Steigende Lebenserwartung HIV-Positiver erhöht Prävalenz von Karzinomen

Dr. Dorothea Ranft

Das Risiko für Kaposi-Sarkome ist auch erhöht, wenn das Humane Immundefizienz-Virus gut kontrolliert ist. Das Risiko für Kaposi-Sarkome ist auch erhöht, wenn das Humane Immundefizienz-Virus gut kontrolliert ist. © National Cancer Institute

Aufgrund einer antiretroviralen Therapie sterben die meisten HIV-Infizierten in den Industrieländern nicht mehr an AIDS, sondern an Krebs. Umso wichtiger sind eine konsequente Prophylaxe, Früherkennung und Behandlung.

Vor der Einführung der antiretroviralen Therapie (ART) entwickelte rund ein Drittel der AIDS-Patienten Kaposi-Sarkome oder aggressive B-Zelllymphome. Heute 70 % weniger, schreiben Dr. Robert­ Yarchoan­ und Dr. Thomas­ S. Uldrick­ vom National Cancer Institute in Bethesda in einer Übersichtsarbeit. Gleichzeitig ist die Lebenserwartung der HIV-Kranken erheblich gestiegen, die Zahl der Patienten mit AIDS hat sich deshalb in den USA mehr als verdoppelt. Viele erreichen somit ein Alter, in dem das Krebsrisiko ohnehin erhöht ist.

Entsprechend vielfältig ist das Spektrum der Malignome, mit denen man bei HIV-Infizierten in Abhängigkeit von der CD4+-Zellzahl rechnen muss. Dabei hat die Zahl der nicht AIDS-definierenden Tumoren deutlich zugenommen (s. Kasten). Krebs gilt inzwischen als führende Todesursache bei HIV-Infizierten in den westlichen Industrieländern. Die meisten assoziierten Malignome werden durch onkogene Viren ausgelöst (u.a. EBV, HPV, HBV), die aufgrund der Dysregulation des Immunsystems quasi leichtes Spiel haben. Ein typisches Beispiel ist das Kaposi-Sarkom, das durch ein spezielles Herpesvirus (KSHV, kaposi‘s sarcoma-associated herpesvirus) hervorgerufen wird.

Wichtige HIV-assoziierte Tumoren
AIDS-definierendNon-Hodgkin-Lymphome, Kaposi-Sarkom, invasives Zervixkarzinom
nicht AIDS-definierend Lungenkrebs, Analkarzinom, Hodgkinlymphom, oropharyngeale Karzinome, hepatozelluläres Karzinom, Vulvakrebs, Peniskrebs

Auf Zervix- bzw. Anal­karzinome screenen

Das Kaposi-Sarkom zählt zu den AIDS-definierenden Erkrankungen, das klinische Bild reicht von einzelnen indolenten Hautläsionen bis zu multiplen Organschäden (z.B. Mundhöhle, Gastrointestinaltrakt, Lunge). Das Risiko, ein Sarkom zu entwickeln, steigt mit sinkender CD4+-Zellzahl, ist aber auch bei gut kontrollierter Erkrankung im Vergleich zur Bevölkerung erhöht.

Entscheidend für den Therapie­erfolg ist eine kombinierte antiretrovirale Therapie, in bis zu 80 % der Fälle lässt sich das Tumorwachstum dadurch reduzieren. Nonresponder mit ausgedehnter Erkrankung profitieren ggf. von einer systemischen Therapie (z.B. mit Doxorubicin). Sie sollte so lange fortgesetzt werden, wie der Patient anspricht. Auch wenn sich das Sarkom nicht eradizieren lässt, erreichen viele doch eine langfristige Kontrolle.

Zahlreiche lymphoproliferative Erkrankungen sind ebenfalls mit HIV assoziiert, hier spielt das onkogene EBV eine pathogenetisch wichtige Rolle. Die Anwesenheit des Immunschwäche-Virus steigert zudem das Risiko für ein klassisches Hodgkin-Lymphom, das dann häufig mit B-Symptomen (Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Fieber) und einem ungewöhnlichen Befallsmuster (z.B. nur im Knochen) einhergeht. Die Autoren fordern deshalb, Patienten mit aggressivem B-Zell-Lymphom oder M. Hodgkin routinemäßig auf HIV zu testen. Während vor Einführung der antiretroviralen Therapie nur 20 % der Patienten mit HIV-assoziiertem Lymphom überlebten, schaffen dies inzwischen mehr als 80 %.

Rund die Hälfte der auftretenden Malignome geht in den USA auf das Konto von fünf Erkrankungen: 

  • Lungenkrebs
  • Analkarzinom
  • hepatozelluläres Karzinom
  • Hodgkin-Lymphom
  • oropharyngeale Karzinome

Allerdings erhöht sich auch das Risiko für andere Tumoren, darunter Plattenepithelkarzinome der Haut (v.a. in Afrika auch der Konjunktiven), myelodysplastisches Syndrom und Polycythemia vera. Um die Überlebenszeit zu erhöhten, fordern die Kollegen, nicht AIDS-definierende Tumoren auch bei HIV-Patienten mit der Standardtherapie zu behandeln, ggf. unter Berücksichtigung von Interaktionen mit der ART.

Unter den HPV-assoziierten Malignomen sind zervikale und anale Karzinome am häufigsten. Ein knappes Drittel der malignen Kopf-Hals-Tumoren und die Mehrzahl der Oropharynxkarzinome wird durch humane Papillom­viren ausgelöst. Umso wichtiger ist es, diese Tumoren frühzeitig, möglichst schon im prämalignen Stadium zu erkennen, z.B. durch regelmäßiges Screening auf Zervix- bzw. Analkarzinome samt Vorstufen. Die Möglichkeit zur HPV-Impfung für Mädchen und Jungen sollte genutzt werden, ebenso die Vakzination gegen Hepatitis B als Schutz vor Leberkrebs.

Speichelkontakt beim Sex­ vermeiden

Außerdem raten die Autoren, rauchenden HIV-Patienten wegen des bei ihnen besonders erhöhten Lungenkrebsrisikos den Nikotinverzicht ans Herz zu legen, bei langjähriger Rauchkarriere eventuell auch zu einem pulmonalen Tumor-Screening zu raten. Zur Prophylaxe des Kaposi-Sarkoms wird ein Verzicht auf Sexualpraktiken mit Speichelkontakt empfohlen, denn das auslösende Virus wird weitgehend auf diesem Weg übertragen.

Quelle: Yarchoan R, Uldrick TS. N Engl J Med 2018, 378: 1029-1041

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