Mit geeigneten Antidiabetika kardiovaskuläre Risikofaktoren reduzieren

Maria Weiß

Einige antidiabetische Substanzklassen können mehr als nur den Blutzucker zu senken. Einige antidiabetische Substanzklassen können mehr als nur den Blutzucker zu senken. © iStock/HATICE GOCMEN

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben bekanntlich ein deutlich erhöhtes Risiko für koronare ­Herzkrankheit (KHK) und Herzinsuffizienz. Diese kardialen ­Erkrankungen sollten auch bei der Wahl der medikamentösen Therapie ­berücksichtigt werden.

Die Zunahme der Diabetes-Prävalenz ist nach wie vor schwindelerregend: Allein in Deutschland geht man von einem Anstieg von 7,5 Millionen im Jahr 2019 auf 14 Millionen im Jahr 2045 aus. Weltweit werden dann 700 Millionen Menschen mit dieser Diagnose leben.

Viele dieser Patienten werden unter Komplikationen und Diabetes-Folgeerkrankungen leiden. Dazu gehören auch kardiovaskuläre Erkrankungen wie Angina pectoris, KHK, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfall, sagte Professor Dr. Baptist Gallwitz von der Abteilung für Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Tübingen. Schon lange weiß man, dass die kardiovaskuläre Sterblichkeit bei Menschen mit Diabetes ähnlich hoch ist wie bei Menschen mit einem Herzinfarkt in der Anamnese.

Das Alter bei Dia­gnose des Typ-2-Diabetes scheint dabei ein wichtiger Faktor zu sein. Je jünger der Patient zu diesem Zeitpunkt ist, umso stärker ist das Risiko für Mortalität sowie makro- und mikrovaskuläre Komplikationen erhöht.

Die Wahl der richtigen Therapie ist entscheidend

Allein durch die Wahl der Therapie lässt sich heute viel dazu beitragen, das Risiko der Patienten zu reduzieren. Hier nannte Prof. Gallwitz Antidiabetika wie SGLT2-Inhibitoren und GLP1-Rezeptoragonisten. Für die beiden Substanzgruppen wurde in Outcome-Studien bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und manifesten arteriosklerotischen Erkrankungen eine deutliche Reduktion schwerer kardiovaskulärer Ereignisse und der Mortalität belegt. SGLT2-Inhibitoren reduzieren zusätzlich das Risiko für Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz und renale Ereignisse. Bei allen Patienten mit arteriosklerotischen Vorerkrankungen sollte hier eine entsprechende Therapieumstellung erfolgen, wie es auch in den Leitlinien empfohlen wird, forderte der Diabetologe.

Bei Patienten mit Herzinsuffizienz sollten bevorzugt SGLT2-Inhibitoren eingesetzt werden, die z.T. inzwischen auch bei symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion ohne Diabetes zugelassen sind.

Bei einer ausgeprägten PAVK sind wahrscheinlich GLP1-Rezeptor­agonisten die beste Wahl, so Prof. Gallwitz. Offen ist heute noch die Frage, welche Patienten möglicherweise von einer Kombination von SGLT2-Inhibitoren und GLP1-Rezeptoragonisten profitieren.

„Menschen mit Diabetes haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Herzinsuffizienz, sie tritt auch deutlich früher auf und führt häufiger zum Tod“, erklärte Dr. Katharina Schütt von der Medizinischen Klinik I an der Uniklinik RWTH Aachen. Eine intensivere glykämische Kontrolle scheint nicht viel zur Prävention der Herzinsuffizienz beitragen zu können.

Die meisten Antidiabetika verhalten sich neutral in Bezug auf die Herzinsuffizienz. „Negative Effekte wurden für die heute bei uns kaum noch eingesetzten Glitazone sowie für Saxagliptin gezeigt. Dieser DPP4-Hemmer sollte bei Patienten mit Herzinsuffizienz abgesetzt werden“, betonte die Kardiologin.

SGLT2-Inhibitoren weisen einen eindeutig präventiven Effekt auf die Herzinsuffizienz auf. Zahlreiche Mechanismen wie vermehrte Diurese und Natriurese, eine Senkung von Vor- und Nachlast, verbesserte kardiometabolische Effizienz, Reduktion des Blutdrucks und Förderung der Gewichtsabnahme können zur Entlastung des Herzens und damit zur Verbesserung der Herzinsuffizienz beitragen.

Bei Anzeichen einer Ketoazidose oder schweren Allgemeinerkrankungen müssen die Substanzen pausiert werden.

Wie steht es mit Metformin und Sulfonylharnstoffen?

Nach wie vor ist Metformin das am häufigsten eingesetzte orale Antidiabetikum bei Typ-2-Diabetes. Große Outcome-Studien zu kardiovaskulären Ereignissen fehlen zwar, eine aktuelle Metaanalyse mit über einer Million Patienten zeigte aber eine klare Senkung der kardiovaskulären Mortalität, der Gesamtmortalität und der kardiovaskulären Ereignisse, berichtete Professor Dr. Juris Jendrik­ Meier von der Klinik II am Klinikum Bochum.

Hohes Alter und Herzinsuffizienz sind nicht per se Kontraindikationen für Metformin – erst im NYHA-Stadium III-IV sollte die Substanz abgesetzt werden.

Metformin kann bis zu einer eGFR von 30 ml/min eingesetzt werden – bei Werten zwischen 30 ml/min und 45 ml/min in reduzierter Dosis. Bei einer elektiven Operation oder Kontrastmittelgabe sollte Metformin am Abend vorher abgesetzt werden, die Therapie kann dann zwei Tage danach wieder fortgesetzt werden. „Eine laufende Metformintherapie ist aber keinesfalls eine Kontraindikation für eine Notoperation“, betonte der Diabetologe.

Wie sieht es mit den Sulfonylharnstoffen aus? Diese Substanzen standen lange Zeit im Verdacht, die kardiovaskuläre Mortalität eher zu erhöhen – in der CAROLINA-Studie (Linagliptin vs. Glimepirid) hat sich die Übersterblichkeit aber nicht bestätigt. Nur die erhöhte Rate an Hypoglykämien war hier auffällig (38 % vs. 11 %). DPP4-Hemmer wiederum verhalten sich neutral in Bezug auf die Herzinsuffizienz – mit Ausnahme der ungünstigen Wirkung von Saxagliptin.

Im NYHA-Stadium IV ist Zurückhaltung angesagt

GLP1-Rezeptoragonisten können zu einem leichten Anstieg der Herzfrequenz führen. Trotzdem scheinen sie bei Herzinsuffizienz eher günstig zu sein. Im NYHA-Stadium IV wäre er aber extrem zurückhaltend mit der Substanzgruppe, sagte Prof. Meier. In einer Studie mit 300 Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (Ejektionsfraktion im Mittel 26 %), war die Sterblichkeit und Häufigkeit stationärer Aufnahmen aufgrund von Herzinsuffizienz 30 % höher im Vergleich zu Patienten ohne GLP1-Rezeptoragonisten.

Kongressbericht: 87. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)

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Einige antidiabetische Substanzklassen können mehr als nur den Blutzucker zu senken. Einige antidiabetische Substanzklassen können mehr als nur den Blutzucker zu senken. © iStock/HATICE GOCMEN