Nichts dem Zufall überlassen

Dr. Melanie Söchtig

Häufig handelt es sich bei den Nebenniereninzidentalomen um eine benigne Neoplasie, wie hier im Bild. Es muss allerdings nicht ­immer so sein. Häufig handelt es sich bei den Nebenniereninzidentalomen um eine benigne Neoplasie, wie hier im Bild. Es muss allerdings nicht ­immer so sein. © Science Photo Library/Cavallini, James

Oft fallen Raumforderungen der Nebenniere als Zufallsbefund in der Schnittbildgebung auf. In diesen Fällen muss rasch abgeklärt werden. Ist der Tumor gutartig oder maligne, ist er hormonaktiv oder nicht?

Bei rund 80 % der Nebenniereninzidentalome handelt es sich um gutartige, hormoninaktive Adenome, die für die Betroffenen harmlos sind und nicht operiert werden müssen. Im selteneren Fall eines Tumors, der aufgrund seiner endokrinen Aktivität oder Malignität bestimmend für Morbidität und Mortalität sein kann, sollten die Patienten jedoch umgehend einer zielgerichteten Therapie zugeführt werden. Idealerweise wird daher anhand von Hormondiagnostik und Bildgebung schon bei der Erst­abklärung die endgültige Diagnose gestellt.

Hinweise auf einen Hormon­exzess lassen sich bereits bei der Anamnese und der körperlichen Untersuchung finden. Bei den hormonaktiven Adenomen liegt am häufigsten ein Cortisolüberschuss vor, der sich in seiner ausgeprägten Form klinisch mit floridem Cushing-Syndrom äußert.

Jeder Zweite mit Karzinom zeigt Hormonexzess

Nicht selten gehen die äußerlich sichtbaren Zeichen mit Hypertonie und gestörter Glukosetoleranz bis hin zum Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Osteoporose einher. Am zweithäufigsten findet sich eine autonome Aldosteronproduktion im Sinne eines primären Hyperaldosteronismus, auch als Conn-Syndrom bezeichnet. Betroffene leiden meist unter schwer einstellbarer Hypertonie, die mit Hypokaliämie einhergehen kann. Androgenproduzierende Adenome sind selten.

Nebennierenkarzinome sind maligne Tumoren, die von der Nebennierenrinde ausgehen. Unter den Betroffenen zeigt rund jeder zweite einen Hormonexzess, meist in Form eines Androgenüberschusses oder eines Cushing-Syndroms.

Bei Phäochromozytomen handelt es sich um katecholaminproduzierende Tumoren, die bildmorphologisch häufig durch Inhomogenität auffallen und sich hinsichtlich der Dichtewerte sowie bei der Aufnahme von Kontrastmittel von den Adenomen unterscheiden. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Raumforderungen gehen sie nicht von der Nebennierenrinde aus, sondern vom Nebennierenmark.

Neun von zehn Betroffenen leiden an arterieller Hypertonie. Weitere typische Symptome sind Hyperhidrosis, Tachykardie mit Palpitationen und anfallsartige Blässe. Aber auch unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Nervosität, Übelkeit oder Gewichtsverlust können auftreten. 90 % der Phäochromozytome verhalten sich gutartig, dennoch gelten sie als Tumoren mit malignem Potenzial.

Um ein Phäochromozytom auszuschließen, sollten alle Patienten mit Nebenniereninzidentalom laborchemisch auf Katecholaminexzess untersucht werden. Hierfür wird primär die Bestimmung von Metanephrin und Normetanephrin im Plasma empfohlen. Die endokrinologische Basisdiagnostik beim Nebennieren­inzidentalom umfasst zudem einen 1-mg-Dexamethason-Hemmtest zur Beurteilung der Cortisolsekretion. Liegen die morgendlichen Cortisolspiegel nach Einnahme von 1 mg Dexamethason bei 1,8 µg/dl (50 nmol/l) oder darunter, kann ein autonomer Hyperkortisolismus ausgeschlossen werden. Werte über 5 µg/dl (138 nmol/l) zeigen eine autonome Hormonsekretion an. Im Bereich dazwischen spricht man von einer möglichen autonomen Cortisolsekretion.

Bei Hypertonie oder Hypokaliämie sollte darüber hinaus der Aldosteron-Renin-Quotient bestimmt werden. Die Bestimmung von Sexual­hormonen oder Steroid­vorläufern ist nur bei Verdacht auf Nebennierenrindenkarzinom erforderlich.

Die Abklärung der Malignität eines Nebenniereninzidentaloms erfolgt hauptsächlich anhand der Bildgebung. Dabei bietet sich insbesondere die native CT an. Homogene, klar begrenzte Raumforderungen mit einer Größe unter 4 cm und einer nativen Dichte von weniger als 10 ­Hounsfield-Einheiten können mit großer Sicherheit als benigne eingestuft werden. In allen anderen Fällen sollte ein interdisziplinäres Tumorboard über das weitere Vorgehen entscheiden.

Ohne OP Verlaufskontrolle nach 6–12 Monaten

Bei klinisch relevantem Hormon­exzess oder Verdacht auf Malignität ist eine Operation in einem spezialisierten Zentrum indiziert. Eindeutig gutartige hormoninaktive Tumoren erfordern weder Operation noch Verlaufskontrolle. Bei Tumoren unklarer Dignität, die nach Entscheidung des Tumorboards nicht operiert werden, sollte nach sechs bis zwölf Monaten eine Verlaufskontrolle mittels Bildgebung erfolgen. Im Falle eines Adenoms mit möglicherweise autonomer Cortisolsekretion wird die jährliche endokrinologische Vorstellung empfohlen. 

Expertenwissen für die Tumortherapie

In folgenden Fällen sollte der Patient unbedingt einem interdisziplinären Tumorboard vorgestellt werden:
  • Tumor in der Bildgebung nicht eindeutig benigne
  • nachgewiesener Hormonexzess
  • Größenzuwachs der Raumforderung
  • geplante Operation

Ein Phäochromozytom wird in der Regel umgehend operiert. Daran schließen sich jährliche Verlaufskontrollen mit Bestimmung der Metanephrine an. Außerdem sollten die Betroffenen humangenetisch beraten werden, da 30 bis 40 % der Phäochromozytome aufgrund einer monogenetischen Veranlagung entstehen.

Quelle: Remde H et al. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 85-91; DOI: 10.1055/a-1370-6005

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Häufig handelt es sich bei den Nebenniereninzidentalomen um eine benigne Neoplasie, wie hier im Bild. Es muss allerdings nicht ­immer so sein. Häufig handelt es sich bei den Nebenniereninzidentalomen um eine benigne Neoplasie, wie hier im Bild. Es muss allerdings nicht ­immer so sein. © Science Photo Library/Cavallini, James