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Rätselhaftes Ulkus

Pyoderma bedeutet eigentlich eitrige Haut, was in die Irre führt, denn es handelt sich nicht um eine infektiöse Erkrankung. Stattdessen wird eine Fehlfunktion neutrophiler Granulozyten vermutet, die mit einer vermehrten Freisetzung von TNF-a einhergeht. Warum es zu der Fehlfunktion kommt, ist aber nach wie vor unbekannt, schreiben Dr. Katrin John vom Universitätsklinikum Halle an der Saale und Kollegen.
Die progredient verlaufende und mit Ulzera und Nekrosen einhergehende Hauterkrankung manifestiert sich überwiegend im Erwachsenenalter. Kennzeichnend ist das Pathergiephänomen: Bereits ein Bagatelltrauma – eine kleine Verletzung, eine Injektion bzw. Punktion oder ein Insektenstich – kann die Bildung einzelner oder multipler steriler Pusteln auslösen, aus denen sich später schmerzhafte Geschwüre entwickeln.
Differenzialdiagnostisch muss man an Wundinfekte und Heilungsstörungen denken, die sich mit einem ähnlichen Bild präsentieren, aber wesentlich häufiger auftreten. Auch venös und arteriell bedingte Geschwüre kommen als Ursache in Betracht. Deshalb vergehen bis zur richtigen Einordnung oft Wochen oder Monate.
Viele Betroffene leiden unter Systemerkrankungen
Keime lösen die sich zentrifugal ausbreitenden Geschwüre zwar nicht aus, können aber den Befund verschlechtern. Deshalb sind vor allem unter einer Immunsuppression eventuell Antibiotika indiziert. Charakteristisch für das Pyoderma-Ulkus: die dunkelrot-lividen und unterminierten Ränder, der Wundgrund wirkt „matschig“. Etwa 50–70 % der Patienten weisen zusätzlich Systemerkrankungen auf.
Für die Diagnose sind Klinik und Verlauf entscheidend, spezifische histologische Befunde existieren nicht. Biopsien – am besten geeignet: Spindelbiopsie vom Ulkusrand – dienen dem Ausschluss von Differenzialdiagnosen. Die zur Chronifizierung neigenden Läsionen entwickeln sich insbesondere an den unteren Extremitäten. Als sicher gilt die Diagnose, wenn mindestens zwei Haupt- und vier Nebenkriterien erfüllt werden. (s. Kasten).
Sicher zur Diagnose
Hauptkriterien:
- primär sterile Pusteln mit Neigung zur Chronifizierung, Ulzera mit lividem unterminiertem Randsaum
- Ausschluss von Differenzialdiagnosen wie Pyodermien, Ulzerationen durch arterielle oder venöse Gefäßerkrankungen etc.
Nebenkriterien:
- mit einem Pyoderma gangraenosum vereinbare Histologie (Biopsie aus dem Rand der Ulzeration)
- assoziierte Grunderkrankung (z.B. M. Crohn, Colitis ulcerosa, Arthritiden, Paraproteinämien, hämatologische Störungen)
- Pathergiephänomen
- Effekt einer immunsuppressiven Therapie
Zur Prophylaxe der Dermatose wird empfohlen, bei Operationskandidaten gezielt zu eruieren, ob sie an einer relevanten Grunderkrankung leiden oder bereits ein Pyoderma gangraenosum hatten. Typisch für die überstandene Dermatose sind flächige, atrophe Narben, die wie gestrickt wirken. Da diese Residuen kosmetisch und funktionell sehr stören können, kommt der Prävention eine große Bedeutung zu.
Bereits zwei bis drei Tage vor dem Eingriff erhält der Patient am besten eine orale Immunsuppression, z.B. mit Methylprednisolon 1 mg/kgKG. Intraoperativ sollte man möglichst atraumatisch agieren, vor allem beim Wundverschluss. Auch postoperativ empfehlen die Autoren eine frühe Immunsuppression.
Wenn sich bereits ein Ulkus gebildet hat, ist ein entsprechendes Vorgehen ebenfalls indiziert. Als Mittel der Wahl gelten Glukokortikoide, z.B. Methylprednisolon in einer Tagesdosis von 0,5–1 mg/kgKG. Alternativ kommen Ciclosporin (5 mg/kgKG), Azathioprin oder Mycophenolatmofetil in Betracht.
Lokaltherapie früh mit Steroiden beginnen
Nach zwei Tagen sollte die Behandlung einen Effekt zeigen. Bleibt dieser aus, können eventuell Biologika oder andere Immunmodulatoren weiterhelfen. Lokaltherapeutisch setzt man auf potente Steroide. Die Erfolgschancen liegen umso höher, je früher begonnen wird und je kleiner das Ulkus ist. Gleichzeitig darf man die analgetische Behandlung des Patienten nicht vernachlässigen.
Wunddébridement kann Heilung beschleunigen
Gibt es eine assoziierte Grunderkrankung, nimmt die adäquate Behandlung auf die Ulkus-Heilung großen Einfluss – bis hin zur vollständigen Remission. Haben sich bereits stark nekrotische Beläge gebildet, kann ein vorsichtiges Wunddébridement die Abheilung beschleunigen. Eine chirurgische Defektdeckung kommt nur in Betracht, wenn die Erkrankung unter einer adäquaten Immunsuppression nicht mehr aktiv ist.
Quelle: John K, John E, Lange D, Friedling F, Meyer F, Stadle V. „Differenzialdiagnostische Fallstricke aus der klinischen Dermatologie“, Akt Dermatol 2022; 48: 40-51; DOI: 10.1055/a-1460-0074 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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