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Optikusneuritis: Welche Diagnostik? Wie therapieren?

Die typische Optikusneuritis ist eine meist einseitige autoimmune Entzündung des Sehnervs, die überwiegend zwischen dem 18. bis 45. Lebensjahr erstmalig auftritt. Häufig steckt eine MS dahinter, es gibt aber auch idiopathische Formen. Etwa 50 % mit einer ersten typischen Optikusneuritis entwickeln innerhalb von 15 Jahren eine MS. Umgekehrt erleiden 50 % mit dieser Autoimmunerkrankung mindestens einmal eine Optikusneuritis. Bei 20–25 % beginnt die MS mit einem solchen Ereignis, schreiben die Autoren der aktuellen Leitlinie „Optikusneuritis“.
Sehschärfe regeneriert sich meist ganz, Farbsehen nicht
Die durch T-, B-Zellen und Mikroglia vermittelte Immunreaktion führt zu Demyelinisierung und axonaler Schädigung der Sehnervfasern. Betroffene berichten über eine subakute einseitige Sehstörung, diffuses Unscharfsehen und Farbentsättigung. In 90 % der Fälle gehen Schmerzen oder Missempfindungen bei Augenbewegungen den Beschwerden voran.
Nach Abklingen der Entzündung bleiben i.d.R. eine partielle Optikusatrophie und eine verzögerte Leitgeschwindigkeit zurück. Die Sehschärfe wird zwar weitgehend wiederhergestellt, aber Farb- und Kontrastempfinden erholen sich meist nicht ganz.
Zur Anamnese gehört unbedingt die Frage nach neurologischen Symptomen in der Vergangenheit. Auch sollten Kollegen jetzt schon klären, ob Kontraindikationen gegen Glukokortikosteroide vorliegen.
Zur augenärztlichen Erstuntersuchung gehören:
- Sehschärfe mit entsprechender Korrektur vorhandener Refraktionsfehler prüfen
- relativen afferenten Pupillendefekt testen
- Perimetrie
- Spaltlampenuntersuchung der vorderen und mittleren Augenabschnitte
- Spiegeln des zentralen Augenhintergrunds
Morphologische Veränderungen der Sehnervpapille finden sich bei der typischen Optikusneuritis selten, wenn doch, handelt es sich höchstens um eine leichte Schwellung.
Ist die Diagnose eindeutig und eine Multiple Sklerose bisher nicht bekannt, beginnt die Suche nach MS-typischen Läsionen mittels kraniellem MRT – möglichst mit Kontrastmittel. Auch die Optikusneuritis selbst lässt sich mit dieser Bildgebung oft gut darstellen. Nach sechs Monaten sollte eine MRT-Verlaufskontrolle erfolgen. Die Liquoranalyse kann bei einer ersten typischen Optikusneuritis die Diagnose einer MS erhärten.
Eine kurze, hoch dosierte Therapie mit Glukokortikosteroiden beschleunigt potenziell das Abklingen der Optikusneuritis, wirkt sich aber nicht auf das funktionelle Endergebnis aus, betonen die Experten. Sie empfehlen 500–1000 mg Methylprednisolon i.v. oder oral täglich über drei bis fünf Tage. Zumindest die erste Gabe sollte stationär erfolgen.
Bei entsprechender gastrointestinaler Risikokonstellation können Kollegen die begleitende Gabe eines Magenschutzes, z.B. PPI, erwägen. Blutzucker, Elektrolyte, Nieren- und Leberwerte gilt es während der Hochdosis-Steroidtherapie zu kontrollieren. Diese lässt sich ohne das übliche Ausschleichen beenden. So erhöhte die Dosis von 1 mg/kgKG in einer Studie die Rezidivrate.
MS-Therapeutika schützen auch den Sehnerv
Aufgrund der kurzzeitigen Gabe ist außerdem keine Osteoporoseprophylaxe notwendig. Für i.v. Immunglobuline fehlt es an Evidenz, sodass man davon absehen sollte, heißt es in der Leitlinie. Die in den letzten Jahren eingeführten MS-Basistherapeutika verringern nicht nur die Schubrate, sondern schützen auch vor langfristigen Schäden am Sehnerv. Zu einer augenärztlichen Kontrolluntersuchung raten die Autoren spätestens 14 Tage nach der Erstkonsultation.
Da steckt doch was anderes dahinter
- Alter unter 18 oder über 50 Jahren
- kein Augenbewegungsschmerz
- simultanes beidseitiges Auftreten
- Papille mit starker Schwellung, harten Exsudaten, Randblutungen, cotton wool spots oder initialer Atrophie
- keine Besserung innerhalb von vier Wochen
- frühes Rezidiv an demselben oder dem anderen Auge
Quelle: S2e-Leitlinie Optikusneuritis, www.awmf.org, AWMF-Registernr.: 045-010
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