Mammakarzinom: Bei wem man besonders auf Nummer sicher gehen sollte

Elisa Sophia Breuer

Eine dichte Brust führt bei jeder Zweiten zu falsch negativen Befunden in der Mammographie. Eine dichte Brust führt bei jeder Zweiten zu falsch negativen Befunden in der Mammographie. © iStock/andresr

Abtasten und Röntgen reichen zur Brustkrebsvorsorge oft nicht aus. Bei vielen Frauen empfiehlt sich eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung und manche sollten direkt ein Spezialzentrum aufsuchen.

In den Brustkrebsleitlinien versteckt sich ein Widerspruch. Und diesen deckte Professor Dr. Ulrich­ Karck­ von der Frauenklinik des Klinikums Stuttgart gleich zu Beginn seines Vortrages auf. So ist zu lesen, dass man allen Frauen ab dem 30. Lebensjahre die klinische Brustuntersuchung (Inspektion, Palpation, Lymphabfluss beurteilen) im Rahmen der gesetzlichen Früherkennung anbieten sollte. Doch ebenso findet sich der Hinweis, dass die klinische Untersuchung allein nicht reicht. Bei auffälligen Befunden ist eine Bildgebung samt Histo indiziert. „Sobald man etwas ertastet, handelt es sich nicht mehr um eine Früherkennung“, kritisierte Prof. Karck.

Vorsorge nach dem Alter anbieten
AlterDiagnostik
ab VorsorgebeginnTastuntersuchung
ab 40 JahreSono jährlich
ab 45–50 Jahre bis 75 Jahre
(nach Leitlinie ab 50–70 Jahre)
zusätzl. Mammographie (alle 2 Jahre)
ab 70 bzw. 75 Jahreindividuell
generellKernspin bei nicht anders abklärbarem Befund

Durch das Mammographiescreening sinkt die Mortalitätsrate bei Brustkrebs und schützt 3–6 von 1000 Frauen. Zwischen 50 und 69 Jahren profitieren sie am meisten, führte der Kollege aus. Ihr Risiko schrumpft um ca. 40 %. Da nimmt frau die Strahlenexposition doch sicher in Kauf? Nach Einschätzung des Kollegen folgen zu wenige den Aufrufen.

„Nur knapp zwei Drittel der aufgeforderten Patientinnen gehen zur Mammographie“, bedauerte er. Vielleicht, weil die Untersuchung in der Publikumspresse oftmals schlecht wegkommt. In einem Spiegelbeitrag aus 2014 war zum Beispiel zu lesen, dass unzählige gesunde Frauen eine Fehldiagnose und daraufhin eine Übertherapie durch die Mammographie erhalten würden.

Dieser pauschalen Aussage widersprechen allerdings die Ergebnisse einer Untersuchung der IARC*, die 2015 etwa 40 Studien zum Thema analysierte. Demnach ist die Beweislage, dass das Screening das Risiko, an Brustkrebs zu sterben,

  • für 50- bis 74-Jährige ausreichend und
  • für 40- bis 49-Jährige begrenzt reduziert.

Beim Röntgen gibt es neben der Strahlenexposition weitere potenzielle Mankos. So kommen z.B. auch Tumoren zutage, die keinesfalls tödlich verlaufen würden. Zudem darf die Gefahr falsch positiver Befunde nicht unterschätzt werden, die auf der Seele der Betroffenen lasten.

Zum Schallkopf greifen bei

  • mammographisch dichtem Drüsengewebe,
  • Frauen < 40 Jahre (palpable Befunde in Brust und Axilla kontrollieren) und
  • ergänzend zu Screening oder MRT,
    • wenn suspekte oder nicht sicher eingestufte Befunde vorliegen
    • in der Mammographie Zysten sichtbar sind (Fibroadenom!)
    • um Dignität abzuklären (sonographisch gesteuerter Punktion)

Genauso gefährlich ist auch das genaue Gegenteil, ergänzte Professor Dr. Götz­ Martin­ Richter, Zentrum für Diagnostik, Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart. „Eine dichte Brust führt bei jeder Zweiten zu falsch negativen Befunden.“ Sein Kollege Prof. Karck schallt deshalb in solchen Fällen zusätzlich. Ist die Patientin eventuell genetisch vorbelastet, empfiehlt die Leitlinie eine multidisziplinäre Beratung und Gentests an einem spezialisierten Zentrum. Beispielsweise wenn
  • mindestens drei Verwandte unter einem Mammakarzinom leiden,
  • jeweils eine Angehörige an Brust- bzw. Eierstockkrebs erkrankt oder 
  • jemand ≤ 35 betroffen ist.
Liegt eine Mutation des BRCA** 1 oder 2 vor, hat die Patientin ein 80%iges Lebenszeitrisiko für ein Mamma- und ein bis zu 60%iges Lebenszeitrisiko für ein Ovarialkarzinom. Für diese Hochrisikogruppe kommt prophylaktisch eine Mastektomie infrage. Sie senkt die Wahrscheinlichkeit um mehr als 98 %. Prof. Karck kritisierte allerdings die schwammige Definition von Hochrisiko. Auch liegen noch keine sicheren Daten vor, die den Benefit bestätigen. 

Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft­ für Innere Medizin

* International Agency for Research on Cancer
** breast cancer related antigen

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Eine dichte Brust führt bei jeder Zweiten zu falsch negativen Befunden in der Mammographie. Eine dichte Brust führt bei jeder Zweiten zu falsch negativen Befunden in der Mammographie. © iStock/andresr