Pille oder Messer? Optionen bei Refluxkrankheit aus zwei Blickwinkeln

Dr. Andrea Wülker

Fundoplicatio und Hiatoplastik beseitigen den Reflux. Fundoplicatio und Hiatoplastik beseitigen den Reflux. © fotolia/chajamp

Noch immer umstritten: Wie lange ist die PPI-Gabe sicher und sinnvoll und ab wann sollte eine Fundoplicatio zum Einsatz kommen? Ein Gastroenterologe und ein Chirurg erläutern ihren Standpunkt.

Sicht des Gastroenterologen

Das wichtigste Standbein der komplexen Behandlung der Refluxösophagitis sind Medikamente, so Professor Dr. Joachim Mössner von der Klinik und Poliklinik für Gastroenterolgie und Rheumatologie der Universitätsklinik Leipzig.

Dabei soll die konservative Therapie nicht nur die Beschwerden beseitigen und die Ösophagitis abheilen lassen, sondern auch etwaige extraösophageale Symptome eliminieren und Komplikationen wie Stenosen, Blutungen oder Barrett-Ösophagus und das damit verbundene Adenokarzinom möglichst verhindern. Unklar bleibt jedoch, ob eine laparoskopische Fundoplicatio oder eine langfristige Gabe des Magensäurehemmers das Krebsrisiko tatsächlich senkt.

Zwar werden PPI noch sehr häufig verordnet. Aber: „Zurzeit erleben wir einen richtigen Anti-Hype, der auch durch die Laienpresse geht“, betonte der Referent und mahnte dazu, sich mit den möglichen Nebenwirkungen und Arzneimittelinteraktionen dieser Substanzklasse eingehend zu befassen. So kann sich bei Leberzirrhotikern eine hepatische Enzephalopathie unter PPI verschlechtern. Bei Rauchern besteht ein erhöhtes Risiko für osteoporotische Frakturen und für alle Patienten möglicherweise eine höhere Wahrscheinlichkeit für bestimmte Infektionen und die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms.

Die meisten sind mit ihren PPI sehr zufrieden

Dennoch gibt es zahlreiche Indikationen zur PPI-Therapie bei Refluxkrankheit und refluxassoziierten Erkrankungen, wobei sich immer wieder die Frage stellt, wie lange die Medikation eigentlich zum Einsatz kommen sollte. Eine Studie mit verschiedenen Magensäureinhibitoren ergab, dass unter einer Omeprazol-Standarddosis nach sechs bis zwölf Monaten rund 80 % der Patienten in Remission sind. „Nur im Stadium 0 der Refluxkrankheit sollten wir eine Bedarfs-, in allen höhergradigen Stadien eine Dauertherapie durchführen,“ sagte Prof. Mössner.

Besteht eine ausgeprägte Stenose aufgrund einer Refluxösophagitis, erfolgt eine Bougierung und im Anschluss eine fortgesetzte hoch dosierte Gabe des Magensäurehemmers. Ob Patienten im GERD-Stadium IV (Barrett-Ösophagus ohne Dysplasie) von einer Dauertherapie oder von einer laparoskopischen Fundoplicatio profitieren, bleibt offen.

Wann operieren?

Absolute Indikationen
  • Massenreflux mit großer Hiatushernie
  • große, symptomatische Hiatushernie
  • Upside-down-Magen
Relative Indikationen
  • Nebenwirkungen der PPI
  • schlechte Compliance/Ablehnung der medikamentösen Therapie
  • Symptome trotz Medikation

Bei Barrett-Ösophagus mit Dysplasie scheint die Radiofrequenzablation erfolgreich zu sein. Eine Studie ergab, dass diese Behandlung in einem hohen Prozentsatz der Fälle die Dysplasie eradiziert. Welches Verfahren ist nun für GERD-Patienten effektiver: eine PPI-Langzeittherapie oder eine laparoskopische Fundoplicatio? Um dies endgültig zu klären, müsste man hochwertige randomisierte Studien durchführen, aber diesbezüglich gab sich Prof. Mössner skeptisch: „Meiner Erfahrung nach sind die meisten Patienten mit PPI sehr zufrieden. Und beschwerdefreie, zufriedene Patienten lassen sich nicht randomisieren.“ Dennoch mahnte der Kollege seine Zuhörer, das Medikament kritischer einzusetzen und sich mit unerwünschten Wirkungen und Interaktionen zu befassen. Sicht des Chirurgen Professor Dr. Dr. Thomas Carus, Chirurgie, Gefäßchirurgie, spezielle Visceralchirurgie, Viszeralchirurgie, Asklepios Westklinikum Hamburg, beleuchtete die Therapie der Refluxkrankheit aus chirurgischer Sicht. „Die minimalinvasiven Therapiemöglichkeiten sind heute vielfältiger, die Operation besser“, betonte er.

Dabei gehe es in vielen Fällen nicht nur um die Wiederherstellung der Ventilfunktion mittels Fundoplicatio, sondern auch um die operative Versorgung der oft gleichzeitig vorliegenden Hiatushernie (Hiatoplas­tik). Beides zusammen beseitigt den Reflux. Doch wies Prof. Carus auch auf die Operationsrisiken hin, nämlich auf Rezidivhernien nach Hiatoplastik, die einen erneuten Eingriff erfordern können.

Unerfahrene Kollegen strapazieren die Nerven

Gestaltet der Chirurg bei der Fundoplicatio die „Manschette“ zu eng, klagt der Patient über persistierende Schluckstörungen; ist sie zu weit, bleibt der Reflux bestehen. Verletzungen des N. vagus mit Magenentleerungsstörungen sowie der Ösophaguswand oder von Gefäßen sind weitere mögliche Komplikationen der OP. Insgesamt erachtet der Referent die Fundoplicatio jedoch als sichere und effiziente Therapieoption – sofern ein erfahrener Chirurg sie durchführt.

Quelle: Kongressbericht Viszeralmedizin 2017 

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Fundoplicatio und Hiatoplastik beseitigen den Reflux. Fundoplicatio und Hiatoplastik beseitigen den Reflux. © fotolia/chajamp