Schlucken und lackieren – Schweren Nagelpilz mit Kombitherapie behandeln

Dr. Dorothea Ranft

Haben sich die Nägel bereits krallenartig verändert, spricht man von einer Onychogrypose. Haben sich die Nägel bereits krallenartig verändert, spricht man von einer Onychogrypose. © Science Photo Library/ Tanielian, Dr. Harout

Bei Patienten mit schwerer Nagelmykose kann eine lokale antimykotische Behandlung den Effekt der systemischen Therapie erheblich erhöhen. Sie sollte bis zur Erscheinungsfreiheit fortgesetzt werden. Für danach wird eine dauerhafte Rezidivprophylaxe mit Nagellack empfohlen.

Besteht der Verdacht auf eine Nagelmykose, sollte man immer sämtliche Zehen- und Fingernägel sowie die umgebende Haut inspizieren, raten Dr. Isaak Effendy vom Klinikum der Stadt Bielefeld und Koautoren. Zusätzliche Hinweise auf eine Pilzinfektion geben eine lange Dauer der Nagelveränderungen, ein bereits erfolgter Pilznachweis und etwa­ige Vorbehandlungen. Gleichzeitig gilt es posttraumatische Veränderungen, trophische Störungen oder eine Nagelpsoriasis auszuschließen. Auch wenn sich die Onychomykose oft bereits im Nativpräparat mikroskopisch erkennen lässt: Vor dem Beginn einer Systemtherapie sind Kultur bzw. Nachweis via Dermatophyten-PCR, z.B. aus Kultur oder Nativpräparat, der Goldstandard.

Befallene Nägel fräsen oder mit Harnstoff behandeln

Um die Pilzlast so weit wie möglich zu verringern, sollten befallene Nagelanteile z.B. mittels Fräsen entfernt werden. Das Aufrauen der Oberfläche und die Ausdünnung des oberen Drittels der Nagelplatte (Passagehindernis) erleichtern es den topischen Antimykotika außerdem in den Nagel einzudringen. Alternativ kann auch ein 40%iges Harnstoffpräparat helfen. Die traumatische Nagelextraktion ist inzwischen obsolet.

Die topische Antimykotika-Behandlung kann bei gesichertem Befall (Nativpräparat und/oder PCR) umgehend beginnen. Sie steht in verschiedenen Formen zur Verfügung: Wasserunlöslicher Nagellack mit Amorolfin wird einmal wöchentlich aufgetragen, wasserlöslicher Lack mit Ciclopirox einmal täglich. Außerdem gibt es einen ciclopiroxhaltigen wasserunlöslichen Lack, den man initial alle zwei Tage, später ein bis zweimal wöchentlich appliziert.

Für die tägliche Therapie eignen sich Patienten mit hoher Adhärenz, die ihre Nägel noch selbst behandeln und pflegen können. Bei schwerer Onychomykose kann Amorolfin off label zweimal wöchentlich aufgetragen werden, ein dekoratives Überlackieren ist ohne Wirkverlust möglich. Die Anwendung bifonazol-harnstoffhaltiger Salben plus Nachbehandlung mit Bifonazol-Creme gilt angesichts der nagelerhaltenden Alternativen nur noch als 2. Wahl.

Formen der Onychomykose

  • distolateral subungual
  • proximal subungual
  • superfiziell weiß
  • total dystrophisch

