Patienten über Pro und Kontra von Kontrastmittel-MRT aufklären

Stefanie Menzel

Gadoliniumhaltige Kontrastmittel zählen zu den sog. Weißmachern, die eine signalreichere Darstellung von Strukturen ermöglichen. Gadoliniumhaltige Kontrastmittel zählen zu den sog. Weißmachern, die eine signalreichere Darstellung von Strukturen ermöglichen. © Science Photo Library/Zephyr

Schon seit Jahren steht der Verdacht im Raum, dass Gadoliniumverbindungen sich im Körper anreichern und eventuell gesundheitliche Schäden hervorrufen. Einige Präparate wurden vorsichtshalber bereits vom Markt genommen. Auch wenn vieles noch unklar ist, mehren sich die Anzeichen, dass an den Befürchtungen etwas dran sein könnte.

An deutschen Krankenhäusern werden immer weniger MRT-Untersuchungen durchgeführt, 2019 waren es ca. zwei Millionen, rund 40 % davon mit Kontrastmittel. Dafür hat sich die Zahl ambulanter MRT zwischen 2007 und 2018 auf zehn Millionen verdoppelt. Wie viele davon mit Kontrastmittel erfolgen, ist nicht bekannt, schreiben Dr. rer. nat. Tobias­ Lamkemeyer und Kollegen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Nephrogene systemische Fibrose seltener geworden

Allgemein gelten gadolinium­haltige Kontrastmittel als gut verträglich, lösen nur gelegentlich nach der Injektion milde Reaktionen wie Mundtrockenheit, Hitze- und Kältegefühl oder Übelkeit aus, Überempfindlichkeitsreaktionen sind sehr selten. Hat das Kontrastmittel seine Aufgabe erfüllt, wird es im Idealfall rasch über die Nieren wieder ausgeschieden. So weit die Theorie.

Allerdings hatte man bereits 2006 einen Zusammenhang zwischen Gd-Kontrastmitteln und nephrogener systemischer Fibrose entdeckt. Dieses seltene Krankheitsbild betrifft insbesondere Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion, Dialysepflicht oder Spender­leber. Dabei kommt es zur pathologischen Vermehrung des Bindegewebes von Haut, Gelenken und inneren Organen. Dank risikominimierender Maßnahmen sind die Fallzahlen seit 2010 stark rückläufig.

Rote Plaques an Händen und Beinen

Eine zweite bekannnte Nebenwirkung sind gadoliniumassoziierte Hautplaques – auch bei Nierengesunden. Die Betroffenen entwickeln gerötete kreisförmige Plaques an Händen und Beinen, die jucken oder brennen können und histologisch typisch sklerotische Körperchen aufweisen.

Im Kontrastmittel ist das Gadolinium an Chelatoren gebunden, da es in freier Form toxisch wirkt. Je nach Aufbau der Trägermoleküle unterscheidet man die Kontrastmittel in linear und makrozyklisch. Potenziell toxische Wirkungen beruhen vermutlich darauf, dass das Kontrastmittel länger im Körper bleibt als gedacht, sich dann Gd-Ionen herauslösen und im Gewebe ablagern können. Eine solche Dissoziation ließ sich für die linearen Agenzien klar nachweisen, bei makrozyklischen Kontrastmitteln dagegen nicht, weshalb sie als stabiler gelten.

Gadolinium nicht ausleiten!

Die Autoren warnen eindringlich vor Verfahren zur Ausleitung vermeintlicher Gadoliniumablagerungen. Hierfür gebe es weder zugelassene Substanzen noch einen evidenzbasierten Beleg, dass der Nutzen das Risiko überwiegt.

Für Wirbel sorgten 2014 Berichte über Gd-Ablagerungen im Gehirn mit erhöhter Signalintensität auf MRT-Bildern in diesen Bereichen. Die Befunde standen in keinem Zusammenhang mit der Nierenfunktion. Europäische Aufsichtsbehörden nahmen das zum Anlass, das Nutzen-Risiko-Profil der Agenzien neu zu bewerten. Seit 2017 dürfen nun die linearen Kontrastmittel Gadodiamid, Gadopentetsäure und Gadoversetamid gar nicht mehr verwendet werden, Gadobensäure nur noch für die Leberbild­gebung. Makrozyklische Verbindungen kommen weiterhin zum Einsatz, mit der klaren Empfehlung, sie möglichst niedrig zu dosieren und darauf zu verzichten, wenn es auch ohne Kontrastmittel geht. Ob die Ablagerungen überhaupt klinische Bedeutung haben, lässt sich nicht sicher sagen. In den Medien gibt es zuhauf Symptomschilderungen von vermeintlich Betroffenen. Ob hinter unspezifischen Schmerzen an Rumpf, Armen, Beinen oder in den Knochen sowie trüber Stimmung oder Hautverfärbungen tatsächlich das postulierte Krankheitsbild „gadolinium deposition disease“ steckt, wird noch diskutiert. Studienergebnisse haben die klinische Relevanz von Ablagerungen im Gehirn oder anderswo bislang nicht eindeutig klären können. Als gesichert gilt zumindest, dass Gd-Kontrastmittel keinen Parkinsonismus begünstigen und eine Multiple Sklerose nicht verschlechtern, so die Autoren.

Tierversuche ergeben erhöhte Schmerzempfindlichkeit

Aktuelle tierexperimentelle Daten lassen aber aufhorchen. An Mäusen reduzierte die Gabe von Gd-Kontrastmittel – insbesondere linearer Substanzen – nachweislich die intraepidermale Nervenfaserdichte. Bei Ratten stieg die Schmerzempfindlichkeit an den Pfoten gegenüber thermischen und mechanischen Reizen nach Gabe von Gadodiamid, nicht aber nach Gadotersäure. In einer anderen Studie zeigten Ratten nach Applikation von Gadodiamid transient und reversibel eine verzögerte Reaktion auf ein akustisches Signal.

Vom Arzt vorab eine Einwilligung einholen

Um die Zusammenhänge besser zu klären, halten die Autoren präklinische Experimente und klinische Studien, z.B. mit Haut-/Organbiopsien und der Messung von Laborwerten, sowie epidemiologische Studien für sinnvoll. Außerdem wären Symptommeldungen über ein Berichtssystem wie die Datenbank der EudraVigilance wünschenswert. Betroffene oder Ärzte können auf diesem Weg strukturierte relevante Informationen hinterlegen, z.B. zu Anlass und genauer Durchführung der MRT, Begleit­medikation, Laborbefunden und Befunden in der Bildgebung. Vorsichtshalber hat das BfArM aber den Zeitraum zur Vorlage von Sicherheitsberichten verkürzt, die Inhaber der Zulassungen müssen sie Ende dieses Jahres liefern. Bis dahin empfehlen die Experten, Patienten objektiv über den Nutzen und die Risiken aufzuklären und vom behandelnden Arzt vorab eine Einwilligung einzuholen.

Quelle: Lamkemeyer T et al. Bulletin zur Arzneimittel­sicherheit 2021; 2: 4-12

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Gadoliniumhaltige Kontrastmittel zählen zu den sog. Weißmachern, die eine signalreichere Darstellung von Strukturen ermöglichen. Gadoliniumhaltige Kontrastmittel zählen zu den sog. Weißmachern, die eine signalreichere Darstellung von Strukturen ermöglichen. © Science Photo Library/Zephyr