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Labordiagnostik: HDL ist Pflicht, Lp(a) überflüssig

Ein hohes Lp(a) zeigt bereits bei asymptomatischen Menschen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse an. Je höher der Messwert, desto früher kommt der Infarkt. Das geht z.B. aus den Ergebnissen der LURIC*-Studie hervor, wie Studienleiter Professor Dr. Winfried März von der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg berichtete.
Nutzen der zusätzlichen Lp(a)-Reduktion ungeklärt
Randomisierte klinische Studien mit unterschiedlichen Wirkprinzipien von Nikotinsäure bis PCSK9-Inhibitoren kamen jedoch zu enttäuschenden Ergebnissen. Trotz Senkung von Lp(a) um bis zu 35 % gingen kardiovaskuläre Komplikationen nicht relevant zurück. Eine aktuelle Arbeit kommt zu dem Schluss, dass eine starke Lp(a)-Senkung um mindestens 100 mg/dl nötig ist, um eine etwa 20%ige Reduktion des kardiovaskulären Risikos zu sehen.1
„Um 100 mg/dl zu senken, muss einer erst einmal 150 mg/dl haben. Wo sind denn diese Patienten?“, fragte der Lipidforscher. Der Effekt entspreche dem, was eine LDL-Senkung um 40 mg/dl bringe.
„Wir messen Lp(a) und erfassen damit die Gesamtmasse des Partikels, der zu etwa 30 % aus Cholesterin besteht.“ Die Schlussfolgerung von Prof. März: Lp(a) ist nichts anderes als ein mit Statinen nicht therapierbares LDL-Cholesterin. Da es keine belastbare Evidenz für den klinischen Nutzen einer Lp(a)-Senkung gibt und bei der LDL-Messung Lp(a) mit erfasst wird, macht es keinen Sinn, diesen Parameter separat zu messen.
Die Frage, ob man Lp(a) zusätzlich zum LDL senken sollte, ist vor dem Hintergrund neuer Therapiestrategien mit Antisense-Oligonukleotiden wichtig. Diese hemmen gezielt die Synthese von Apo(a) in der Leber, adressieren so selektiv Lp(a). Zurzeit gibt es jedoch keine Antwort. „Wir brauchen Studien, die zeigen, ob ein Quäntchen Lp(a)-Senkung bei Patienten noch etwas bringt, die unter heute verfügbaren Therapien schon ein sehr niedriges LDL erreicht haben.“
HDL ist kein Target mehr in der Therapie
Anders als Lp(a) stellt HDL-Cholesterin wahrscheinlich einen Risikomarker dar, der selbst am Risiko nichts dreht. Cholesterin macht ohnehin nur etwa ein Viertel des Moleküls aus und bildet dessen biologische Funktionen unzureichend ab, erklärte Prof. März. Studien zeigen zwar, dass sich ein HDL-Cholesterinanstieg durch Lebensstilmaßnahmen positiv auswirkt. Unklar bleibt aber, ob das auf den HDL-Effekt zurückzuführen ist oder auf andere Wirkungen des gesünderen Verhaltens. Zumal andere Untersuchungen darauf hinweisen, dass HDL auch ungünstige Effekte haben könnte: Eine beim Europäischen Kardiologenkongress präsentierte Studie ergab, dass HDL-Spiegel über 80 mg/dl (bei Frauen liegt der Cut-off wohl noch höher) mit einer deutlich gesteigerten kardiovaskulären und Gesamtmortalität einhergehen.2
Alle Versuche, durch medikamentöse HDL-Steigerung das kardiovaskuläre Risiko zu senken, sind ohnehin gescheitert. Zurzeit stellt HDL-Cholesterin definitiv kein therapeutisches Target dar, konstatierte der Mannheimer Kollege. „Aber die Heerschar der Ungläubigen ist immer noch unterwegs und versucht es jetzt mit synthetischen Apo-A1-Analoga.“
Er glaubt nicht, dass diese Strategie von Erfolg gekrönt sein wird. Das bedeute aber nicht, dass HDL-Cholesterin nicht mehr gemessen werden sollte. Denn als Biomarker gibt es wichtige Informationen. Prof. März sieht insbesondere auch eine Indikation, nach metabolischen und entzündlichen Grunderkrankungen zu suchen, wenn Patienten ein niedriges HDL aufweisen.
Dass CRP und kardiovaskuläres Risiko korrelieren, ist seit Langem bekannt. CRP ist zwar nicht der beste Parameter, um subklinische Inflammation zu quantifizieren. Der prädiktive Wert von Interleukin-6 und Serum-Amyloid A fällt deutlich höher aus, wobei Letzteres vor allem in der Frühphase nach akutem Koronarsyndrom Aussagekraft besitzt, IL-6 in der langfristigen Beobachtung.
Routine-Parameter CRP für Canakinumab relevant
CRP gehört aber nun mal zum Routinelabor und wird wohl auch die Indikation einer Behandlung mit Canakinumab begründen, sofern der Antikörper infolge der CANTOS-Studie3 die Zulassung zur Senkung des kardiovaskulären Restrisikos erhält.
Zusammenfassend besteht kein Grund, Lp(a) zu messen, HDL gehört auf jeden Fall ins Panel, ebenso CRP aus „evidenzformalen Gründen“, auch wenn es bessere Marker für die Inflammation gibt. Die Zukunft der kardiovaskulären Risikostratifizierung liegt in der integrierten Bewertung multipler Biomarker inklusive HbA1c, Triglyzeriden, Cystatin C und Cotinin, glaubt Prof. März.
* Ludwigshafen Risc and Cardiovascular Health
Quellen:
1. Burgess S et al. JAMA Cardiol 2018; 3: 619-627
2. Allard-Ratick M et al. ESC Congress 2018
3. Ridker PM et al. NEJM 2017; 377: 1119-1131
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