Nierenschutz durch Harnsäuresenkung?

Dr. Andrea Wülker/Dr. Susanne Gallus

Leider brachte eine medikamentöse Harnsäuresenkung nicht den erhofften Erfolg. Leider brachte eine medikamentöse Harnsäuresenkung nicht den erhofften Erfolg. © iStock/Iryna Zastrozhnova

Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz haben ein höheres Risiko, dass die Krankheit fortschreitet, wenn bei ihnen die Harnsäure-Spiegel im Serum erhöht sind. Könnte man die Progression folglich durch eine medikamentöse Senkung des Serumurats verlangsamen oder gar aufhalten?

Ob gestiegene Uratspiegel eher die Ursache oder die Folge einer chronischen Nierenerkrankung sind, ist bislang unklar. Fest steht: Zu viel Harnsäure im Serum ist schlecht. Abgesehen davon, dass es einen Zusammenhang mit dem Auftreten einer Niereninsuffizienz gibt, lässt Urat auch eine bereits bestehende Erkrankung fortschreiten. In Beobachtungsstudien zeigte sich eine lineare Assoziation zwischen den erhöhten Harnsäurespiegeln, Nierenschäden, Albumin­urie, kardiovaskulären Events und Tod. Bietet das Serumurat daher einen Therapieansatzpunkt für bereits Erkrankte?

In einer aktuellen Arbeit untersuchte das Team um Professor Dr. Sunil V. Badve vom George Institute for Global Health in Newtown, ob die medikamentöse Harnsäuresenkung über Allopurinol den Sinkflug der geschätzten GFR (eGFR) in einem Zeitraum von zwei Jahren bremsen kann. In die Studie eingeschlossen waren Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz im Stadium 3 oder 4 und einer eGFR, die in den vergangenen zwölf Monaten mindestens um 3 ml/min pro 1,73 m2 abgenommen hatte. Gicht, die klinische Indikation für Allopurinol oder eine Unverträglichkeit galten bei den im Schnitt über 60-Jährigen als Ausschlusskriterien.

Die Teilnehmer erhielten randomisiert entweder Allopurinol (100 bis 300 mg täglich) oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Veränderung der eGFR vom Zeitpunkt der Randomisierung bis Woche 104.

Die Nieren verloren weiterhin an Leistung

Insgesamt konnte dieser Endpunkt bei 363 Patienten – durchschnittliche eGFR: 31,7 ml/min/1,73 m2, Serumurat: 8,2 mg/dl, medianer Albumin-Kreatinin-Quotient 716,9 (Einschlusskriterium mindestens 265) – beurteilt werden. Doch die harnsäuresenkende Therapie mit dem Xanthinoxidase-Hemmer führte im Vergleich zur Placebo-Gruppe nicht zu einer Verlangsamung der eGFR-Abnahme.

Zu einem ähnlich ernüchternden Ergebnis kam die Forschergruppe um Professor Dr. Alessandro­ ­Doria vom Joslin Diabetes Center in Boston. Die Wissenschaftler hatten in einer Doppelblindstudie untersucht, ob die Harnsäuresenkung mit Allopurinol bei Patienten mit langjährigem Typ-1-Diabetes und leichter bis moderater diabetischer Nephropathie die Abnahme der eGFR verlangsamt.

Der Harnsäurewert der Teilnehmer lag oberhalb von 4,5 mg/dl und die eGFR betrug zwischen 40,0 und 99,9 ml/min/1,73m2. Primärer Endpunkt war die eGFR nach drei Jahren. 267 der im Durchschnitt 51 Jahre alten Patienten erhielten Allopurinol, 263 ein Placebo.

Forscher bezweifeln, dass Urat die Progression bedingt

Zwar sanken unter Allopurinol die Serumuratspiegel von durchschnittlich 6,1 mg/dl auf 3,9 mg/dl (-36 %), aber es ließen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Harnsäuresenkung einen klinisch bedeutsamen Nutzen im Hinblick auf die renalen Outcomes der Patienten mit Typ-1-Diabetes hatte. Die Autoren sehen dies als Hinweis darauf, dass Serumurat für die Progression wohl keine kausale Rolle spielt.

Quellen:
1. Badve SV et al. N Engl J Med 2020; 382: 2504-2513; DOI: 10.1056/NEJMoa1915833
2. Doria A et al. A. a. O.: 2493-2503; DOI: 10.1056/NEJMoa1916624

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