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Palliativversorgung ist für alle da!

Laut Statistischem Bundesamt starb im Jahr 2015 jeder Vierte an Krebs, 39 % aber an Krankheiten des Kreislaufsystems und 7 % an solchen der Atemwege. In der palliativmedizinischen Versorgung spiegelt sich das aber nicht wider. Es gibt viele Gründe, warum Patienten mit einer anderen lebensbedrohlichen Erkrankung als einem Tumorleiden kaum palliativmedizinisch betreut werden, erklärte Professor Dr. Claudia Bausewein von der Klinik für Palliativmedizin der LMU München:
- Patienten assoziieren Palliativmedizin ausschließlich mit Krebs.
- Bei nicht onkologischen Erkrankungen zögern Ärzte und Pflegekräfte stärker, eine mögliche Palliativversorgung mit dem Patienten zu besprechen.
- Die Prognose ist oft schwieriger einzuschätzen. Die Krankheitsverläufe sind länger und gehen mit einer kontinuierlichen Verschlechterung oder – z.B. bei der COPD – mit Exazerbationen einher. Vorherzusagen, in welcher Exazerbation der Patient sterben wird, ist schlecht möglich.
- Gesundheitswesen und Kostenträger sind häufig noch nicht bereit für die Öffnung der palliativen Versorgung für alle lebensbedrohlich erkrankten Patienten.
Das Leiden zählt, nicht die Erkrankung
Gerade bei der fortgeschrittenen COPD stehen die Krankheits- und Symptomlast, die Belastung der ganzen Familie und die positiven Effekte einer palliativmedizinischen Versorgung denen bei einer Krebserkrankung in nichts nach. Doch noch immer sterben die betroffenen Patienten im Akutkrankenhaus – insbesondere wenn weitere Erkrankungen hinzukommen. „Fast alle Patienten mit weit fortgeschrittener COPD sind multimorbid“, betonte Prof. Bausewein.
Neue Abrechnungsziffer für palliativmedizinische Versorgung
- Symptomkontrolle (medizinische Versorgung),
- Entscheidungsfindung (für Situationen mit eingeschränkter Entscheidungsfähigkeit),
- Netzwerkorganisation (wer aus dem Umfeld kann wann wie unterstützen?),
- Support (Unterstützung der Angehörigen).
Ob bei schwer kranken Patienten mit COPD oder multimorbiden alten Menschen am Lebensende – derzeit sei es schwer, Genehmigungen für eine spezialisierte ambulante palliative Versorgung (SAPV) bei den Kostenträgern zu erhalten. Kostenträger und Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) hätten noch nicht verstanden, dass sich die palliative Versorgung und ihre Konzepte weiterentwickelt haben. Dafür spricht auch, dass die SAPV auf die Sterbephase reduziert wird und nicht früher ansetzt.
Kollege nimmt die Rolle des Vorkämpfers an
Dr. Christoph Gerhard, Arzt für Palliativmedizin und Vorsitzender des Ethikkomitees des Katholischen Klinikums Oberhausen, setzt auf Hartnäckigkeit gegenüber Krankenkassen und MDK: „Ich mache mir ein Hobby daraus, Anträge zu stellen und Widersprüche einzulegen, wenn aufgrund der Symptomlast und des psychosozialen Versorgungsbedarfs bei multimorbiden Patienten eine palliative Versorgung notwendig ist. Wir sind da in einer Vorkämpferrolle!“Die allgemeine palliative Versorgung ist aber keineswegs nur ein Thema für Spezialisten, betonte Prof. Bausewein. „Sie ist eine Aufgabe aller!“ Deshalb plädierte sie für eine engere Kooperation beispielsweise mit Hausärztenetzen und kassenärztlichen Vereinigungen. Sie schätzt, dass bei einem breiteren Angebot allgemeiner palliativer Versorgungsmöglichkeiten nur 10–20 % der Patienten tatsächlich einen Spezialisten brauchen.
Quelle: 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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