Eine topische Monotherapie ist bei der leichten distolateralen subungualen Onychomykose indiziert (≤ 80 % der Nageloberfläche befallen, keine Matrixbeteiligung). Auch der seltene weiße superfizielle Nagelpilz lässt sich damit ausheilen. Für Patienten mit schwerer unguinaler Mykose kommt eine dauerhafte, rein topische Behandlung nur bei Kontraindikationen gegen systemische Wirkstoffe in Betracht. Sie kann die Mykose nicht heilen, aber eindämmen und die Infektion weiterer Nägel verhindern. Eine rein topische Therapie sollte ggf. zusätzlich mit antimykotisch wirkenden Hautcremes für die umgebenden Bereiche (Nagelwall) ergänzt werden. Bei allen übrigen Patienten bzw. Formen der Onychomykose (s. Kasten) raten die Autoren zu einer systemisch/topischen Kombitherapie­, vor allem, wenn ≥ 80 % der Nagelfläche infiziert sind und/oder die Matrix beteiligt ist. Die Anzahl der betroffenen Nägel ist dagegen kein Kriterium. Die orale Monotherapie halten die Autoren nicht für sinnvoll: Es dauert zu lange, bis der Wirkstoff in den Nagel penetriert. Außerdem wirken Amorolfin und Ciclopirox zusätzlich sporozid.

Vor der systemischen Therapie die Leberwerte kontrollieren

Als Mittel der 1. Wahl zur systemischen Behandlung dermatophytenbedingter Onychomykosen gilt Terbinafin. Azolhaltige Antimykotika folgen erst in 2. oder 3. Linie wegen des vielfältigen Interaktionspotenzials und kardialer Nebenwirkungen. Für Terbinafin wird eine Dosis von 250 mg/d empfohlen, für Itraconazol 200 mg/d und für Fluconazol 150 mg einmal wöchentlich (ggf. Erhöhung auf 300 mg). In der Regel vertragen die meis­ten Patienten eine systemische Therapie gut, schwere Nebenwirkungen treten nur selten auf, schreiben die Dermatologen. Vor der Anwendung von Terbinafin gilt es laut Fachinfo, die Leberwerte zu kontrollieren, um eine akute oder chronische Lebererkrankung auszuschließen, da in diesen Fällen der Einsatz nicht empfohlen wird. Spätere Kontrollen erfolgen jeweils nach vier bis sechs Behandlungswochen. Auch vor und während der Gabe von Itraconazol sollte man die Leberenzyme checken. Unter einer Statinbehandlung ist die Substanz kontraindiziert. Die Therapie mit Fluconazol erfordert die Bestimmung von Leberwerten, Kreatinin und Blutbild bei Risikopatienten (z.B. Älteren mit eingeschränkter Organfunktion). Auf Alkohol sollten die Patienten unter Systemtherapie tunlichst verzichten­. Zur ersten Erfolgskontrolle raten die Dermatologen nach sechs Wochen. Idealerweise wird der Effekt sowie die Distanz zum proximalen Nagelfalz mindestens einmal im Quartal dokumentiert (Foto, Abzeichnen des Umrisses auf Klebefilm). Die Kombitherapie muss der Patient bis zur klinischen Erscheinungsfreiheit fortführen (mindestens drei bis sechs Monate). Eine negative Kultur unter antimykotischer Therapie bedeutet noch nicht, dass sich im Nagel keine lebenden Pilze mehr befinden, erinnern die Autoren. Während der Therapie raten sie, Socken täglich zu wechseln und bei 60 °C bzw. mit einer Wäschedesinfektionslösung zu waschen. Gegen eine erneute Ansteckung aus Schuhen oder Einlagen helfen handelsübliche Desinfektionssprays. Nagelpflegeinstrumente gehören nach Gebrauch ebenfalls desinfiziert. Nach Abschluss der Kombinationstherapie empfehlen die Autoren eine längerfristige Sekundärprophylaxe mit antimykotischem Nagellack (z.B. Amorolfin einmal wöchentlich oder alle zwei Wochen). Die Lasertherapie eignet sich zur Abtragung infizierter Nagelanteile, nicht aber zur Ausheilung einer Onycho­mykose.

Quelle: Effendy I et al. Akt Dermatol 2020, 46: 311-318; DOI: 10.1055/a-1150-0809

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Haben sich die Nägel bereits krallenartig verändert, spricht man von einer Onychogrypose. Haben sich die Nägel bereits krallenartig verändert, spricht man von einer Onychogrypose. © Science Photo Library/ Tanielian, Dr. Harout