Palliativmedizin kann Herzinsuffiziente stärken

Dr. Michael Brendler

Bei einem Tumorkranken kann man unter solchen Umständen bereits an Palliativmedizin denken, warum nicht auch bei einem Herzinsuffizienzpatienten? Bei einem Tumorkranken kann man unter solchen Umständen bereits an Palliativmedizin denken, warum nicht auch bei einem Herzinsuffizienzpatienten? © Fotolia/Photographee.eu

Trotz der Fortschritte der Herzinsuffizienztherapie haben die meisten Patienten eine schlechte Prognose und leiden zudem schwer unter den Symptomen. Eine frühzeitige palliativmedizinische Betreuung kann Befinden und Lebensqualität verbessern.

Die Herzinsuffizienz ist auch heute noch eine Krankheit, bei der man dem Patienten langfristig wenig Mut machen kann. Die meisten erleben zwar nach Beginn der Therapie eine kurze Stabilisierung, anschließend geht es in der Regel jedoch trotz aller medizinischen Fortschritte kontinuierlich bergab.

Spätestens in den fortgeschritteneren Stadien leiden die meis­ten Betroffenen unter deutlichen Symptomen: Über Atembeschwerden und Energiemangel klagt beispielsweise mehr als die Hälfte der Kranken im NYHA-Stadium III und IV. Dazu kommen oft Schmerzen, Appetitverlust sowie psychologische Probleme wie Depressionen. Und: Nur 60–80 % der Betroffenen sind ein Jahr nach einer Krankenhauseinweisung noch am Leben.

Fortgeschrittene Herzschwäche wie Tumorleiden angehen

Bei einem Tumorkranken kann man unter solchen Umständen bereits an Palliativmedizin denken, warum nicht auch bei einem Herzinsuffizienzpatienten?, fragen sich die Pflegewissenschaftlerin Dr. Jillian Riley vom National Heart and Lung Institute des Imperial College in London und Dr. James M. Beattie vom Heart of England NHS Foundation Trust in Birmingham. „Die Notwendigkeit, palliativmedizinische Maßnahmen hier in die Versorgung zu integrieren, liegt auf der Hand“, schreiben die Experten. Sie stehen mit dieser Meinung nicht alleine: Auch die entsprechenden Leitlinien der American Heart Association empfehlen den Einsatz von Palliativmedizinern bei symptomatischen Herzinsuffizienzpatienten, abhängig vom zu erwartenden Benefit.

Erste Belege für den Erfolg einer solchen Strategie liefern schwedische Mediziner in der sogenannten PREFER-Studie. Sie teilten 72 Patienten mit fortgeschrittener Herzschwäche randomisiert zwei Gruppen zu. Die eine wurde gemäß herkömmlichen Therapieplänen behandelt, die andere zusätzlich von palliativmedizinischen und Herzinsuffizienzspezialisten betreut.

Soziale Bedürfnisse gehören zum erweiterten Konzept

Zum erweiterten Behandlungskonzept gehörten Patientenschulungen und regelmäßige Erhebungen der körperlichen, psychologischen und sozialen Bedürfnisse. Das Ergebnis: Die Zahl der Krankenhaustage wurde dadurch signifikant reduziert. Zudem berichteten die Betroffenen über eine bessere Lebensqualität.

Abschalten des ICD wird selten angesprochen

In der Praxis, beklagen die Autoren, hätten sich solche Erfolge allerdings noch nicht ausreichend herumgesprochen. In Großbritannien bekommen beispielsweise nur 4 % der Patienten einen Palliativmediziner zu sehen. Auch in anderer Hinsicht mahnen die Experten, der kritischen Prognose früher ins Auge zu sehen. So nimmt die Zahl der implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) bei Herzinsuffizienten rasant zu. Nur selten werde aber vorher mit ihnen und der Familie über das spätere Abschalten des Gerätes gesprochen. Löst der Defibrillator dann jedoch in der Sterbephase aus, bereitet das Angehörigen und Betroffenen große Probleme. Angesprochen werde das Thema Abschaltung aber meist erst kurz vor dem Tod – wenn überhaupt.

Riley J, Beattie JM. ESC Heart Failure 2017; 4: 81-87

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