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Sprueähnliche Enteropathie unter Olmesartan ist schnell ausgetrieben

Eine 80-jährige Patientin wurde wegen chronischer Durchfälle und krampfartiger Bauchschmerzen, die seit sechs Monaten persistierten, stationär in die Universitätsklinik Leipzig aufgenommen. Inzwischen hatte sie 16 kg abgenommen. Im Labor zeigten sich ein akutes Nierenversagen und eine Hypokaliämie, im EKG ein tachykardes Vorhofflimmern.
Die histologische Untersuchung ergab eine duodenale Zottenatrophie mit lymphozytärer und granulozytärer Infiltration sowie eine subakute unspezifische Kolitis. Seit etwa 2,5 Jahren nahm die Frau regelmäßig Amlodipin, Olmesartan, Indapamid und Hydrochlorothiazid (HCT) ein.
Stuhlfrequenz normalisiert sich binnen weniger Tage
Nachdem Therapieversuche mit Loperamid und Tinctura opii sowie eine glutenfreie Diät erfolglos blieben, stoppten Dr. Karl-Philip Rommel von der Leipziger Universitätsklinik für Kardiologie und seine Kollegen kurzerhand die Dauertherapie mit Olmesartan. Daraufhin normalisierte sich innerhalb von drei Tagen die Stuhlfrequenz. Auch die Bauchschmerzen ließen nach, sodass die Patientin nach weiteren sieben Tagen beschwerdefrei nach Hause entlassen werden konnte. Die antihypertensive Behandlung wurde mit Amlodipin fortgesetzt. In der histologischen Kontrolle drei Monate später war die granulozytäre Infiltration kaum noch nachweisbar und auch die Duodenalzotten hatten sich deutlich erholt.
Über sprueähnliche Durchfälle im Zusammenhang mit der Einnahme des AT1-Antagonisten Olmesartan wurde erstmalig im Jahr 2012 berichtet, zehn Jahre nach Markteinführung. Mittlerweile sind bundesweit zwölf Verdachtsfälle bekannt. Warum es unter Olmesartan nach einer Latenz von zwei bis drei Jahren zu den schweren Diarrhöen kommt, ist noch unklar.
Histologisch lässt sich neben den bereits im Fallbeispiel genannten charakteristischen Veränderungen der Dünndarmschleimhaut in vielen Fällen zusätzlich eine mikroskopische Kolitis oder Gastritis nachweisen. Die Diagnose gilt als sicher, wenn es nach Absetzen des Antihypertensivums zur Remission innerhalb weniger Tage kommt. Wohl existieren einige Berichte auch zu anderen Sartanen wie beispielsweise Irbesartan, Telmisartan, Valsartan, Eprosartan und Losartan. Ein Klasseneffekt scheint aber nicht vorzuliegen.
Die Inzidenz wird womöglich unterschätzt
Die Olmesartanenteropathie ist zwar eine seltene Arzneimittelnebenwirkung. Dennoch wird ihre Inzidenz von den Kollegen womöglich unterschätzt, schreiben die Autoren. Auch die Zahl der Patienten mit subklinischem Krankheitsbild liegt ihrer Ansicht nach deutlich höher als bisher angenommen. Daher ist es im Praxisalltag ratsam, Patienten unter Olmesartan hinsichtlich gastrointestinaler Symptome im Auge zu behalten, um gegebenenfalls zügig reagieren zu können.
Quelle: Rommel KP et al. Der Internist 2018; 59: 961-966
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