Retardiertes Morphin bei COPD sinnlos

Dr. Dorothea Ranft

Die Gabe von Morphin bei COPD-Patient:innen kann offensichtlich nicht dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern. Die Gabe von Morphin bei COPD-Patient:innen kann offensichtlich nicht dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern. © SewcreamStudio – stock.adobe.com

Viele Patienten mit COPD leiden trotz optimierter Therapie an einer chronischen Atemnot, die auch in Ruhe oder bei leichter Belastung persistiert. Dadurch kommt ein Teufelskreis aus verminderter Aktivität und physischer und kardialer Dekonditionierung in Gang.

Wissenschaftler untersuchten nun in einer Doppelblindstudie, ob die regelmäßige Einnahme von niedrig dosiertem retardiertem Morphin die Beschwerden lindern kann. 

Teilnehmer waren 156 schwer betroffene COPD-Patienten aus 20 australischen Lungenzentren. Sie wurden vor der ersten Studienwoche auf orales Morphin in zwei verschiedenen Dosen (8 bzw. 16 mg/d) oder Placebo randomisiert. Jeweils zu Beginn der zweiten und dritten Woche erhielten sie entweder zusätzlich 8 mg/d Morphin oder ein Scheinmedikament, schreiben Dr. ­Magnus ­Ekström von der Universität Lund und Kollegen. 

Primärer Endpunkt war eine Intensitätsveränderung der als am stärk­sten erlebten Dyspnoe, gemessen auf einer Skala von 0 bis 10. Nach der ersten Woche zeigte sich kein Unterschied zwischen Morphin und Placebo. Auch die tägliche Schrittzahl nach drei Wochen hatte sich nicht erhöht. Ein Opioideffekt ließ sich nach Einschätzung der Autoren somit nicht feststellen. 

Der Kommentator Dr. ­Richard ­Schwartzstein vom Beth Deaconess Medical Center Boston verweist auf Schwachstellen der Untersuchung. So befand sich die schwerste Atemnot im mittleren Bereich der Ratingskala. Die Patienten hatten sich also nicht maximal ausbelastet. Außerdem eignet sich seiner Meinung nach die Schrittzahl nicht als Maß für die Bewegungsintensität. Ein Patient, der beim Treppensteigen zwei Pausen einlegt, strengt sich weniger an als ein Leidensgenosse, der ohne Stopp das nächste Stockwerk erklimmt. Zudem wurde kein direkter Belastungstest (z.B. Lauf­bandergometrie) durchgeführt. 

Darüber hinaus verweist Dr. Schwartzstein auf diverse Studien, die gezeigt haben, dass eine pulmonale Rehabilitation Belastbarkeit und Dyspnoe verbessert, ohne die Lungenfunktion zu steigern. Das könnte daran liegen, dass Patienten oft ihre Aktivität aus Furcht vor Symptomen einschränken, bis es schließlich zur kardiovaskulären Dekonditio­nierung kommt. Dann ist nicht die COPD, sondern die Erschöpfung der limitierende Faktor. Zudem werden im Rahmen der Maßnahme oft nützliche Atemtechniken vermittelt, z.B. die Respiration mit Lippenbremse. Diese Art zu atmen verringert die dynamische Hyperinflation, ein Hauptrisikofaktor für die Dyspnoe bei COPD.

Quelle: 1. Ekström M et al. JAMA 2022; 328: 2022-2032; DOI: 10.1001/jama.2022.20206
2. Schwartzstein RM. JAMA 2022; 328: 2014-2015; DOI: 10.1001/jama.2022.19248

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