien und Haar- und Nagelverlust, gehäuft Zahnschmelzdefekte und Karies

Wunden häufig rezidivierend in Arealen mit Traumaexpositionen (Hände, Füße, Ellbogen, Knie); Wundheilung mit Narben und Milien-Formation

Erosionen mit Krusten in der Kindheit; Neigung zur Blasenbildung nimmt mit dem Alter ab, Wunden nur selten, oft Beteiligung der Mundschleimhaut

 

Sonstiges: Akrale Hautfragilität nur früh im Leben, nimmt über die Zeit ab; später dann Photosensitivität, Poikilodermie und atrophische Narben

Rezessive Dystrophe EB (RDEB)
eher generalisiert, häufig Narbenbildungen mit Zusammenwachsen von Fingern und Zehen, Deformationen und Gelkontrakturen; häufig Platten­epithelkarzinome in den chronischen Wunden (Haupttodesursache bei RDEB)

Bei schweren Formen u.a. auf Anämien achten

Die Diagnosestellung erfolgt am besten an einem spezialisierten Zentrum (in Deutschland z.B. an der Uni Freiburg), da neben dem klinischen Bild und der Familienanamnese auch die Resultate spezieller Labor­untersuchungen (u.a. Immunfluoreszenz-Mapping, Transmissions­elektronenmikroskopie und molekulargenetische Tests) ausschlaggebend sind.

Die Grundlage des Krankheitsmanagements bildet die Wundversorgung. Sie richtet sich nach Subform, Patientenalter, Läsionstyp (Blase, Erosion, Ulkus, Hyperkeratose) und Zustand der Wunde. Zusätzlich, v.a. bei schweren Subtypen, müssen Ernährungsstatus, eine mögliche chronische Anämie oder Hypoalbuminämie im Auge behalten werden. Falls nötig kann man sich Hilfe von einem Experten holen. Ähnliches gilt auch für die psychologische Betreuung, da die Krankheit oft mit sozialer Isolation, Angstzuständen und Depression einhergeht.

Das allgemeine Wundmanagement findet außerhalb der spezialisierten Zentren statt, denn es begleitet die Patienten ein Leben lang und beinhaltet folgende Punkte:

  • präventive Maßnahmen zur Vermeidung der Blasen (z.B. exponierte Stellen abpolstern), Schuhe und Kleidung sollten z.B. nicht einengen, ggf. helfen auch Einlagen oder Socken aus Silbergarn
  • regelmäßige Untersuchungen der gesamten Haut (mind. alle sechs Monate)
  • Punktion und Drainage neuer Blasen (Blasenhaut zum Schutz belassen), damit die Läsionen sich nicht vergrößern
  • Entfernen von plantaren Hyperkeratosen und Hühneraugen, um Fissuren, Blasen und Infektionen unter der verdickten Haut zu verhindern
  • optimierte Ernährung, um die Wundheilung zu verbessern und Mangelerscheinungen vorzubeugen bzw. zu behandeln
  • unterstützende Pflege zum Erhalt der Selbstständigkeit einschließlich der Versorgung mit Hilfs­mitteln
  • eine ausreichende Analgesie mit regelmäßiger Evaluierung durch Arzt und Patient – aufgrund der meist sehr schmerzhaften und juckenden Läsionen essenziell
  • Erhalt der Therapietreue, d.h. der Behandlungsplan muss an Wünsche und/oder ggf. veränderte Lebensumstände der Patienten angepasst werden

Bei der lokalen Wundbehandlung ist es wichtig, die Haut nicht noch zusätzlich z.B. durch adhäsive Verbände zu verletzen.

Moderne Wundauflagen oder Standard-Paraffingaze?

Auch beim Verbandswechsel ist sanftes Vorgehen gefordert, man kann beispielsweise Stellen vorher einweichen oder gegebenenfalls spezielle Pflasterentferner verwenden. Die Experten des Europäischen Referenz-Netzwerks empfehlen zur Wundreinigung z.B. Kochsalzlösung, Polyhex­anid, Natrium­hypochlorit (5–10 ml in 5 l Wasser) Essigsäure (≤ 0,25%) und Chlorhexidin (0,1%) sowie im Anschluss daran nicht-haftende Wundauflagen (z.B. Hygrogel, Silikonschaum, Hydrofiber). Idealerweise fällt die Wahl auf eine moderne Spezialauflage (z.B. eine Lipidokolloid-Gazewundauflage), da diese bei nicht-infizierten Wunden nur alle 2–4 Tage gewechselt werden muss.

