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Nächtliche Unruhe: Senioren nicht gleich mit Medikamenten sedieren

Bei nächtlichen Unruhezuständen älterer Patienten ist die klare Abgrenzung zwischen Delir und Demenz nicht immer möglich. Sie ist auch nicht sinnvoll, da vorbestehende kognitive Störungen der wichtigste Risikofaktor für einen Verwirrtheitszustand sind, erklären Dr. Dirk Schwerthöffer von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München und seine Kollegen.
Die Akuttherapie besteht aus der beruhigenden und aufmerksamen Zuwendung und Pflege des Kranken. Sie ist auch Voraussetzung für die gezielte Therapie und die weitergehende Diagnostik. Im Fall einer akuten, ausgeprägten nächtlichen Agitiertheit mit Selbstgefährdung ist die Behandlung mit Medikamenten aber unerlässlich, schreiben die Autoren.
Eine ganze Reihe nicht-psychiatrischer Auslöser können die alten Leute nachts aufwachen lassen. Dazu gehören unter anderem:
- Medikamente, Drogen bzw. deren plötzlicher Entzug, z.B. Benzodiazepine und verwandte Substanzen, Anticholinergika und Alkohol, Kaffee, Tee
- Schmerzen, etwa durch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, chirurgische Wunden, einen Dekubitus bei chronisch Bettlägerigen oder auch Druck auf der Blase bei gestörter Miktion
- Stoffwechselstörungen, darunter Hyperthyreose, Hyponatriämie, Hypoglykämie, Dehydratation
Ist man sich der Ursache der nächtlichen Unruhe sicher, kann man versuchen, diese gezielt auszuschalten. Besteht der Verdacht, dass der nächtlichen Agitiertheit eine beginnende Demenz zugrunde liegt, lässt sich das mit ein paar gezielten Fragen prüfen.
Den Verwirrtheitszustand erkennen
- Wachheit (Alertness): Spricht man den schlafenden Patienten an, soll er innerhalb von 10 Sekunden adäquat reagieren.
- Orientierung (Abbreviated Mental Test 4): Der Patient soll korrekte Angaben zur Person (Alter, Geburtsdatum), zu Ort und Zeit machen.
- Aufmerksamkeit (Attention): Der Kranke soll die Monate des Jahres in umgekehrter Reihenfolge nennen, beginnend mit Dezember.
- fluktuierende Symptomatik (Acute change or fluctuation): Veränderungen von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung werden abgefragt, z.B. neu aufgetretene Halluzinationen oder Paranoia.
Keine Benzos und keine Z-Substanzen
Sind die Ursachen für die Schlafprobleme aber komplexer oder gefährdet der Patient sich oder andere, müssen schwerere Geschütze her. Helfen kann dann ein Antidepressivum mit sedierender Wirkung, z.B. Mirtazapin bei komorbiden depressiven oder psychotischen Symptomen. Für die Behandlung nächtlicher Unruhezustände bei dieser Patientengruppe gibt es allerdings keine evidenzbasierten Empfehlungen, erinnern die Psychiater. Neigt der Betroffene zu Aggressionen, kommen Neuroleptika infrage, etwa Risperidon und Trazodon. Bei Erkrankungen mit Dopaminmangel – M. Parkinson, aber auch Lewy-Körperchen-Demenz – scheiden Substanzen mit starker antidopaminerger Komponente aus, wie Risperidon oder Aripiprazol. In solchen Fällen raten die Autoren zu Quetiapin. Aber Vorsicht: Ohne Nebenwirkungen kommt keines der Arzneimittel daher. Andererseits bietet ein gesteigerter Appetit, wie es für Mirtazapin beschrieben ist, bei gebrechlichen Patienten möglicherweise einen Vorteil. Von Benzodiazepinen und den sogenannten Z-Substanzen rät das Autorentrio explizit ab. Allenfalls bei abhängigen Patienten mit akuten Entzugserscheinungen können Sie diese Medikamente verordnen – so kurz und so niedrig dosiert wie möglich. Ansonsten stören sie den normalen Schlafrhythmus, führen schnell zur Sucht und erhöhen die Sturzgefahr.Quelle: Schwerthöffer D et al. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 634-638; DOI: 10.1055/a-1124-2374
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