Bluthochdruck wegen Conn-Syndrom?

Dr. Dorothea Ranft

Nebenniere mit aldosteronproduzierendem Nebennierenrindenadenom (siehe Pfeil). Nebenniere mit aldosteronproduzierendem Nebennierenrindenadenom (siehe Pfeil). © Science Photo Library/CUSTOM MEDICAL STOCK PHOTO/O.J. STAATS MD

In Deutschland leiden etwa zwei Millionen Menschen an einem primären Hyperaldosteronismus. Aber viel zu wenige werden auf diese endokrine Form der Hypertonie getestet – mit der Folge schwerer Organschäden.

Die Freisetzung von Aldosteron aus der Nebenniere wird normalerweise über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System exakt gesteuert. Beim Conn-Syndrom ist diese Kontrolle gestört. Die Ausschüttung ist inadäquat gesteigert und erfolgt autonom. Diese Störung hat schwerwiegende Konsequenzen: Patienten mit primärem Hyperaldosteronismus tragen im Vergleich zu essenziellen Hypertonikern ein dreifach erhöhtes Risiko für Schlaganfall, koronare Herzkrankheit und Vorhofflimmern.

Auf das erniedrigte Kalium ist in der Diagnostik kein Verlass. Die Mehrheit der Patienten weist normale Werte auf. Die klassische Trias aus Hypertonie, Hypokaliämie und metabolischer Alkalose findet sich wesentlich seltener und überwiegend bei schwer Erkrankten, schreibt ein Autorenteam um Dr. Carmina Fuss vom Universitätsklinikum Würzburg.

Vom Auftreten der Hypertonie bis zur Diagnose des ursächlichen Conn-Syndroms vergehen derzeit noch zehn Jahre. Um diesen Missstand zu verändern, wird ein Screening in Risikogruppen empfohlen. Dazu zählen beispielsweise Patienten mit therapieresistenter oder schwer kontrollierbarer Hypertonie, zusätzlich vorhandener Hypokaliämie oder einem Schlaganfall im Alter unter 40 Jahren (s. Kasten). 

Indikationen für Screening

  • Blutdruck > 150/100 mmHg an drei Tagen
  • therapieresistente Hypertonie
  • Hochdruck mit Hypokaliämie
  • nur mit ≥ 4 Medikamenten kontrollierte Hypertonie
  • Inzidentalom der Nebenniere
  • Schlaganfall < 40 Jahre
  • Schlafapnoesyndrom
  • Verwandter 1. Grades mit primärem Hyperaldosteronismus
  • positive Familienanamnese für arterielle Hypertonie in jungen Jahren bzw. Schlaganfall < 40 Jahre

Bei konsequenter Umsetzung müsste die Hälfte der Hochdruckpatienten getestet werden, räumen die Autoren ein. Sie plädieren für ein niederschwelliges Screening, wenn der Nachweis der hormonellen Störung therapeutische Konsequenzen hätte. Vor allem Hypertonikern < 40 Jahren sollte auch ohne die genannten Indikationen eine einmalige Abklärung angeboten werden, um gravierende Folgeschäden zu verhindern.

Aldosteron-Renin-Quotient ist die Basis

Die Basisdiagnostik kann in der hausärztlichen Praxis vorgenommen werden. Sie beruht auf der Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten (ARQ). Die Blutentnahme sollte möglichst unter standardisierten Bedingungen erfolgen (s. Checkliste). 

Checkliste zur Aldosteron-Renin-Quotient-Bestimmung

  • Blutentnahme morgens im ­Sitzen (nach 15 Minuten)
  • ausgeglichener Kaliumspiegel
  • keine oder testgerechte ­Medikation
  • kein Lakritzabusus
  • keine Salzrestriktion
  • Test bei prämenopausalen ­Frauen idealerweise in der ­Follikelphase

