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Mukoviszidose: Irreversible Lungenschäden bei der CF verhindern
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Obwohl die Patienten heute nicht mehr im Vorschulalter sterben, bleibt die Mukoviszidose (CF) mit einer Prävalenz von 1:3000 die häufigste tödliche hereditäre Erkrankung in Deutschland. Zwar sind ganz unterschiedliche Organsysteme betroffen, aber die pulmonalen Schäden prägen Morbidität und Mortalität.
Der zugrunde liegende genetische Defekt des Chloridkanals CFTR ist seit 30 Jahren bekannt, über 2000 Mutationen wurden identifiziert. Sie beeinträchtigen die Kanalfunktion so, dass zäher, kaum hydrierter Mukus entsteht, der Infektionen, chronische Inflammation und letztlich irreversible Strukturschäden induziert. Doch erst seit Kurzem gelingt es, spezifische Therapien zu entwickeln.
Basis ist die Erkenntnis, dass sich grundlegende Varianten von Funktionsstörungen am Ionenkanal unterscheiden lassen (s. Kasten). Um Defekte vom Typ III–V zu behandeln, bei denen eine Restfunktion des Kanals erhalten ist, reichen sogenannte Potenziatoren aus, welche die Kanalfunktion verstärken, erklärte Professor Dr. Marcus A. Mall vom Campus Virchow-Klinikum der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Funktionsstörungen vom Typ I und II, bei denen die Epithelzellen keine CFTR-Kanäle tragen, benötigen zusätzlich Korrektoren. Erste Wirkstoffe gibt es bereits: Ivacaftor als Potenziator, Lumacaftor und Tezacaftor als Korrektoren.
Defekte am CFTR-Kanal
nach Elborn S. Lancet 2016; 388: 2519-2531
Magerer Therapieerfolg bei über 90 % der Patienten
Ivacaftor weckte zunächst große Hoffnung. Denn bei Patienten mit der Gating-Mutation G551D steigert es die Lungenfunktion beträchtlich (FEV1 plus 11 %) und reduziert den Chloridgehalt im Schweiß um knapp 50 mmol/l, was den Wert fast in den oberen Normbereich bringt. Allerdings tragen nur etwa 3 % der CF-Patienten diese Mutation. Die weitaus häufigste Mutation, F508del, kommt bei rund 90 % der Patienten vor und braucht eine Kombinationstherapie. Deren Ergebnisse fallen weit magerer aus: FEV1-Zugewinn 2,5 bis 4 %, Chloridreduktion unter 20 mmol/l. Außerdem wirkt die Therapie nur bei homozygoten F508del-Trägern. Grund für diesen „Ceiling“-Effekt ist die Tatsache, dass F508del die Faltung des Kanalproteins an mehreren Stellen stört, erläuterte Prof. Mall. Nur einen Defekt zu korrigieren, wird nicht ausreichen. Entsprechend sind weitere Korrektoren in Entwicklung. Erste Phase-2-Studien lassen die Dreifachkombinationen sehr aussichtsreich erscheinen, FEV1-Anstieg und Schweißchloridrückgang können sich sehen lassen. Phase-3-Studien mit zwei Wirkstoffen (VX-445 und VX-659) sind angelaufen. Außerdem arbeiten Forscher an ganz neuen Wirkprinzipien, z.B. an Amplifiern, welche die Synthese der Kanalproteine steigern sollen, und an Hemmstoffen des epithelialen Natriumkanals ENac, um die bei CF pathologisch gesteigerte Natriumabsorption durch die Epithelzellen in der Lunge zu bremsen. Ziel ist natürlich, die gestörte Kanalfunktion vollständig zu restituieren, „und zwar bei allen Patienten unabhängig vom Genotyp“, betonte Prof. Mall. Dazu wird es nötig sein, bei jedem Patienten genau zu prüfen, welche CFTR-Funktion gestört ist und wie die Funktionsstörung auf die Therapie anspricht – Stichwort: Präzisionsmedizin. Biomarker dafür liefern u.a. die nasale Potenzialdifferenzmessung (NPD) oder die Messung der Ionenströme an Rektumschleimhautbiopsien (ICM). Erste Versuche zeigen, dass die Ergebnisse dieser Methoden gut mit denen der Chloridmessung im Schweiß übereinstimmen.Die Entwicklung schreitet rasant voran
An den Rektumbiopsien lässt sich außerdem die Wirkung von Medikamenten individuell testen, auch bei seltenen Mutationen, deren Effekt auf den CFTR-Kanal noch unklar ist. Prof. Mall stimmt das optimistisch: „Wir sehen eine rasante Entwicklung neuer Therapien für die Mukoviszidose. Ich gehe davon aus, dass wir in absehbarer Zeit kausale Therapien für rund 90 % der Patienten zur Verfügung haben werden, die das Potenzial haben, irreversible Lungenschäden zu verhindern.“Quelle: 60. Kongress der DGP*
* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
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