Obstipation richtig behandeln

Dr. Elke Ruchalla

Um den Knoten im Darm zu lösen, gibt es verschiedene Herangehensweisen. Um den Knoten im Darm zu lösen, gibt es verschiedene Herangehensweisen. © iStock/Syldavia

Viele Patienten leiden zwar unter Verstopfung, kommen jedoch aus anderen Gründen in die Praxis. Darmbeschwerden schildern sie höchstens in einem Nebensatz. Wer das überhört, verwehrt Betroffenen einfache Abhilfe.

Natürlich schließen Sie bei einer hartnäckigen Verstopfung als erstes schwere Erkrankungen aus, die dazu führen können. Alarmsymptome umfassen Blut im Stuhl, ungewollten Gewichtsverlust, Fieber und/oder Anämie. Stehen nach der körperlichen Untersuchung und Proktoskopie alle Ampeln auf Grün, folgt die Therapie der Obstipation, schreibt der Berliner Gastroenterologe Professor Dr. Stefan­ Müller-Lissner­. Dabei empfiehlt die Fachgesellschaft in ihrer Leitlinie eine Stufentherapie.

1. Stufe: An erster Stelle stehen Allgemeinmaßnahmen. Klären Sie den Patienten auf, dass es so etwas wie eine Mindestfrequenz beim Stuhlgang nicht gibt. Denn oft liegt gar keine Verstopfung vor. Beschreiben Sie zusätzlich die Physiologie: Normalerweise nimmt sich die Darmmotorik nachts eine Auszeit und steigt nach dem Aufstehen und vor allem nach einer Mahlzeit. Empfehlen Sie also, ein Frühstück einzuplanen und danach Zeit für den Gang zur Toilette. Die immer wieder empfohlene vermehrte körperliche Aktivität hält zwar Herz, Gefäße und Lunge in Schuss. Den Darm – dem man oft „Trägheit“ vorwirft – beeindruckt sie hingegen weniger als Therapieform. Obwohl Immobilität eine Obstipation fördert.

2. Stufe: Als nächstes kommt die Ernährung. Ein Flüssigkeitsdefizit gilt es auf 1,5–2 l auszugleichen. Das reicht. Und isst ihr Patient genug Ballaststoffe? Obst und Gemüse sind zwar absolut sinnvoll, als Ballast eignen sie sich aber weniger. Denn die im Darm ansässigen Bakterien spalten sie größtenteils. Damit binden sie kaum noch Wasser und erhöhen das Stuhlvolumen somit nicht. Besser eignen sich schlecht spaltbare Substanzen wie Weizenkleie, die man entweder extra den Mahlzeiten hinzufügt oder die in Vollkornprodukten enthalten ist. Weizenkleie verträgt allerdings nicht jeder. Eine Alternative bieten Flohsamen oder geschrotete Leinsamen.

Trockenpflaume und Milchzucker wirken in größeren Mengen ebenfalls abführend. Lassen Sie Ihre Patienten die Probe aufs Exempel machen – wenn sich durch die umgestellte Ernährung die Stuhlentleerung verbessert, hat sich das Problem erledigt.

Abführmittel erst auf Stufe 3 einsetzen

3. Stufe: Erst jetzt kommen, wenn keine Entleerungsstörung besteht, orale Laxanzien zum Einsatz (s. Tabelle). In erster Linie rät Professor Müller-Lissner zu Macrogol, Bisacodyl oder Natriumpicosulfat. Tritt keine Besserung ein, können Sie das Präparat wechseln, Substanzen kombinieren oder zu Zäpfchen (z.B. mit Glyzerin, Bisacodyl) bzw. Klysmen (z.B. mit Paraffin) übergehen.

Auswahl oral anwendbarer Laxanzien
Gruppe
Beispiele
Anmerkung
Osmotische Laxanzien

Macrogol (hochmolekulares Polyethylen) keine Gasentwicklung
Zucker/Zuckeralkohole (Lactulose, Sorbit) Cave: Gasentwicklung
salinische Laxanzien wie Magnesiumsulfat („Bittersalz“) Vorsicht bei Begleiterkrankungen, bei denen auch eine geringe Resorption der Ionen problematisch ist
ProkinetikaPrucalopridnur im Falle mangelnder Wirkung anderer Substanzen
SekretagogaLinaclotidmeist nicht erstattungsfähig
Kombination aus prokinetisch und prosekretorisch wirkenden Sub­stanzen

Anthrachinone (Senna)ähnlich gut wirksam wie Magnesiumhydroxid
Diphenole (Bisacodyl, Natriumpicosulfat)

Übrigens: So etwas wie eine „Laxanzien-Abhängigkeit“ tritt äußerst selten auf, betont der Fachmann – und die gefürchteten Elektrolytverluste nur, wenn ein Abusus vorliegt.

Einen Sonderfall in der Behandlung stellt die opioid­induzierte Obstipation dar. Sind die Analgetika unverzichtbar, können Sie neben den genannten Medis eine Kombi mit nur peripher wirkenden Opioidantagonisten versuchen. Jedoch sollte keine automatische Gabe gleich bei der Opioidverschreibung erfolgen, betont der Autor. Verfügbar sind:

  • Methyl-Naltrexon, das allerdings s.c. gegeben werden muss,
  • Oxycodon plus Naloxon (Verhältnis 2:1), wobei Naloxon im Darm den Opioideffekt aufhebt, in der Leber abgebaut wird und damit nicht ins ZNS gelangt,
  • Naloxegol, das durch seine Pegylierung die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann.

Quelle: Müller-Lissner S. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 1145-1157; DOI: 10.1055/a-0670-5209

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Um den Knoten im Darm zu lösen, gibt es verschiedene Herangehensweisen. Um den Knoten im Darm zu lösen, gibt es verschiedene Herangehensweisen. © iStock/Syldavia