Ich krieg die Nebennierenkrise!

Dr. Judith Lorenz

Jeder zehnte bis zwölfte Nebenniereninsuffiziente erlebt pro Jahr eine Krise. Jeder zehnte bis zwölfte Nebenniereninsuffiziente erlebt pro Jahr eine Krise. © fotolia/klickit24

Patienten mit einer chronischen Nebenniereninsuffizienz können trotz Hormonersatztherapie eine krisenhafte Verschlechterung des Gesundheitszustands erleiden. Die unverzügliche parenterale Gabe von Hydrokortison rettet in diesem Fall Leben.

Lange Zeit dachte man, dass Patienten mit chronischer Nebenniereninsuffizienz und adäquater Hormonsubstitution eine ähnliche Lebenserwartung haben wie Gesunde. Große Registeranalysen der letzten Jahre belegen jedoch ein erhöhtes Sterberisiko, das vermutlich mit Nebennierenkrisen zusammenhängt. Epidemiologischen Schätzungen zufolge kommt etwa jeder zehnte bis zwölfte Patient innerhalb eines Jahres in eine solche akut lebensbedrohliche Situation.

Auslöser sind meist physische Belastungen, die zu einem relativen Glukokortikoidmangel führen, wie fieberhafte und gastrointestinale Infekte, OP, Unfälle, das Absetzen oder Vergessen einer Hormonersatztherapie oder starke körperliche Aktivität. Auch anhaltender psychischer Stress erhöht den Kortisolbedarf.

Kein Hydrokortison zur Hand? Dann geht auch Prednisolon

Die Symptome der beginnenden Krise äußern sich oft unspezifisch und ähneln denen, die unmittelbar vor Erstdiagnose der Nebenniereninsuffizienz auftreten, erklären Dr. Stephanie­ Burger-­Stritt­ und Professor Dr. Stefanie Hahner von der Medizinischen Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum Würzburg.

Vor der Wurzelbehandlung Kortison hochfahren

Wichtigstes Ziel in der Behandlung von Nebenniereninsuffizienz-Kranken ist die Prävention von Nebennierenkrisen. Regelmäßige Schulungen von deutschlandweiten zertifizierten Zentren sollen die Patienten und ihre Angehörigen für die typischen Auslöser sensibilisieren und das Notfallmanagement trainieren. Zudem müssen die Betroffenen lernen, in Belastungssituationen – z.B. Infekte, zahnärztliche Eingriffe mit lokaler Betäubung, Endoskopien – eigenständig ihre Glukokortikoidmedikation an den erhöhten Bedarf anzupassen. Vaginale Geburten und große OP erfordern hoch dosierte und kontinuierliche Kortisoninfusionen.

Die Beschwerden entwickeln sich variabel innerhalb von Minuten bis Stunden und gipfeln potenziell in einer Schocksymptomatik mit Bewusstseinsstörung. Wenn mindes­tens zwei der folgenden Symptome vorliegen, besteht eine Krise:
  • Hypotonie (< 100 mmHg syst.)
  • Übelkeit und/oder Erbrechen
  • ausgeprägte Abgeschlagenheit
  • Hyponatriämie
  • Hyperkaliämie
  • Hypoglykämie
Die Therapie umfasst die unverzügliche i.v. Gabe von 100 mg Hydrokortison, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion (100 mg/24 Stunden) sowie der Volumensubstitution mit physiologischer Kochsalzlösung. Steht Hydrokortison nicht zur Verfügung, bieten andere Glukokortikoide – beispielsweise Prednisolon – eine Alternative.

Alle Patienten mit Notfallset und -ausweis ausstatten

Laut einer Studie erfolgte die Glukokortikoidgabe im Schnitt nach 30 Minuten, teilweise dauerte es sogar bis zu 48 Stunden. Eine verzögerte Behandlung aufgrund diagnostischer Maßnahmen sollte man unbedingt vermeiden.

Um im Fall einer Nebennierenkrise schnellstmöglich Kortison verabreichen zu können, müssen alle Patienten mit einem Notfallausweis und einem -set mit einer Ampulle 100 mg Hydrokortison ausgestattet und mit der Handhabung der intramuskulären Eigeninjektion vertraut sein.

Als Alternative kann die sim­plere subkutane Injek­tion trainiert werden. Diese ist allerdings off label. Wie eine Studie ergeben hat, liegt nach dieser Applikationsweise ebenfalls eine ausreichende Bioverfügbarkeit vor. Eine rektale Gabe von 100 mg Prednisolon ist ebenfalls off label möglich. Bei gastrointestinalen Infekten mit Diarrhö besteht jedoch die Gefahr einer unzureichenden Resorption.

Quelle: Burger-Stritt S, Hahner S. Internist 2017; 58: 1037-1041

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