Da das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System die Endstrecke vieler Antihypertensiva darstellt, ist deren Einfluss auf den ARQ zu beachten (s. Tab.). Ideal wäre ein vorübergehendes Absetzen der Hochdruckmedikation. Ist das nicht möglich, hilft eventuell die Umstellung auf weniger „kritische“ Wirkstoffe. Eine alternative Option ist die pragmatische Beurteilung des Quotienten in Kenntnis der Effekte gängiger Antihypertensiva. Ein weiterer, wenn auch seltenerer Störfaktor ist die Vorliebe mancher Patienten für Lakritz. Ein übermäßiger Konsum kann zu einem Pseudohyperaldosteronismus mit falsch-negativem Screeningbefund führen. Stets zu beachten ist, dass die Cut-off-Werte je nach Labor stark variieren. Grundsätzlich gilt: Ein ARQ unterhalb der Normgrenze trotz testgerechter Medikation schließt ein Conn-Syndrom aus.
Was den Aldosteron-Renin-Quotienten beeinflusst
Größerer EinflussEffekt auf ARQ Pause
Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten, kaliumsparende Diuretikafalsch-negativ 4 Wochen
Schleifendiuretika, ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten, Kalziumantagonisten vom Dihydropyridintypfalsch-negativ 1 Woche
Betablockerfalsch-positiv1 Woche
Ovulationshemmerfalsch-positiv4 Wochen
Minimaler Einfluss
Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp, Dihydralazin, Doxazosin, Urapidil
Ein erhöhter Aldosteron-Renin-Quotient muss in der Regel mit einem Bestätigungstest abgeklärt werden. Wegen des damit verbundenen Aufwands erfolgt diese Untersuchung meist in spezialisierten Zentren. Zur Auswahl stehen zwei Untersuchungen: Kochsalzbelas­tungs- und Captopril-Test. Beide gelten als sicher und werden üblicherweise im Sitzen durchgeführt. Bei starker Hypertension oder kardialer bzw. renaler Erkrankung (Volumenretention) ist die Variante mit dem ACE-Hemmer zu bevorzugen. Wenn der Bestätigungstest positiv ausfällt, ist eine bildgebende Abklärung zur Detektion von Adenomen bzw. dem Ausschluss eines Karzinoms indiziert. Wegen der höheren Auflösung wird die Computertomographie gegenüber der MRT ­bevorzugt. Bei unilateralem Befall sorgt meist ein kleines Adenom für die verstärk­te Aldosteronsekretion. Die bilaterale Störung beruht überwiegend auf einer Nebennierenhyperplasie. Therapie der Wahl beim einseitigen Conn-Syndrom ist die laparoskopische Adrenalektomie. Patienten mit beidseitigem Befund müssen lebenslang einen Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten einnehmen.

Vor der Operation Hormonquelle sichern

Vor der operativen Entfernung der Nebenniere wird eine Lokalisationsdiagnostik empfohlen. Denn wegen der hohen Prävalenz endokrin inaktiver Adenome kann man nicht automatisch davon ausgehen, dass ein im CT gefundener Tumor Aldosteron produziert. Außerdem sind sehr kleine Adenome eventuell nicht bildgebend nachweisbar. Als Goldstandard zur Identifikation der Hormonquelle dient die Katheterisierung der beiden Nebennierenvenen. Dabei erfolgt eine simultane Blutentnahme auf der rechten und linken Seite und der Peripherie (meist V. cava) mit anschließender Bestimmung von Aldosteron und Kortisol. Die Operation führt meist zu einer biochemischen Heilung, nicht aber zu einer Normalisierung des Blutdrucks. Der Patient muss also weiter Antihypertensiva einnehmen, kann aber meist die Dosis reduzieren. Außerdem sinkt das erhöhte kardiovaskuläre Risiko auf das Niveau bei der essenziellen ­Hypertonie.

Quelle: Fuss CT et al. Internist 2022; 63: 25-33; DOI: 10.1007/s00108-021-01208-5

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Nebenniere mit aldosteronproduzierendem Nebennierenrindenadenom (siehe Pfeil). Nebenniere mit aldosteronproduzierendem Nebennierenrindenadenom (siehe Pfeil). © Science Photo Library/CUSTOM MEDICAL STOCK PHOTO/O.J. STAATS MD