Nagelpilz einfach sprießen lassen: Behandlung nur auf expliziten Wunsch

Elisa Sophia Breuer

Diese Onychomykose lässt sich noch gut mit einer topischen Behandlung in den Griff kriegen. Diese Onychomykose lässt sich noch gut mit einer topischen Behandlung in den Griff kriegen. © Prof. Dr. Dietrich Abeck

Um der Flut an Nagelpilz Herr zu werden, behandelt ein Münchener Dermatologe nur dann, wenn die Patienten das von sich aus wünschen. Ist eine Therapie geplant, gelten ein paar einfache Regeln.

Die Prävalenz der Onychomykose liegt in Deutschland um die 12 %. „Therapieren Sie nicht alle Patienten“, lautet die klare Ansage von Professor Dr. Dietrich­ Abeck­ aus München. Aufgrund der immensen Zahl sei dies zum einen gar nicht möglich und außerdem ein finanzielles Disaster. „Behandelt wird jedoch der Patient, der dies wünscht“. Schon dieses Vorgehen schluckt viele Kapazitäten.

Klassischerweise sind bei einer Onychomykose die Nägel asymmetrisch betroffen und mindestens ein einzelner Nagel gar nicht. Patienten mit leichtem Befall greifen meist selbstständig auf Lacke aus der Apotheke zurück. In seiner Praxis sieht der Dematologe vorwiegend spätere Stadien, die potenziell eine systemische Medikation erfordern. Schon anhand der klinischen Zeichen erkennt der Experte, dass ein Pilz dahintersteckt.

Dennoch lautet die Devise: keine orale Therapie ohne Erregernachweis. In seltenen Fällen schickt er auch mal Proben ins Labor, um Betroffenen zu zeigen, dass keine Onychomykose vorliegt. So oder so notiert er seinen Verdacht immer in die Patientenakte – „nicht selbstverständlich für alle Kollegen“.

Systemische Therapie nur mit Erregernachweis

Da Prof. Abeck keine Lust auf das zeitintensive Mikroskopieren (Sensitivität 70–80 %) hat, greift er auf ein Duo aus Histologie und Kultur zurück. Während die Histo eine Sensitivität von etwa 80 % aufweist, liegt die der Kultur nur bei 50–60 %. Die Kombi hat jedoch eine Sensitivität von über 95 %. Ein einzelner positiver Nachweis rechtfertigt eine systemische Behandlung, wenn der Dermatologe schon aufgrund der klinischen Zeichen einen Pilz im Visier hatte.

Die Betroffenen bekommen den Befund postalisch und das Rezept gleich mit, das Porto müssen sie selbst bezahlen. „Ich versuche, für meine Patienten den Aufenthalt in der Praxis so kurz wie möglich zu halten. Wiedereinbestellen kostet sie und mich nur Zeit.“

Nur der wässrige Lack penetriert den Nagel

Der Münchener Kollege bedauert, dass es keine aktuelle Leitlinie gibt. Laut der alten erfolgt die Therapie:

  • topisch, wenn ≤ 50 % der Nägel distal und ≤ 4 Nägel befallen sind,
  • ansonsten topisch und systemisch.

Differenzialdiagnosen

Nach Aussage von Prof. Abeck werden viele Patienten auf Nagelpilz therapiert, die gar keinen haben. Diese Differenzialdiagnosen sind u.a. zu beachten:
  • Green Nail Syndrom: seltene grüne Färbung der Nagelplatte, ausgelöst durch Pseudomonas aeruginosa
  • Onychopyknose: der Nagel wird symmetrisch dicker, um Druck – z.B. durch zu enge Schuhe – auszugleichen
  • Nagelpsoriasis: kann parallel zu einer Onychomykose auftreten. Eine Nagelpsoriasis spricht besser an, wenn man den Pilz „mitentfernt“

Weiterhin hilft es, möglichst viel pilzbefallenes Material abzutragen. Dafür eignen sich laut dem Experten Harnstoff alleine oder in Kombi mit Bifonazol. Zusätzlich kann der Betroffene seinen Nagel fräsen. Für die topische Therapie stehen zwei Lacke zur Verfügung: Ciclopirox und Amorolfin. Laut einer Studie penetriert allein der wässrige Lack – also Ciclopirox – und nicht der Acryllack (Amorolfin) die Nägel. Deshalb empfiehlt der Dermatologe ausschließlich Ciclopirox. Die Behandlung braucht ihre Zeit, denn die Präparate wirken nur fungistatisch, nicht fungizid. Rund 1–1,5 Jahre kann es dauern, bis der kranke Nagel rauswächst, mithilfe von Biotin oder Zink geht das etwas schneller. Erfolgt zusätzlich eine systemische Therapie, rät Prof. Abeck zum Goldstandard Terbinafin. „Das wirkt besser als Itraconazol und weist die gleiche Nebenwirkungsrate auf. Fluconazol ist die schlechteste Option von den drei zugelassenen Antimykotika.“ Seiner Erfahrung nach halten sich seit fünf Jahren etwa 80–90 % der Dermatologen bei der Dosierung nicht an die veralteten Leitlinien, sondern an die Expertentherapie des Mikrobiologen Professor Dr. Hans-Jürgen Tietz aus Berlin:
  • eine Tablette Terbinafin pro Tag in der ersten Woche,
  • danach wöchentlich eine Tablette bis der befallene Nagel rausgewachsen ist.
Dies sei leber- und organschonend und die lästigen Geschmacksstörungen werden unter Terbinafin nur noch extrem selten beobachtet. Die Blutwerte würde Prof. Abeck alle sechs Monate kontrollieren. Grundsätzlich kann der Cytochrom-P 450-Blocker mit anderen Medikamenten interagieren. So besteht bei gleichzeitger Gabe von Betablockern das Risiko für eine Bradykardie. Der Kollege rät, Patienten, die viele Medikamente einnehmen, nur topisch zu therapieren.

Fungi einfach wegbrutzeln?

Um Sporen zu eliminieren, bedarf es mehr als 50 Grad Celsius. Aktuell erreichen Laser jedoch nur bis zu 50 Grad. „Bisher können wir nicht sagen, welcher Laser der beste ist, oder welcher richtig funktioniert“. Prof. Abeck empfiehlt, dem Patienten dies zu erklären. Er setzt den Laser zusätzlich als private Leistung ein, um die Abheilung zu beschleunigen, jedoch niemals als alleinige Behandlung.

Bei der Behandlung die Füße nicht vergessen

Kinder – die sich übrigens am häufigsten bei den Eltern anstecken – behandelt Prof. Abeck bis zu einem Gewicht von 40 kg mit der halben, danach mit der vollen Terbinafindosis. Um ein Rezidiv zu vermeiden, rät der Dermatologe, auch Fußpilz konsequent zu behandeln. Bei den Betroffenen zeigt sich Plaque mit einer verstärkten, randbetonten, einseitigen Schuppung. Vor der Therapie muss keine Diagnostik erfolgen, so Prof. Abeck.

Fast jeder zweite Pilz taucht wieder auf

Unterstützend sollten Patienten ihre Schuhe mit Pilzspray einsprühen sowie Schwimmbäder und andere Orte mit erhöhter „Pilzgefahr“ meiden. Dadurch ließen sich Rezidive – die Rate liegt derzeit bei 40 % innerhalb von zwei Jahren – wahrscheinlich „verhindern“.

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Diese Onychomykose lässt sich noch gut mit einer topischen Behandlung in den Griff kriegen. Diese Onychomykose lässt sich noch gut mit einer topischen Behandlung in den Griff kriegen. © Prof. Dr. Dietrich Abeck