Symptomatische Gallengangsteine entfernen

Dr. Andrea Wülker

Eine Choledocholithiasis lässt sich z.B. mittels ERCP (a) und MRCP (b) nachweisen. a) Konkrement (2) im Ductus hepatocholedochus (DHC, 1). Neben dem DHC ist auch der Ductus Wirsungianus (3) erweitert. b) Erweiterter DHC mit Konkrement (1) Eine Choledocholithiasis lässt sich z.B. mittels ERCP (a) und MRCP (b) nachweisen. a) Konkrement (2) im Ductus hepatocholedochus (DHC, 1). Neben dem DHC ist auch der Ductus Wirsungianus (3) erweitert. b) Erweiterter DHC mit Konkrement (1) © Blasberg T et al. internistische praxis 2023; 66: 428-446 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Etwa 10 bis 15 % der Erwachsenen in Deutschland entwickeln Gallensteine. Diese können nicht nur in der Gallenblase, sondern auch in den intrahepatischen Gallenwegen oder im Ductus hepatocholedochus liegen. Sorgen sie für Beschwerden, muss man handeln. Dafür gibt es verschiedene Verfahren.

Typische Beschwerden bei Choledocholithiasis sind Schmerz­episoden, die mehr als 15 Minuten dauern und vor allem im rechten Oberbauch und im Epigas­trium lokalisiert sind, schreiben Dr. Tobias­ Blasberg­ vom Sana Klinikum Offenbach und Kollegen. Halten die Schmerzen mehr als fünf Stunden an, gilt das als Zeichen, dass Komplikationen drohen. Das können z.B. eine obstruktive Cholestase, eine Cholangitis oder eine biliäre Pankreatitis sein.

Um dem Patienten weitere Schmerzattacken zu ersparen und Komplikationen zu vermeiden, ist es entscheidend, eine Choledocholithiasis frühzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln. Die Diagnose basiert auf Anamnese, Klinik, Labor und Bildgebung. Bei Letzterer steht die Abdomensonografie an erster Stelle, ggf. ergänzt um eine Endosonografie oder Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP).

Endoskopische Papillotomie ist in der Regel erfolgreich

Symptomatische Gallengangsteine sollte man immer behandeln. Standardtherapie der Choledocholithiasis in Deutschland ist die endoskopisch retrograde Cholangio­grafie (ERC) mit endoskopischer Papillotomie (EPT). Dabei wird endoskopisch die Papilla vateri eingeschnitten und erweitert, damit Gallensteine besser passieren und Sekrete abfließen können. Die EPT mit Steinextraktion ist bei 80 bis 90 % der Patienten primär erfolgreich. Alternativ zur EPT kommt eine ERC mit endoskopischer papillärer Ballondilatation (EPBD) infrage. Bei diesem Verfahren wird die Papille mit einem Ballon erweitert. Die EPBD geht mit einem geringeren Blutungsrisiko einher, allerdings kann die Pankreatitisgefahr erhöht sein. Daher ist die alleinige EPBD auf spezielle Patientengruppen begrenzt (Immundefekte, Ko­agulopathie, nicht absetzbarer Gerinnungshemmer).

Nach der Papillotomie oder Ballondilatation wird das Konkrement entweder mit einem speziellen Körbchen-Kathetersystem („Dormia-Körbchen“) oder mit einem aufblasbaren Ballonkatheter aus dem Ductus hepatocholedochus geborgen. Zur Extraktion des Steins öffnet man das Körbchen oberhalb des Steins und zieht es mitsamt dem Konkrement aus dem Gallengang. Der Ballonkatheter funktioniert ähnlich: Zunächst wird der Katheter unter Durchleuchtungskontrolle am Stein vorbeigeschoben, dann mit Luft gefüllt und gemeinsam mit dem Stein aus dem Gallengang manövriert.

Schwierige Fälle erfordern besondere Techniken

Die Körbchen- und die Ballon­methode klappen allerdings nicht bei allen Patienten mit Choledocholithiasis. Bei etwa 10 bis 15 % der Patienten sind zusätzliche Techniken erforderlich, um „schwierige“ Gallengangsteine zu entfernen. In folgenden Fällen kann die Stein­extraktion anspruchsvoll sein:

  • Konkrement > 1,5 cm

  • multiple Steine

  • fassförmiger Stein

  • Lokalisation intrahepatisch oder im Ductus cysticus

  • anatomische Besonderheiten

Liegt eine solche Situation vor, empfehlen die Autoren zunächst die Kombination aus einer limitierten endoskopischen Papillotomie und einer EPBD in einer Sitzung. Falls es damit nicht gelingt, den Stein zu entfernen, wird im nächsten Schritt eine mechanische Lithotripsie mit einem speziellen Drahtkörbchen durchgeführt. Führt auch das nicht zum gewünschten Erfolg, kommt eine extrakorporale Stoßwellenlithotripsie oder eine cholangioskopiegesteuerte Lithotripsie (Laser- oder elektrohydraulische Lithotripsie) zur Zertrümmerung des Steins zum Einsatz.

Mit den beschriebenen Techniken gelingt die transpapilläre Intervention oder Kanülierung in über 90 % der Fälle. Manchmal – beispielsweise nach bariatrischen Operationen – ist es allerdings nicht möglich, die Papille auf dem konventionellen Weg zu erreichen. Dann kann z.B. mithilfe der perkutanen transhepatischen Cholangiografie ein Zugang über die Leber zu den Gallengängen hergestellt werden – was allerdings eine gewisse Expertise voraussetzt. Über den transhepatischen Zugang kann sowohl eine Steinextraktion mittels Körbchen oder Ballonkatheter als auch eine Lithotripsie erfolgen.

Nach erfolgreicher endoskopischer Entfernung von Gallengangsteinen sollte man eine laparoskopische Cholezystektomie durchführen, falls weiterhin Gallenblasensteine oder -sludge nachweisbar sind. Aktuelle Leitlinien empfehlen eine Cholezystektomie innerhalb von 72 Stunden nach ERC – vorausgesetzt, es liegt keine Pankreatitis vor.

Quelle: Blasberg T et al. internistische praxis 2023; 66: 428-446 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Eine Choledocholithiasis lässt sich z.B. mittels ERCP (a) und MRCP (b) nachweisen. a) Konkrement (2) im Ductus hepatocholedochus (DHC, 1). Neben dem DHC ist auch der Ductus Wirsungianus (3) erweitert. b) Erweiterter DHC mit Konkrement (1) Eine Choledocholithiasis lässt sich z.B. mittels ERCP (a) und MRCP (b) nachweisen. a) Konkrement (2) im Ductus hepatocholedochus (DHC, 1). Neben dem DHC ist auch der Ductus Wirsungianus (3) erweitert. b) Erweiterter DHC mit Konkrement (1) © Blasberg T et al. internistische praxis 2023; 66: 428-446 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach