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Lumbale Spinalstenose: Entlastung des Spinalkanals durch chirurgische Dekompression
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Bei etwa einem Fünftel der Menschen über 60 Jahre findet sich in der Kernspintomographie eine lumbale Spinalkanalstenose. Gehstreckenabhängige Lumboischialgien kennzeichnen die klinische Symptomatik („Claudicatio spinalis“). Dazu können Parästhesien und/oder Paresen in den Beinen kommen. Beim Sitzen oder Radfahren haben die Betroffenen meist keine Beschwerden, weil sich der Spinalkanal durch die Kyphosierung der LWS in dieser Position leicht weitet.
Pathogenetisch beruht die Stenose auf einer Mikroinstabilität, schreibt Professor Dr. Uwe Kehler von der Klinik für Neurochirurgie an der Asklepios Klinik Altona in Hamburg. Degenerative Prozesse mit Höhenminderung im Bandscheibenfach führen dazu, dass der Bandapparat an Spannung verliert. Die Folge: Mikrobewegungen, die einen osteogenen Reiz im Bereich der kleinen Wirbelgelenke ausüben. Letztere hypertrophieren und können so den Kanal einengen. Die Verengung wird dadurch verstärkt, dass sich das Ligamentum flavum, das den Spinalkanal nach dorsal abgrenzt, infolge der verkürzten Zwischenwirbelräume in Richtung Wirbelkanal vorwölbt.
Differenzialdiagnostisch abzugrenzen sind die Claudicatio intermittens bei PAVK, die Coxarthrose und die Polyneuropathie. Auch alle raumfordernden Prozesse können ähnliche Symptome verursachen.
Im Mittelpunkt der Diagnostik steht neben Anamnese und klinischer Untersuchung die Bildgebung. Ossäre Veränderungen macht vor allem das CT deutlich, die Nervenkompression vor allem die T2-gewichtete MRT. Mit der Kernspintomographie lässt sich zudem die stärkere Einengung im Stehen und die relative Entlastung im Sitzen sichtbar machen. Klinische Relevanz bekommt eine Spinalkanalstenose, wenn die Fasern der Cauda equina nicht mehr vom Liquor umspült werden und proximal der Engstelle wellig verlaufen.
Ein Versuch mit konservativer Therapie sollte bei jedem symptomatischen Patienten unternommen werden. Dazu gehören Physiotherapie, Analgetika, Steroide und manchmal Flexionsorthesen. Meist führen diese Maßnahmen aber nicht zum Erfolg, da sie an der eigentlichen Ursache nichts ändern.
In Vergleichsstudien war die operative Dekompression des Spinalkanals der konservativen Therapie signifikant überlegen. Etwa 90 % der Patienten erfahren eine deutliche klinische Besserung. Auch nach 5 Jahren profitieren noch 80 % von dem Eingriff. Immer wieder wird diskutiert, ob die pathogenetisch relevante Mikroinstabilität zusätzlich eine Spondylodese verlangt. Prospektive Studien weisen aber klar darauf hin, dass dies selbst bei leichtem Wirbelgleiten keinen Vorteil bringt, sondern nur das OP-Risiko erhöht. Das gilt es gerade vor dem Hintergrund, dass das Patientenklientel immer älter wird und deshalb zunehmend Komorbiditäten mitbringt, zu beachten.
Eine weitere ungünstige Folge der Spondylodese ist die Anschlussinstabilität, die etwa 30 % der Operierten entwickeln. Überlastete Nachbarsegmente degenerieren schneller und werden zum Ausgangspunkt neuer Beschwerden, die unter Umständen eine fortgesetzte Spondylodese erfordern. Verzichtet man auf die initiale Versteifung, bekommen nur etwa 5 % der Patienten eine solche Anschlussinstabilität.
Quelle: Kehler U. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 26-28
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