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Stress fördert Glaukome, Myopie und Keratoconjunctivitis sicca

Die bleibende Einschränkung des Sehvermögens nach Schädigung von Netzhaut, Sehnerv oder Gehirn führt zu erheblichen Beeinträchtigungen, etwa beim Erkennen von Gesichtern, beim Lesen oder bei der Mobilität. Damit einher geht erheblicher psychischer Stress mit der Gefahr von Depression und sozialer Isolation. Der andauernde seelische Druck wiederum kann z.B. über erhöhte Cortisolspiegel die Sehkraft zusätzlich vermindern.
Ein Team aus Ophthalmologen und Psychologen ist dem Zusammenhang zwischen Psyche und Augenleiden nachgegangen und hat 139 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema ausgewertet. Dass der Augeninnendruck als wichtigster Risikofaktor für ein Glaukom sowohl bei Patienten mit dem Grünem Star als auch bei Gesunden unter Stress ansteigen kann, zeigen demnach gleich mehrere Studien. 33–57 % der Glaukompatienten haben aber ein Normaldruckglaukom ohne erhöhten intraokulären Druck, wie die Autoren um Professor Dr. Bernhard A. Sabel von Institut für Medizinische Psychologie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg schreiben.
Angst vor Erblindung belastet Patienten umso mehr
Ursache sei wohl eine vaskuläre Dysregulation, die zu episodenhafter Minderperfusion von Netzhaut und Sehnerv führt. Auch dabei kommt der Stress ins Spiel: Hormone wie Cortisol sowie proinflammatorische Zytokine und Endothelin-1 beeinflussen den Gefäßtonus und fördern die endotheliale Dysfunktion. Zudem wird durch die adrenerge Stressreaktion das sympathische Nervensystem aktiviert, was die vaskuläre Autoregulation stört. Eine vermehrte IL-6-Freisetzung kann ihren Teil dazu beitragen.
Die Patienten berichten häufig, dass die Sehprobleme in einer besonders belastenden Lebensphase oder kurz danach begonnen hätten. Dieser psychosomatische Aspekt der Augenerkrankungen werde aber von vielen Ophthalmologen ignoriert, kritisieren die Autoren. Um den Druck auf ihre Patienten nicht unnötig zu verstärken, sollten Augenärzte im Patientengespräch behutsam vorgehen, fordern sie. Denn die Angst vor der Erblindung ist für viele Patienten ein hoher Stressfaktor – was auf die Symptomatik zurückschlagen und sie verstärken kann.
Aber auch bei anderen Erkrankungen – etwa bei Myopie oder dem trockenen Auge – kommt der Psyche eine wichtige Rolle zu. So wird unter seelischer Belastung die Aktivität der Tränendrüse vermindert und manche Personen entwickeln unter Druck eine Pseudomyopie durch Spasmen der Ziliarmuskulatur. Diese neue psychosomatische Sichtweise auf die Augenerkrankungen sollte umgehend Eingang in die Praxis finden, schreiben die Autoren. Auch in der Augenheilkunde lohne es sich, verstärkt stressreduzierende Verfahren und Entspannungstechniken einzusetzen – und die Patienten etwas einfühlsamer zu behandeln.
Quelle: Sabel BA et al. EPMA J 2018; 9: 133-160
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