Magenkarzinom: MMP9-Antikörper senkt Sterberisiko nur bei älteren Patienten

Katharina Arnheim

Das Adenokarzinom des Magens kann durch das extrazelluläre Enzym MMP9 wachsen. Das Adenokarzinom des Magens kann durch das extrazelluläre Enzym MMP9 wachsen. © iStock.com/jxfzsy

Das Ergebnis enttäuscht: Der gegen die Matrix-Metalloproteinase 9 gerichtete Antikörper Andecaliximab verlängert das Gesamtüberleben beim metastasierten Magenkarzinom im Gesamtkollektiv nicht. Geht man tiefer in die Daten, wird deutlich, wer dennoch profitieren könnte.

Das extrazelluläre Enzym Matrix-Metalloproteinase 9 (MMP9) ist an Matrix-Remodeling, Tumorwachstum und Metastasierung beteiligt; seine Expression in Magenkarzinomen ist mit einer schlechten Prognose assoziiert. „Da MMP9 das Tumormikromilieu beeinflusst, handelt es sich um ein potenziell interessantes therapeutisches Target“, erläuterte Professor Dr. Manish A. Shah vom NewYork-Presbyterian Hospital in New York. Der monoklonale Antikörper Andecaliximab (ADX) inhibiert dieses Enzym und hat in einer Phase-I-Studie in Kombination mit FOLFOX6 bereits ermutigende Resultate bei Patienten mit Adenokarzinomen von Magen und gastroösophagealem Übergang (GEJ) gezeigt.

Komorbiditäten überprüfen

Diskutantin Professor Dr. ­Martine Extermann vom Moffitt Cancer Center in Tampa wies darauf hin, dass Komorbiditäten wie obstruktive Schlafapnoe und rheumatoide Arthri­tis mit höheren MMP9-Plasmaspiegeln einhergehen. Auch zeigen Tierversuche, dass die MMP9-Spiegel mit höherem Alter ansteigen. Sie regte daher an, die Komorbiditäten der Studienteilnehmer zu überprüfen und Plasmaproben, falls vorhanden, auf die MMP9-Konzentration zu analysieren.

Daraufhin wurde ADX in der Phase-III-Studie GAMMA-1 bei 432 nicht vorbehandelten Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinomen von Magen (66 %) und GEJ (34 %) weiter evaluiert. Die Teilnehmer wurden randomisiert einer Erstlinientherapie mit modifiziertem FOLFOX6 (mFOLFOX6) plus Placebo oder ADX zugeordnet. Studienhypothese war eine Verlängerung des primären Endpunktes Gesamtüberleben (OS). Dieses sollte nach statistischen Überlegungen von 11,5 Monaten im Kontrollarm auf 16,4 Monate bei zusätzlicher Antikörper-Gabe (HR 0,70) angehoben werden. „Die Studie sollte einen wirklichen Benefit der ADX-Addition belegen“, so Prof. Shah.

Kein klarer Benefit bei der Progressionsfreiheit

Die Ansprechrate wurde durch die zusätzliche ADX-Gabe signifikant um absolut 10 % gesteigert (51 vs. 41 %; p = 0,049). 8,3 % der mit ADX behandelten Patienten, aber nur 4,7 % der Kontrollpatienten sprachen mit einer kompletten Remission an. Dennoch war das progressionsfreie Überleben (PFS) im experimentellen Arm nur leicht und nicht signifikant verbessert (7,5 vs. 7,1 Monate; HR 0,84; p = 0,10). Auch in verschiedenen untersuchten Subgruppen zeigte sich meist nur ein leichter Trend zugunsten der ADX-Zugabe. „Beim primären Endpunkt OS gab es enttäuschenderweise ebenfalls keinen Benefit der Antikörper-Addition“, berichtete Prof. Shah. Das mediane OS betrug im Kontrollarm 11,8 Monate, im ADX-Arm 12,3 Monate, sodass das Studienziel eindeutig verfehlt wurde (HR 0,93; p = 0,56).

Subgruppenanalyse führt zu über 65-Jährigen

In der Subgruppenanalyse fiel allerdings auf, dass ältere Patienten ab 65 Jahre sowohl bei PFS als auch bei OS signifikant stärker von ADX profitierten. Dieser altersabhängige Effekt wurde daher in einer Sensitivitätsanalyse genauer untersucht. Bei Unterteilung des Kollektivs in Altersquartilen fand sich mit zunehmendem Alter eine schrittweise Zunahme des Benefits: Am stärks­ten profitierten Patienten zwischen 69 und 85 Jahren, während bei denen im Alter von 24 bis 62 Jahren die alleinige Chemotherapie effektiver war.

Möglicherweise ändert sich die Tumorbiologie im Alter

Bei Patienten im Alter von 65 Jahren und höher verbesserte sich das PFS von median 5,6 Monaten im Kontrollarm auf median 8,7 Monate (stratifizierte HR 0,5; p < 0,001). Beim OS wurde in dieser Altersgruppe eine Verlängerung um 3,4 Monate erreicht (10,5 vs. 13,9 Monate; HR 0,64; p = 0,029). Prof. Shah vermutet, dass sich die Tumorbiologie bei Älteren unterscheidet. Möglicherweise gebe es Unterschiede in der extrazellulären Matrix, sodass ältere Patienten besonders sensitiv gegenüber ADX sind. Diese Zusammenhänge sollen jetzt in korrelativen Studien weiter untersucht werden. Die zusätzliche Antikörper-Gabe wurde gut vertragen; abgesehen von Übelkeit war die Inzidenz der Toxizitäten in beiden Armen ähnlich, so der Experte.

Quelle: Shah MA et al. J Clin Oncol 2019; 37 (suppl 4; abstr 4)

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Das Adenokarzinom des Magens kann durch das extrazelluläre Enzym MMP9 wachsen. Das Adenokarzinom des Magens kann durch das extrazelluläre Enzym MMP9 wachsen. © iStock.com/jxfzsy
Adenokarzinom des Magens. Adenokarzinom des Magens. © iStock.com/jxfzsy
In der GAMMA-1-Studie zeigte nur das Kollektiv der älteren Patienten über 65 Jahre eine signifikante Überlebensverlängerung. In der GAMMA-1-Studie zeigte nur das Kollektiv der älteren Patienten über 65 Jahre eine signifikante Überlebensverlängerung. © MT-Grafik nach Shah MA et al. J Clin Oncol 2019; 37 (suppl 4; abstr 4)