
Maligne Inzidentalome von gutartigen Raumforderungen in der Nebenniere unterscheiden

Die Diagnose bei einer 60-jährigen Patientin ist relativ eindeutig: Appendizitis. Doch in der CT-Aufnahme fällt den Ärzten noch etwas auf. In der linken Nebenniere zeigt sich ein kleiner Tumor.
Bei Zufallsfunden wie diesem, über den Dr. Fabian Meienberg vom Kantonsspital Baselland in Liestal berichtet, ist es wichtig, rasch zwischen behandlungsbedürftigen malignen sowie hormonaktiven und den harmloseren Raumforderungen zu unterscheiden. Denn Karzinome und einige Metastasen wachsen aggressiv. Die gute Nachricht: Inzidentelle Nebennierentumoren sind – wenn wie bei Dr. Meienbergs Patientin keine bekannte Krebserkrankung vorliegt – selten bösartig. Karzinome finden sich in 2–5 % der Fälle, bei 0,7–2,5 % handelt es sich um Metastasen.
Hoher Fettgehalt ist ein gutes Zeichen
Unterschiede werden besonders im CT deutlich – sie gilt daher auch als Untersuchungsmethode der Wahl. In den Aufnahmen der 60-jährigen Frau erscheint der Tumor rund, im Durchmesser etwa 28 mm groß, homogen und scharf begrenzt. Die Dichte von acht Hounsfield-Einheiten (HU) im Nativ-CT deutet auf einen hohen Fettgehalt hin – typische Zeichen für ein gutartiges Adenom.
Dichten < 10 HU schließen maligne Tumoren weitestgehend aus. Der Kontrastmittel-Washout von über 50 %, den die Ärzte nach zehn Minuten beobachten, spricht ebenfalls für ein benignes Adenom. Karzinome, Metastasen und Phäochromozytome seien dagegen oft unregelmäßig geformt und wiesen nativ eine Dichte > 20 HU auf, so Dr. Meienberg. Zur Beurteilung, ob ein Tumor hormonaktiv ist, eigne sich die Bildgebung aber nicht. Hier komme es eher auf die Anamnese und das klinische Bild an.
Etwa ein Zehntel bis ein Siebtel der Tumoren produzieren Hormone im Übermaß – die Hälfte dieser Neoplasien machen kortisolsezernierende Adenome aus. Sie können zu einem Cushing-Syndrom führen, das mitunter auch subklinisch bereits mit Diabetes und Osteoporose einhergeht. Ebenfalls häufig sind Phäochromozytome, bei denen die Ausschüttung von (Nor-)Adrenalin Hypertonie, Kopfschmerzen, Blässe, Herzpochen und ähnliche Symptome verursacht. Da beide oft nur milde oder unspezifische Symptome verursachen, rät Dr. Meienberg, bei jedem adrenalen Inzidentalom auf ein Cushing-Syndrom und ein Phäochromozytom zu screenen. Ersteres lässt sich durch adäquate Kortisol-Supprimierung < 50 nmol/l im 1-mg-Dexamethason-Hemmtest ausschließen. Ein Phäochromozytom ist unwahrscheinlich, wenn die freien Metanephrine im Referenzbereich liegen.
Einen Test auf aldosteronproduzierende Adenome mithilfe der Aldosteron-Renin-Ratio hält der Endokrinologe dagegen nur bei arterieller Hypertonie und/oder Hypokaliämie für angezeigt. Zudem können einige Blutdrucksenker das Ergebnis verfälschen.
Von den adrenalen Karzinomen verursacht etwa die Hälfte Symptome eines Hormonüberschusses. Besteht ein klinischer Verdacht – beispielsweise bei neu aufgetretenem Hirsutismus –, sollte man die Konzentration von Testosteron oder Dehydroepiandrosteronsulfat bestimmen. Weitere verdächtige Symptome umfassen Flankenschmerz, Bauchbeschwerden und bei Kortisolproduktion auch das Cushing-Syndrom.
Hormoninaktive Tumoren bleiben es meist auch
Glücklicherweise sprachen bei der 60-jährigen Patientin alle Befunde gegen einen malignen oder hormonaktiven Tumor, sodass die Ärzte auf eine weitere Behandlung und Routinekontrollen verzichteten. Diese seien bei benignen, hormoninaktiven und kleinen Geschwüren < 4 cm Durchmesser bei Patienten ohne weitere Krebserkrankung unnötig, solange keine neuen klinischen Aspekte hinzukommen, schreibt Dr. Meienberg. Dass sich aus einem hormon-inaktiven ein klinisch relevanter hormonaktiver Tumor entwickle, geschehe bei weniger als drei von 1000 Patienten. Bei allen anderen Befundkonstellationen komme man um eine Operation oder weitere interdisziplinäre Abklärung nicht herum.
Quelle: Meienberg F. Ther Umsch 2020; 77: 357-360; DOI: 10.1024/0040-5930/a001204
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