Niedrig dosiertes Colchizin kann ischämische Komplikationen verhindern

Manuela Arand

Durch Colchizin ist das Herz noch besser vor weiteren Komplikationen geschützt. Durch Colchizin ist das Herz noch besser vor weiteren Komplikationen geschützt. © iStock/Elizaveta Elesina

Als Gichtmittel bewährt, aber unbeliebt wegen seiner Nebenwirkungen, könnte Colchizin im Herzschutz eine neue Karriere starten – niedrig dosiert und daher besser verträglich.

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Dass inflammatorische Prozesse an der Genese kardio­vaskulärer Komplikationen beteiligt sind und deren Unterdrückung das Risiko senkt, hat spätes­tens die CANTOS-Studie mit Canakinumab bewiesen. Im Vergleich zu Placebo kam es unter einer Therapie mit dem Anti-Interleukin-1β-Antikörper zu signifikant weniger Infarkten, Schlaganfällen und Herztoden bei Postinfarktpatienten mit hohem CRP, im Schnitt 15 %.

Es folgte COLCOT, wiederum an Patienten, die gerade einen Herzinfarkt hinter sich hatten. Wieder zeigte sich eine Reduktion schwerer kardiovaskulärer Komplikationen (MACE) in ähnlicher Größenordnung. In dieser Studie verwendeten die Kollegen bereits Colchizin in niedriger Dosis von 0,5 mg pro Tag. Colchizin verfügt über ein deutlich breiteres Spektrum antiinflammatorischer Effekte als Canakinumab, setzt aber letztlich ebenfalls am Inflammasom NLRP3 an, dessen Aktivierung unter anderem zur Plaquedestabilisierung führen kann.

Die placebokontrollierte Doppelblindstudie LoDoCo2, deren Ergebnisse Dr. Stefan­ M. Nidorf­ von GenesisCare aus Melbourne präsentierte, sollte die Datenbasis für den Einsatz von Colchizin in der kardio­vaskulären Sekundärprävention verbreitern. Dafür erhielten Patienten mit nachgewiesener und seit mindestens sechs Monaten stabiler KHK zunächst 30 Tage lang offen 0,5 mg/d Colchizin, um diejenigen auszusortieren, die den Wirkstoff nicht tolerierten. Es verblieben 5522 Teilnehmer für die Randomisierung, davon 85 % Männer. Ebenfalls 85 % der Patienten hatte bereits eine Revaskularisierung und/oder ein akutes Koronarsyndrom hinter sich. Interessant zu wissen: 85 % der ursprünglich mehr als 65000 rekrutierten Teilnehmer vertrugen das Mitttel ohne größere Probleme.

Primärer Endpunkt war 4-Punkt-MACE, also Myokardinfarkt, Schlaganfall, kardiovaskulärer Tod oder Koronarrevaskularisierung. Zu Studienende nach median knapp 29 Monaten Follow-up war dieser Endpunkt bei 264 Patienten (9,6 %) in der Placebogruppe eingetreten, aber nur bei 187 (6,8 %) im Ve­rumarm. Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 31 %. Die Eventkurven trennten sich früh und strebten immer weiter auseinander, sodass davon auszugehen ist, dass der Benefit sich langfristig fortsetzen wird. Am Ergebnis änderte sich nichts, wenn die Revaskularisierung herausgerechnet wurde, betonte Dr. Nidorf.

Nebenwirkungen wie unter Placebo

Auch bei Myokardinfarkt und Revaskularisierung allein schnitt Colchizin signifikant besser ab. Nur beim kardiovaskulären Tod und beim Schlaganfall ließen sich wegen der kleinen Zahlen keine Signifikanzen errechnen. Die Subgruppen­analysen zeichneten ein konsistentes Bild. Das Nebenwirkungsprofil von Colchizin unterschied sich nicht von Placebo.

„Bisher erleidet trotz präventiver Medikation mehr als einer von drei Koronarpatienten innerhalb von zehn Jahren einen weiteren Infarkt oder Schlaganfall oder stirbt an einer kardiovaskulären Komplikation“, kommentierte Dr. Nidorf. „Durch routinemäßige Zugabe von niedrig dosiertem Colchizin ließe sich der Anteil auf einen von vier Patienten reduzieren.“

Blutbild, Transaminasen und Kreatinkinase kontrollieren

Zusammengenommen mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie COLCOT ergibt sich ein überzeugendes Bild für das altbekannte Colchizin als „effektives und sicheres antiinflammatorisches Mittel gegen atherosklerotische Plaques“, meinte Professor Dr. Massimo­ Imazio­, Universität Turin. Voraussetzung ist natürlich, dass der Patient den Wirkstoff verträgt, weshalb er niedrig dosiert und ohne Loading Dose verordnet werden sollte. Der Kardiologe mahnte auch, sich anderer potenzieller Nebenwirkungen des Gichtmittels bewusst zu sein und ein angemessenes Monitoring von Blutbild, Transaminasen und Kreatinkinase zu veranlassen.

Quelle: ESC (European Society of Cardiology) Congress 2020 – The Digital Experience

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Durch Colchizin ist das Herz noch besser vor weiteren Komplikationen geschützt. Durch Colchizin ist das Herz noch besser vor weiteren Komplikationen geschützt. © iStock/Elizaveta Elesina