Nach den CFTR-Modulatoren ist es Zeit für präzise Eingriffe am Genom

Maria Weiß

Auf dem Thorax-Scan sieht man deutlich die abnorme Schleimproduktion (grau). Auf dem Thorax-Scan sieht man deutlich die abnorme Schleimproduktion (grau). © Science Photo Library/Zephyr

Mutationsspezifische Medikamente sind für Patienten mit zystischer Fibrose ein Segen – entsprechende genetische Veränderungen vorausgesetzt. Denn durch sie wird die früher meist tödlich endende Erkrankung behandelbar. Trotzdem besteht weiterhin hoher Forschungsbedarf.

Die Entdeckung des CFTR*-Gens im Jahr 1989 hat den Grundstein für ein besseres Verständnis der zystischen Fibrose (CF) gelegt. Demnach ist eine ­CFTR-Dysfunktion verantwortlich für die Kaskade aus vermehrtem Schleim in den Atemwegen, chronischen bakteriellen Infektionen und Inflammation, die diese progressive erblich bedingte Erkrankung ausmacht. Die neuen Erkenntnisse um die Pathogenese führten zunächst zu Therapien, die in diese Symptomkaskade eingreifen und z.B. die Mukus-Clearance verbessern oder die Bakterienlast reduzieren.

Hocheffektive CFTR-Modulatoren, die gezielt an den zugrundeliegenden Veränderungen ansetzen, gibt es erst seit wenigen Jahren, schreiben Dr. ­Simon ­Gräber und Prof. Dr. ­Marcus ­Mall, beide vom Cystic ­Fibrosis Center an der ­Charité – Universitätsmedizin Berlin. Etwa 90 % der Patienten kann mit diesen Small Molecules geholfen werden, sodass sich die Forschung vor allem auf die verbleibenden 10 % fokussiert, die für eine Therapie mit CFTR-Modulatoren nicht infrage kommen oder diese nicht tolerieren.

Gestörte Flüssigkeitsbalance auf dem Atemwegsepithel

Das CFTR-Gen kodiert für einen membranständigen Ionenkanal, der in Epithelzellen den Austausch von Chlorid und Bicarbonat ermöglicht und somit maßgeblich zur Flüssigkeitshomöostase auf der Oberfläche der Atemwege beiträgt. Heute kennt man über 2.000 Varianten des CFTR-Gens, von denen etwa 700 krankheitsauslösend sind. Man unterscheidet fünf Klassen von Mutationen, die auf verschiedene molekulare Mechanismen wirken. 

Die häufigste Mutation, die sich bei etwa 85 % der CF-Patienten zumindest auf einem Allel befindet, ist F508del. Dabei handelt es sich um eine Klasse-II-Mutation, in deren Folge nur sehr wenige oder gar keine Ionenkanäle ausgebildet werden. F508del kann zu multiplen molekularen Defekten führen, was zumindest teilweise das unterschiedliche Ansprechen auf die CFTR-Modulatoren erklärt.

Einen großen Fortschritt brachte die Möglichkeit, die Effekte verschiedener Substanzen unter dem Kryoelektronenmikroskop direkt zu beobachten. 2022 konnte man auf diese Weise zeigen, dass die ­CFTR-Korrektoren Tezacaftor und Elexacaftor an unterschiedliche Stellen des F508del-Proteins binden und nur in Kombination die Struktur und Funktion des entsprechenden Ionenkanals korrigieren können. Der Potentiator Ivacaftor erhöht die Wirksamkeit des Duos.

Doch darf man den CFTR-Kanal nicht isoliert betrachten. Vielmehr funktionieren Flüssigkeitsaustausch und Erhalt des pH-Werts nur im Zusammenspiel sämtlicher Ionenkanäle. Besonderes Forschungsinteresse galt lange Zeit einem Natriumkanal namens ENaC**. Seine Aktivität ist bei Patienten mit CF erhöht, was bei gleichzeitigem Vorliegen einer CFTR-Dysfunktion zu herabgesetzter Oberflächenbefeuchtung der Atemwege und vermehrter Schleimbildung führt. 

Erst vor Kurzem wurden zwei weitere Arten von Chlorid­kanälen identifiziert. Beide stehen in Zusammenhang mit entzündlichen Erkrankungen der Atemwege und könnten im Verbund mit CFTR Ansatzpunkte für neue krankheitsmodifizierende Therapien bieten. 

Dass die heute übliche Dreifachkombination Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor in der Praxis gut wirkt, haben mehrere Beob­achtungsstudien gezeigt. Bei Patienten mit F508del-Mutation nahmen innerhalb eines Jahres sowohl die Pathogendichte im Sputum als auch die Entzündungsmarker deutlich ab. Trotz dieser Verbesserungen persistieren Infektionen und Inflammation, ihr Ausmaß ähnelt jedoch eher dem bei anderen chronischen Lungenerkrankungen, z.B. Bronchiektasie. Ein Bedarf an neuen schleimlösenden, antiinfektiven und antiinflammatorischen Substanzen ist nach wie vor da, schreiben Dr. Gräber und Prof. Mall. Dies gilt insbesondere mit Blick auf CF-Patienten, die an einer weiteren chronischen Lungenerkrankung leiden.

Heilung der zystischen Fibrose mittelfristig in Sicht

Auch für die 10 % CF-Patienten, denen mit einem CFTR-Modulator nicht geholfen werden kann, sind Lösungen in Sicht. Durch gezieltes Genome Editing könnte es in Zukunft möglich sein, die individuelle CFTR-Mutation zu korrigieren. Diese genetische Therapie könnte unabhängig vom Genotyp allen CF-Patienten zugutekommen und möglicherweise sogar eine Heilung herbeiführen.

* cystic fibrosis transmembran regulator
** amiloride-sensitive epithelial sodium channel

Quelle: Graeber SY, Mall MA. Lancet 2023; 401: 1185-1198; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)01608-2

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Auf dem Thorax-Scan sieht man deutlich die abnorme Schleimproduktion (grau). Auf dem Thorax-Scan sieht man deutlich die abnorme Schleimproduktion (grau). © Science Photo Library/Zephyr