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Malignes Potenzial erblicher Tumoren

Phäochromozytome entwickeln sich im Nebennierenmark, Paragangliome in den sympathischen bzw. parasympathischen Ganglien. Beiden gemeinsam ist das maligne Potenzial. Etwa ein Drittel der Patienten mit Phäochromozytom und Paragangliom (PPGL) weist eine autosomal-dominant vererbte Keimbahnmutation auf, weitere 35–40 % entstehen durch somatische Genveränderungen.
Unterteilt nach den auslösenden Mutationen
Allerdings entwickeln längst nicht alle Träger einen Tumor, die Penetranz liegt unter 50 %, erklären Dr. Hanna Remde von der Universitätsklinik Würzburg und Prof. Dr. Svenja Nölting vom Universitätsspital Zürich. Abhängig von den auslösenden Mutationen werden drei Gruppen der PPGL unterschieden:
- Cluster 1 entsteht durch eine Aktivierung von Pseudohypoxie-Signalwegen, die Tumoren entwickeln sich meist außerhalb der Nebenniere und bergen das höchste Metastasierungsrisiko.
- Cluster 2 geht mit einer Aktivierung von Tyrosinkinase-Signalwegen einher, die Tumoren bilden sich überwiegend adrenal und streuen nur selten.
- Cluster 3 ist mit Veränderungen im Wnt-/Hedgehog-Signalweg assoziiert und bisher nur wenig erforscht.
Insgesamt metastasieren rund 35–40 % der Paragangliome und etwa 10–15 % der Phäochromozytome. Bislang gibt noch kein Kriterium, anhand dessen sich eine Absiedelung zuverlässig vorhersagen ließe. Man weiß aber, dass junges Alter, geringere Tumorgröße und fehlende Metastasen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose mit einer besseren Prognose assoziiert sind. Deswegen empfehlen die Autorinnen, alle Träger verdächtiger Mutationen frühzeitig und regelmäßig auf PPGL zu untersuchen. Umgekehrt ist bei allen Patienten mit einem solchen Tumor nach einer Keimbahnmutation zu fahnden – auch zum Schutz potenziell betroffener Verwandter.
Die klinischen Zeichen der PPGL werden durch die vermehrte Freisetzung von Katecholaminen ausgelöst. Ein neuer Symptomscore erleichtert die Einschätzung von Patienten, die ausschließlich klinische Zeichen aufweisen. Bei hohen Werten sollte ein PPGL ausgeschlossen werden. Neben den im Score aufgeführten Beschwerden können orthostatische Hypotonie, Todesangst, und Sehstörungen auftreten. Cluster-1-assoziierte PPGL sind eher mit geringer Symptomlast und permanenter Hypertonie verbunden, Cluster-2-assoziierte führen häufiger zu Blutdruckspitzen, Angst und Tremor. Allerdings ist zu beachten, dass die Symptome bei kleinen Tumoren oder nur geringfügiger Hormonsekretion auch fehlen können.
Score zur Risikoabschätzung | |
---|---|
Zeichen | Punkte |
blasse Haut | + 1 |
Hyperhidrose | + 1 |
Palpitationen | + 1 |
Tremor | + 1 |
Nausea | + 1 |
Herzfrequenz ≥ 85 | + 1 |
BMI < 25 kg/m2 | + 1 |
BMI ≥ 30 kg/m2 | – 1 |
Bei einem Wert von ≥ 3 Punkten ist die Wahrscheinlichkeit für ein PPGL sechsmal höher als bei < 3 Punkten. |
Lebenslange Nachsorge
- Keimbahnmutation
- Zustand nach Paragangliom
- multiple bzw. rezidivierende Tumoren
- noradrenerger oder dopaminerger Phänotyp
- Alter bei Erstdiagnose < 20 Jahre
- Tumordurchmesser = 5 cm
Chemotherapie bei rasch progredienten Formen
Metastasierte PPGL werden in der Erstlinie mit Radionukliden oder zytostatisch nach CVD-Schema (Cyclophosphamid, Vincristin und Dacarbazin oder Temozolomid) behandelt. Die Chemo eignet sich vor allem für Patienten mit rasch progredienter Erkrankung. Bei unzureichendem Ansprechen kommen Tyrosinkinase-Inhibitoren oder eine Immuntherapie mit Pembrolizumab infrage. Sämtliche Patienten benötigen nach der Resektion eine mindestens zehnjährige Nachbeobachtung, je nach Risiko auch ein lebenslanges Follow-up. Dazu gehört neben der klinischen Untersuchung eine meist jährliche Bestimmung der Metanephrine, eventuell auch eine bildgebende Kontrolle.Quelle: Remde H, Nölting S. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1520-1526; DOI: 10.1055/a-1240-9835
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