Mammakarzinom: Deeskalieren oder dran bleiben?

Birgit-Kristin Pohlmann

Bei HR-positivem Brustkrebs sollte man besser nicht deeskalieren. Bei HR-positivem Brustkrebs sollte man besser nicht deeskalieren. © Crystal light – stock.adobe.com

Patientinnen mit Mammakarzinom benötigen eine effiziente Behandlung, sollten aber auch keine Übertherapie erhalten. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend über Möglichkeiten der Deeskalation nachgedacht. Eine Ausnahme: die endokrine Therapie. Hier wird zur Vorsicht gemahnt.

Die Indikation für eine Chemotherapie müsse gut überprüft sein, betonte Professor Dr. ­Christoph Thomssen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie, Universitätsklinikum Halle (Saale). Um die Indikation einzugrenzen, seien die klassischen prädiktiven und pro­gnostischen klinischen Faktoren weiterhin der Standard, sagte der Experte mit Verweis auf die aktuellen AGO-Empfehlungen.

Genexpressionsanalysen sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die klassischen klinischen Parameter für eine Therapieentscheidung nicht ausreichen. Ein interessanter Verlaufs­parameter sei etwa der Proliferationsmarker Ki67. Sinkt ein erhöhter Ki67-Wert unter endokriner Therapie nicht innerhalb von vier Wochen, sollte auf eine Chemotherapie gewechselt werden.

Epirubicin kann durch Docetaxel ersetzt werden

Besteht eine Chemotherapie-Indikation, sind vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid (EC) alle 14 Tage, gefolgt von der wöchentlichen Paclitaxelgabe bzw. vice versa Standard, so Prof. Thomssen. Je nach Ausgangssituation – Komorbidität und Nebenwirkungen – könne das Regime modifiziert und angepasst werden. Es lasse sich dreiwöchentlich geben und problemlos um eine Antikörpertherapie oder Platin erweitern.

Eine Alternative sieht der Referent im TC-Regime mit sechs Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid, das konventionell dosiertem EC-Taxan im direkten Vergleich nicht unterlegen war. Ob dies auch für die dosisdichte EC-Gabe gefolgt von wöchentlichem Paclitaxel gilt, ist allerdings unklar. Zudem sind sechs Zyklen TC nicht weniger toxisch, aber es lässt sich die Kardiotoxizität der Anthrazykline umgehen.

Beim triplenegativen Mammakarzinom (TNBC) ist laut Prof. Thomssen der Einsatz von Carboplatin eine Alternative zum Anthrazyklin. Die Kombination nab-Paclitaxel/Carboplatin erreichte beispielsweise in der ADAPT-Studie eine Rate pathologischer Komplett­remissionen (pCR) von fast 45 %.

Für Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom, die eine gegen HER2 gerichtete Therapie benötigen, ist auch die Monochemotherapie mit Paclitaxel (plus HER2-Antikörper) eine wirksame Therapieoption – speziell für Frauen mit kleinem Primärtumor (< 1 cm) und ohne Lymphknotenbefall (N0). Dies bestätige sich auch im Langzeitverlauf nach sieben Jahren. Keine Kompromissmöglichkeiten sieht der Experte allerdings bei der Therapiedauer von Trastuzumab. Diese müsse ein Jahr betragen.

CDK4/6-Hemmer bei metastasierter Erkrankung

In der metastasierten Situation hat sich prä- und postmenopausal die CDK4/6-Inhibition etabliert. Der CDK4/6-Hemmer wird – je nach Vorbehandlung – mit einem Aromatasehemmer oder mit Fulvestrant kombiniert. Prämenopausale Patientinnen benötigen zusätzlich ein GnRH-Analogon, falls sie die Kombination mit einem Aromatasehemmer erhalten. Lediglich für gebrechliche bzw. komorbide ältere Betroffene ist laut Dr. Kern die endokrine Monotherapie noch eine Option. Die alleinige Tamoxifengabe komme nur noch für sehr gebrechliche bzw. sehr betagte Frauen infrage.

Anhaltendes Risiko für Fernmetastasierung

Die endokrine Therapie beim HR-positiven Brustkrebs sollte dagegen eher nicht deeskaliert werden, erläuterte Privatdozent Dr. ­Peter Kern, Universitätsfrauenklinik Essen. Dies gelte für das frühe sowie das metastasierte Erkrankungsstadium. Dr. Kern verwies auf das anhaltende Risiko für eine Fernmetastasierung, das ab Erstdiagnose über mehr als zehn Jahre bestehe. Die endokrine Behandlung sollte daher speziell bei erhöhtem Rückfallrisiko gerade in der nicht-metastasierten Situation tendenziell ausgedehnt werden. Das Risiko definiere sich im Wesentlichen über:
  • die Tumorbiologie sowie
  • das junge Alter einer Patientin (< 35–40 Jahre) und
  • ein hohes Grading.
Keine klinische Relevanz habe die Größe des Primärtumors. Es gebe sowohl kleine Karzinome mit schlechter Prognose als auch große Tumoren mit günstiger Prognose. Eine Eskalation der endokrinen Therapie empfiehlt der Referent für die prämenopausale Patientin mit frühem (nicht fernmetastasiertem) HR+ Mammakarzinom, wenn diese unter 35 Jahre alt ist, ein multipler Lymphknotenbefall vorliegt und eine Chemotherapie-Indikation besteht. Optionen einer erweiterten endokrinen Therapie sind für diese Frauen eine zehnjährige endokrine Therapie – entweder nur mit Tamoxifen oder nach fünfjähriger Tamoxifengabe mit Switch auf einen Aromatasehemmer für weitere fünf Jahre plus ein GnRH-Analogon.

Nach der Menopause gilt grundsätzlich das Gleiche

Für postmenopausale Frauen mit frühem HR+ Brustkrebs gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien für den Einsatz einer erweiterten endokrinen Therapie. Für Betroffene ohne Lymphknotenbefall ist laut Dr. Kern die zehnjährige Tamoxifentherapie eine Option. Patientinnen mit Lymphknotenbefall oder lobulärer Histologie sollten auf jeden Fall einen Aromatasehemmer erhalten – mindestens über fünf Jahre und bei erhöhtem Risiko besser sieben bis zehn Jahre. Alternativ könne auch erst nach fünfjähriger Tamoxifengabe für weitere fünf Jahre auf den Aromatasehemmer gewechselt werden.

Quelle: 39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei HR-positivem Brustkrebs sollte man besser nicht deeskalieren. Bei HR-positivem Brustkrebs sollte man besser nicht deeskalieren. © Crystal light – stock.adobe.com