Luftnot, kardiale Pumpschwäche und Ödeme durch Megazyste

Maria Weiß

Nicht immer ist es so wie es scheint und die Ursache ist eine ganz andere. Nicht immer ist es so wie es scheint und die Ursache ist eine ganz andere. © Lorenz S et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 38-39 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

Eine 89-Jährige, die mehrfach wegen kardialer Dekompensation und Niereninsuffizienz stationär aufgenommen wird – das klingt erst mal nicht nach einem ungewöhnlichen Fall. Tatsächlich ist es aber einer.

Auch diesmal sprach bei der alten Dame, die sich mit progredienter Dyspnoe vorstellte, nichts gegen die Diagnose chronische Herzinsuffizienz. Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion lag bei 45 %, die rechtsven­trikuläre Funktion zeigte sich in der Echokardiographie ebenfalls eingeschränkt, Blutdruck und NT-proBNP waren deutlich erhöht. Die eingeleitete Diuretikatherapie führte wie bei den vorherigen Malen auch zu einer raschen Besserung von Luftnot und Ödemen.

Bei der aktuellen stationären Aufnahme fiel Dr. Simon­ Lorenz­ von der Klinik für Kardiologie, Herz- und Gefäßzentrum am Albertinen Krankenhaus in Hamburg und Kollegen aber neben den ausgeprägten Ödemen ein sehr aufgetriebenes und gespanntes Abdomen auf. Laut der Patientin bestand es schon länger und störte nicht weiter. Schmerzen verneinte sie, allerdings berichtete sie von Obstipationsneigung, Reflux­beschwerden und Appetitlosigkeit.

Die Sonographie sorgte dann für eine Überraschung. Fast das gesamte Abdomen war von einer riesigen, komplett echofreien Raumforderung ausgefüllt. In der CT erwies sich der Tumor als eine von der rechten Niere ausgehende unkomplizierte Zyste mit begleitender axialer Gleithernie. Bei genauerer Befragung berichtete die Patientin, dass vor Jahrzehnten schon mal von einer „kleinen Nierenzyste“ die Rede gewesen war.

Da die Dame keinen invasiven Eingriff wünschte, wurde die Zyste unter sonographischer Kontrolle punktiert und anschließend sklerosiert. Dabei entfernten die Kollegen zehn Liter seröse Flüssigkeit. Und die Therapie wirkte Wunder: Noch während des Klinikaufenthalts besserte sich die Nierenfunktion deutlich und das Stuhlverhalten normalisierte sich.

Auch die anderen Beschwerden wie Dyspnoe, Reflux und Appetitlosigkeit wurden deutlich besser, der Blutdruck erreichte den Normbereich. Auch die Ödeme bildeten sich zurück, sodass die Diuretikatherapie reduziert werden konnte. Das gesamte Beschwerdebild einschließlich progredienter Niereninsuffizienz, arteriellem Hypertonus und hospitalisierungspflichtiger „kardialer Dekompensation“ war also auf die intraabdominelle Druckerhöhung durch die riesige Nierenzyste zurückzuführen.

Nicht allein auf die klassischen Symptome verlassen

Solch ein chronisches abdominelles Kompartmentsyndrom kann nahezu jedes Organsystem beeinträchtigen. Durch die Kompression von Gefäßen drohen hypoxische Endorganschäden bis hin zum Multiorganversagen. Die Erhöhung der Nachlast beeinträchtigt die Herzleistung und steigert den Blutdruck. Die eingeschränkte Zwerchfellbeweglichkeit kann zu einer pulmonalen Hypertonie sowie zu diastolischen und systolischen Funktionsstörungen führen.

Dr. Lorenz und seine Kollegen empfehlen daher, auch beim klassischen klinischen Herzinsuffizienz-Muster aus Luftnot, Ödem und erhöhtem NT-proBNP an mögliche Differenzialdiagnosen zu denken. Aus ihrer Sicht werde die Diagnose „dekompensierte Herzinsuffizienz“ oft vorschnell gestellt. Allein auf einen erhöhten BNP-Wert dürfe man sich keinesfalls verlassen.

Quelle Text und Abb.: Lorenz S et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 38-39 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

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Nicht immer ist es so wie es scheint und die Ursache ist eine ganz andere. Nicht immer ist es so wie es scheint und die Ursache ist eine ganz andere. © Lorenz S et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 38-39 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
Diese renale Megazyste war die Ursache für die kardiale Dekompensation der ­Patientin. Diese renale Megazyste war die Ursache für die kardiale Dekompensation der ­Patientin. © Lorenz S et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 38-39 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg