Bei wem Sie nach einem primären Hyperaldosteronismus suchen sollten

Dr. Andrea Wülker

Nicht immer wird der primäre Hyperaldosteronismus als Grund für den Bluthochdruck diagnostiziert. Nicht immer wird der primäre Hyperaldosteronismus als Grund für den Bluthochdruck diagnostiziert. © iStock/Dr_Microbe

Schätzungen zufolge sind in Deutschland bis zu 2,5 Millionen Menschen von einem primären Hyperaldosteronismus betroffen. Doch obwohl er zu den häufigsten Ursachen der sekundären Hypertonie zählt, erfolgt viel zu selten eine diagnostische Abklärung.

Neuere Studien weisen darauf hin, dass bei 3–13 % der Hypertoniepatienten in der Hausarztpraxis ein primärer Hyperaldosteronismus (PA) vorliegt. Hauptursachen des auch Conn-Syndrom genannten PA sind ein einseitiges Aldosteron-produzierendes Nebennierenadenom oder eine bilaterale idiopathische Nebennierenrindenhyperplasie, schreiben Dr. Laura­ Handgriff­ und Professor Dr. Martin­ Reincke­ von der medizinischen Klinik und Poliklinik IV, Endokrinologie am Klinikum der Universität München.

„Connshing“-Phänomen – was ist das?

Die autonome Kortisol-Co-Sekretion (ACS) erhält im Rahmen des Conn-Syndroms neuerdings mehr Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zum vermehrt gebildeten Aldosteron, das zur Hypertonie führt, sorgt die ACS für metabolische Probleme. Dazu gehören erhöhter BMI, gestörte Glukosetoleranz und Typ-2-Diabetes. Man hat diese Entität daher als neuen metabolischen Subtyp definiert und sie gemäß der Kombination aus Conn- und Cushing-Syndrom „Connshing“-Syndrom getauft.

Das bei PA vermehrt gebildete Mineralokortikoid Aldosteron ist für die Blutdruckerhöhung verantwortlich. Eine rechtzeitige Dia­gnose und angemessene Behandlung sind wichtig, um kardio- und zerebrovaskuläre Komplikationen möglichst zu vermeiden, schreiben die Autoren und weisen darauf hin, dass man auch bei Hypertonie Grad 1 an die Möglichkeit eines PA denken sollte. Ein PA kann mit einer Hypokaliämie einhergehen – muss aber nicht. Bei weniger als 30 % der PA-Patienten liegt die früher als Leitsymptom erachtete Störung vor.

Den Aldosteron-Renin-Quotienten bestimmen

Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit eines PA bei Vorhandensein einer Hypokaliämie. Aktuelle Leitlinien empfehlen ein PA-Screening bei etwa der Hälfte der Hochdruck-Patienten, beispielsweise bei:
  • therapierefraktärer Hypertonie
  • arterieller Hypertonie und Hypokaliämie
  • arterieller Hypertonie und ob­struktivem Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS)
  • arterieller Hypertonie und Nebennieren-Inzidentalom
  • Blutdruckwerten > 150/90 mmHg
  • Jüngeren mit Hypertonie
Als Screeningparameter wird der Aldosteron-Renin-Quotient empfohlen, da er als besonders verlässlich und sensitiv gilt. Allerdings können je nach Messtechnik und Labor verschiedene Normwerte (mit unterschiedlichen Einheiten) existieren, was man bei der Interpretation berücksichtigen muss – neben eingenommener Medikamente (u.a. orale Kontrazeptiva). Bereits verordnete Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten sollte der Patient mindestens vier Wochen vor dem Test absetzen, eine Blutdruckmedikation kann in vielen Fällen allerdings weitergeführt werden. Fällt der Aldosteron-Renin-Quotient pathologisch aus, ist in der Regel ein Bestätigungstest erforderlich: ein oraler oder intravenöser Kochsalzbelastungstest, ein Fludrokortison-Suppressionstest oder ein Captopril-Test. Um die Quelle der erhöhten Aldosteron-Produktion sicher identifizieren zu können, wird neben einer bildgebenden Untersuchung der Nebennieren auch eine Nebennierenvenen-Katheterisierung mit seitengetrennter Blutentnahme empfohlen. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob die Aldosteron-Überproduktion nur in einer oder in beiden Nebennieren erfolgt. Unabhängig von der Hypertonie ist der Hormonüberschuss bei PA für die Patienten mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt, Vorhofflimmern und Niereninsuffizienz assoziiert. Das zeigte der Vergleich mit Patienten mit essenzieller Hypertonie.

Spirono­lacton allein reicht häufig nicht aus

Durch die Gabe von Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA) oder eine unilaterale Adrenalektomie lässt sich dieser Nachteil hinsichtlich Organschäden und kardiovaskulärer Mortalität wieder ausgleichen. Eine Indikation zur unilateralen laparoskopischen Adrenalektomie besteht bei gesicherter einseitiger Aldosteron-Überproduktion. Um den Operationserfolg zu überprüfen ist es wichtig, in den ersten Wochen nach der OP sowie erneut nach sechs bis zwölf Monaten die Aldosteron- und Renin-Werte zu bestimmen. Zu den Patienten, die besonders von einer Adrenalektomie profitieren und daher konsequent einem PA-Screening unterzogen werden sollten, zählen:
  • jüngere Patienten (< 40 Jahre)
  • Frauen
  • Patienten mit kürzerer Dauer der Hypertonie
  • Patienten mit geringerer Anzahl (< 2) präoperativ eingenommener Blutdrucksenker
  • Patienten mit niedrigem BMI und/oder normaler Nierenfunktion
Liegt eine bilaterale Erkrankung vor, wird in der Regel mit MRA behandelt. Die Medikamente kommen auch zum Einsatz, wenn Patienten mit Aldosteron-produzierendem Nebennierenadenom nicht operiert werden können oder eine OP ablehnen. Mittel der Wahl ist Spirono­lacton in einer Dosis von 25–50 mg täglich. Damit lässt sich zwar in den meisten Fällen das Serum-Kalium normalisieren, im Mittel wird der Blutdruck aber nur um 15/8 mmHg gesenkt – die Verbesserung der Blutdruckwerte ist nach vier bis acht Wochen zu erwarten. Oft bedarf es daher zusätzlicher Antihypertensiva, um den Blutdruck in den Griff zu bekommen­.

Quelle: Handgriff L et al. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 716-721; DOI: 10.1055/a-0958-0068

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Nicht immer wird der primäre Hyperaldosteronismus als Grund für den Bluthochdruck diagnostiziert. Nicht immer wird der primäre Hyperaldosteronismus als Grund für den Bluthochdruck diagnostiziert. © iStock/Dr_Microbe