
Wie sich Nausea und Erbrechen bei Palliativpatienten lindern lassen

Die 71-jährige Patientin mit metastasiertem Melanom und schon länger bestehender Polymyositis leidet vor allem an Übelkeit und Inappetenz, seltener Erbrechen. Sie nimmt eine Vielzahl an Medikamenten ein, die möglicherweise an den Beschwerden nicht unbeteiligt sind. Dr. Jürgen Herbers, Allgemeinarzt in Pleidelsheim, prüfte die einzelnen Wirkstoffe auf Verzichtbarkeit.
Die spezifische Melanomtherapie (Trametinib, Dabrafenib) darf man nicht absetzen, so der Kollege, sonst würde die Patientin befürchten, der Tod stehe schon vor der Tür. Er beendet dagegen die antirheumatische Behandlung mit Methotrexat. Die Prednisolondosis erhöht er von 5 auf 10 mg/Tag wegen ihrer antiemetischen Wirkung.
Das stark sedierende Haloperidol wird durch das weniger müde machende Levomepromazin (3 x 5 Tropfen) ersetzt. Dabei lauert eine Dosierungsfalle: Beim Originalpräparat Neurocil® entspricht 1 Tropfen 1 mg Wirkstoff, bei den Generika enthält 1 Tropfen 2 mg Wirkstoff.
Oft kommt man nur mit Ausprobieren ans Ziel
Eine zufriedenstellende Symptomlinderung erreicht der Kollege allerdings erst mit einem weiteren Schritt. Er setzt Metoclopramid ab, verdoppelt die Prednisolondosis auf zweimal täglich 10 mg und verordnet zusätzlich den 5-HT3-Hemmer Ondansetron (4 mg) als Schmelztablette bei Bedarf. Kein ungewöhnlicher Fall in der Palliativmedizin, oft kommt man nur mit Ausprobieren ans Ziel. Allerdings sollte man nicht zu lange warten. Wenn sich in ein bis zwei Tagen keine Besserung einstellt, empfiehlt der in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung engagierte Kollege, die Medikation zu wechseln.
Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Palliativmedizin rät Dr. Herbers bei Übelkeit und Erbrechen zu einem ursachenorientierten Vorgehen. Geht die Störung vom Vestibularorgan aus, werden Antihistaminika wie Dimenhydrinat als Suppositorium (1–2 x 150 mg) empfohlen. Bei Hirndruck ist Dexamethason (z.B. 4–16 mg) Mittel der Wahl. Dominieren eher psychische Faktoren, setzt man auf Levomepromazin, das sich mit 3–5 mg langsam eindosieren lässt. Alternativ kommt Lorazepam infrage (z.B. 1 mg), das in Plättchenform besonders schnell wirkt, oder Midazolam Nasenspray.
Wenn erhöhte Kalziumspiegel (Knochenmetastasen) die Übelkeit verursachen, lindert eventuell ein Bisphosphonat die Beschwerden. Triggern Medikamente, Stoffwechselstörungen (z.B. Urämie) oder eine Radiatio die Nausea, kann Haloperidol (3 x 5 Tropfen) helfen oder Ondansetron (2 x 4 mg) bzw. Dexamethason (4 mg).
Bei gestörter Magenentleerung oder Ileus lindern potenziell antisekretorisch wirkende Medikamente und Dopaminantagonisten die Symptome. Beispielhaft nannte Dr. Herbers Butylscopolamin (60 mg), Glycopyrroniumbromid (2 x 0,2 mg, off label) oder Metoclopramid (3 x 10 mg). Falls dies nicht genügt, kann man auch die propulsive Wirkung von Erythromycin nutzen. Kombinationen haben sich ebenfalls bewährt, z.B. Levomepromazin mit Ondansetron oder Dexamethason. Letzteres steigert den Appetit und führt dazu, dass sich die Patienten besser fühlen. Auch eine Dreierkombination ist möglich. Das Duo von Metoclopramid und Dimenhydrinat sollte man dagegen meiden, da beide Substanzen sich in ihrer Wirkung gegenseitig behindern.
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