Im Notfall kann man auch auf paraffinbeschichtete Gaze ausweichen, die aber einen täglichen Wechsel erfordert. Gerade bei Kleinkindern mit Wunden im Windelbereich bietet sie allerdings eine kostengünstige Option, da mit jeder Windel auch die Wundauflage gewechselt werden muss.

Wichtig ist, den Wechsel für den Betroffenen entspannt und schmerzfrei zu gestalten, d.h. falls nötig unter entsprechender Analgesie. Vorsicht aber bei topischen Anästhetika, diese können eine Blasenbildung induzieren! Topische Steroide sind bei Hypergranulationen möglich, aber nur kurzzeitig.

Haben sich Wunden infiziert oder sind stark kolonisiert (siehe Kasten), hat man verschiedene Optionen. Lipid-stabilisierte Wasserstoffper­oxid-Cremes reduzieren die Keimlast, ähnliches gilt für medizinischen Honig oder silberhaltige Produkte (hier v.a. bei Kindern die Anwendungsdauer und -fläche im Auge behalten). Die lokale Wundbehandlung bleibt gleich, nur müssen Verbände täglich gewechselt werden.

Vorsicht bei chronischen Wunden!

Im Auge behalten sollte man neben Schmerzen und Jucken auch die Wundränder und die Heilungsrate der EB-Läsionen. Bei einer 20–40%igen Reduktion der Wundfläche über 2–4 Wochen ist die Wunde meist in Woche 12 abgeheilt. Chronische Wunden müssen immer wieder auf Kolonisationen und Infektionen untersucht werden. Außerdem sollte hier vor allem bei kleinen Kindern mit großen Wundarealen eine Sepsis ausgeschlossen und bei nicht heilenden Wunden auch an ein Plattenepithelkarzinom gedacht werden. Es gibt verschiedene Algorithmen bzw. Scores zur Erfassung chronischer Wunden, darunter MEASURE, NERDS und STONEES.

Antibiotika rotieren, um Resistenzen zu vermeiden

Bei kritisch infizierten Läsionen, die eine Antibiose erfordern, fällt die Wahl des Topikums vorzugsweise auf Substanzen ohne systemische Formulierung (Fusidinsäure, Mupirozin). Die Experten raten zu einer kurzzeitigen Therapie und zum Rotieren, um einer Resistenzbildung vorzubeugen. Retapamulin (1 %) bietet eine Option bei grampositiven Keimen. Systemische Antibiotika sollten die allgemeinen Pathogene abdecken, bei Nichtansprechen erfolgt eine spezifische Sensitivitätsbestimmung. Die Mundschleimhaut ist meist bei JEB, RDEB und KEB betroffen. Insbesondere bei Kleinkindern erschweren schmerzhafte Läsionen im Mund das Füttern, sodass ggf. spezielle Fläschchen oder eine Sondenernährung besprochen werden muss. Vernarbungen (v.a. bei RDEB) können die Mundöffnung sowie die Zungenmobilität behindern und dadurch die Sprachentwicklung stören. Bei der Junktionalen EB kommt es mitunter zu Zahnschmelzdefekten mit exzessivem Karies. Zur Prophylaxe sind u.a. angeleitete intensive Zahnpflege, antiseptische Mundspülungen und regelmäßige professionelle Zahnreinigungen erforderlich. Außerdem sollten sich Kinder am besten bereits vor dem Zahnen und damit dem Beginn der Läsionen in zahnärztlicher Behandlung befinden.

Quelle: Has C et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2021; 35: 2349-2360; DOI: 10.1111/jdv.17629

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Bei EB können bereits kleine mechanische Reize zu schweren Hautschäden führen. Bei EB können bereits kleine mechanische Reize zu schweren Hautschäden führen. © wikimedia/B.E.L.A. Butterfly Children Foundation, Russland