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Nie mehr Pilzsaison
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Nagelpilzinfektionen werden in gemäßigten Klimazonen vor allem durch Dermatophyten verursacht, aber auch Hefe- und Schimmelpilze kommen als Auslöser in Betracht. Die Differenzialdiagnosen reichen von Psoriasis bis zum schuhbedingten Schaden. Deshalb kann die Infektion nicht ohne labordiagnostischen Erregernachweis gesichert werden. Vor einer systemischen Therapie ist diese Bestätigung obligat, heißt es in der aktuell überarbeiteten Leitlinie von DDG und BVDD*.
Die benötigten Nagelspäne sollten nach Möglichkeit an der proximalen Grenze der sichtbaren ungualen Veränderungen gewonnen werden. Sämtliche Proben sind mikroskopisch, kulturell und/oder mit molekularen Verfahren (z.B. PCR) zu untersuchen. Eine routinemäßige Resistenzprüfung ist nicht erforderlich, die Kontrolle kann aber sinnvoll sein, wenn ein Patient nicht auf Terbinafin anspricht.
Die Behandlung der Onychomykose verfolgt drei Ziele:
- vollständige Beseitigung des Erregers so rasch und sicher wie möglich, verifiziert durch eine Kontrolluntersuchung (vorzugsweise PCR)
- klinisch weitgehend gesunde Nägel (meistens definiert durch weniger als 5–10 % Restveränderungen am distalen Rand)
- Prävention einer weiteren Übertragung bzw. Unterbrechung von Infektionsketten
Topische Therapie
- Amorolfin-HCI 5 % Acryllack 1 x pro Woche
- Ciclopirox 8 % Acryllack alle 2 Tage, ab 2. Monat 2 x pro Woche
- Ciclopirox 8 % wasserlöslicher Lack + HP-Chitosan 1 x täglich
- Terbinafin wasserlöslicher Lack + HP-Chitosan 1 x für 4 Wochen, danach 1 x pro Woche
Als adjuvante Maßnahme wird vor der antimykotischen Therapie (lokal und oral) eine atraumatische Nagelabtragung empfohlen. Das Ziel ist eine möglichst weitgehende Entfernung des pilzbefallenen und hyperkeratotisch veränderten Materials. Die operative Extraktion ist heute obsolet, so steht es in der Leitlinie, die unter der Koordination von Prof. Dr. Pietro Nenoff vom Labor für Medizinische Mikrobiologie in Rötha erstellt wurde.
Befallene Fläche durch Feilen und Aufrauen verringern
Die Lokaltherapie mit einem antimykotischen Lack eignet sich zur Behandlung von leicht bis mäßig ausgeprägtem Nagelpilz. Dies gilt v.a. für den distalen subungualen Befall, aber auch bei der weißen oberflächlichen Onychomykose ist der Lack einen Versuch wert. Es dürfen maximal 40 % der Oberfläche und/oder drei Zehennägel betroffen sein. Durch Feilen oder Aufrauen kann der Anteil verringert werden.
Empfohlen werden Lacke mit Amorolfin (wasserunlöslicher Acryllack, zugelassen bei ≤ 80 % befallener Nagelfläche) oder Ciclopiroxolamin. Letzteren Wirkstoff gibt es in wasserlöslicher und -unlöslicher Darreichungsform. Inzwischen ebenfalls auf dem Markt ist ein terbinafinhaltiges Produkt (s. Tabelle). Die Antimykotika dürfen auch auf Reste des Nagels aufgetragen werden, selbst wenn sich dieser bereits weitgehend abgelöst hat. Voraussetzung ist allerdings, dass die unterliegende Haut noch von einer dünnen Keratinschicht bedeckt ist. Liegt sie bereits komplett frei, sind antimykotische Cremes zu bevorzugen.
Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Onychomykose sollten generell systemisch behandelt werden, sofern keine Kontraindikation (z.B. Statintherapie) besteht. Der beste Effekt ist von einer Kombination aus oraler und topischer Anwendung zu erwarten. Bei eingeschränkter Leberfunktion, hepatotoxischer Begleitmedikation oder relevanter Komorbidität rät die Leitlinie zu Laborkontrollen. Zu bestimmen sind GOT, GPT und Gamma-GT jeweils vor Therapiebeginn, nach zwei bis vier Wochen und dann bei Auffälligkeiten. Außerdem sollte der Patient die Warnzeichen für eine akute Leberschädigung kennen (Ikterus, Übelkeit, dunkler Urin etc.).
Mittel der Wahl zur systemischen Therapie ist Terbinafin. Alternativ kann eine orale Behandlung mit Itraconazol durchgeführt werden. Dieses Antimykotikum steht inzwischen auch eingebettet in ein SUBA(super bioavailability)-Polymer zur Verfügung. Die erhöhte Bioverfügbarkeit sorgt dafür, dass die Behandlung mit der halben Dosis erfolgen kann.
Behandlung von Spezialfällen
- Hefepilze: Nagellack (Amorolfin oder Ciclopiroxolamin), bei Bedarf zusätzlich orales Fluconazol oder Itraconazol; bei Candida parapsilosis auch Terbinafin
- Schimmelpilze: atraumatische Nagelentfernung mit 40 % Urea-Paste, danach antimykotischer Nagellack (Amorolfin, Ciclopiroxolamin), ggf. Amphotericin-B-haltige Suspension (off label), im Einzelfall orales Terbinafin (oft kein Ansprechen auf systemische Therapie)
Eine Pulstherapie mit Itraconazol ist ebenfalls möglich. Dabei nimmt der Patient eine Woche lang täglich 2 x 200 mg gefolgt von drei Wochen Pause (= 1 Zyklus). Bei der Zehennagelmykose werden drei bis vier Zyklen appliziert, bei Befall der Fingernägel nur zwei. Die Wirksamkeit von intermittierender Anwendung und kontinuierlicher Gabe ist gleich. Auch Fluconazol eignet sich zur Pulstherapie in einer Dosis von 150 mg einmal wöchentlich über 6–12 Monate (Zehen) bzw. 3–6 Monate (Finger).
Älteren multimorbiden Patienten kann eine intermittierende Langzeittherapie mit niedrig dosiertem Terbinafin empfohlen werden. Deren Wirksamkeit ist zwar nicht durch Studien, wohl aber vielfach empirisch belegt. In der siebentägigen Anflutphase nimmt der Patient täglich 250 mg des Antimykotikums ein, zur Erhaltungstherapie genügen einmal wöchentlich 250 mg. Die Dauer der Anwendung richtet sich nach dem klinischen Erfolg (bis zu einem Jahr oder länger).
In der Langzeittherapie Resistenzen vermeiden
Auch Itraconazol lässt sich langfristig in niedriger Dosis intermittierend einsetzen, in den ersten drei Tagen mit 400 mg/d (oder 200 mg SUBA-Itraconazol), anschließend dieselbe Dosis einmal pro Woche. Zur Resistenzprophylaxe empfiehlt sich für beide Wirkstoffe die Kombination mit einem Lack (z.B. Ciclopirox, Amorolfin).
Kinder mit Onychomykose sollten möglichst topisch behandelt werden. In fortgeschrittenen Fällen ist auch bei ihnen eine systemische Therapie indiziert. Dabei gelten Terbinafin, Fluconazol und Itraconazol als wirksam und sicher, sie sind jedoch für diese Altersstufe nicht zugelassen. Deshalb muss die Anwendung off label erfolgen, worüber die Eltern aufgeklärt werden müssen.
* Deutsche Dermatologische Gesellschaft;
Quelle: Berufsverband der Deutschen Dermatologen S1-Leitlinie „Onychomykose“, AWMF-Register-Nr. 013-003, www.awmf.org
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