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T2-low-Asthma: Auch Helicobacter pylori lässt sich therapeutisch nutzen

Von den rund 330 Millionen Asthmakranken weltweit sind 90 % mit den üblichen inhalativen Therapien gut behandelt. Nur etwa 10 % haben ein schweres Asthma bronchiale. Sie verursachen aber die Hälfte der Kosten, die für das Management der Atemwegserkrankung anfallen.
Auf molekularbiologischer Ebene lassen sich grob zwei Endotypen unterscheiden: Das T2-high-Asthma ist mittlerweile gut charakterisiert. Die Schlüsselzytokine sind Interleukin(IL)-4, IL-5 und IL-13. Außerdem finden sich oft vermehrt Eosinophile in Blut und Sputum und/oder ein hohes IgE. Entsprechend stützt sich die Therapie bei schwerem, gegen die Basistherapie refraktärem T2-high-Asthma auf Biologika gegen IgE, IL-5 und demnächst IL-4/-13 bzw. deren Rezeptoren.
Höher in der Entzündungskaskade eingreifen
Das T2-low-Asthma kommt sehr viel heterogener daher, erklärte Dr. Sebastian Reuter von der Ruhrlandklinik Essen. Statt Th2-Lymphozyten dominieren hier Th1- und Th17-Zellen, deren Leitzytokine Interferon-γ, TNF-α und IL-17 den Influx neutrophiler Granulozyten induzieren. Aus den bisherigen Erkenntnissen zu diesem Phänotyp lassen sich drei Stellschrauben für künftige Therapien ableiten:
- neue Antikörper, die zum Teil weiter oben in der Entzündungskaskade eingreifen als die fürs T2-high-Asthma
- die Unterstützung immunregulatorischer Prozesse, die überaktive Teile des Immunsystems wieder herunterfahren können
- präventive Ansätze mit Mikroben oder deren Bestandteilen
Ein Beispiel für den ersten Ansatz stellt der Anti-TSLP-Antikörper Tezepelumab dar. TSLP spricht sich „Tislip“ aus und steht für Thymic Stromal Lymphopoetin, ein von Epithelzellen gebildetes Zytokin.
Es spielt eine wichtige Rolle bei der Reifung von T-Zellen nach deren Aktivierung durch antigenpräsentierende Zellen (APC). Der Ablauf funktioniert beim Asthma etwa so: Das Atemwegsepithel reagiert auf Kontakt z.B. mit Mikroben oder Schadstoffen, indem es Zytokine wie IL-25, IL-33 oder eben TSLP ausschüttet. Diese „Alarmine“ induzieren Reaktionen der dendritischen APC und der innaten Lymphozyten, die dann die weitere Entzündungskaskade in Gang setzen.
Anti-TSLP greift also weit oberhalb der klassischen Biologika in die Kaskade ein, quasi bevor sich entscheidet, ob die Inflammation T2-high abläuft oder nicht. Tezepelumab ist bereits in einer Phase-II-Studie an knapp 600 Patienten mit unkontrolliertem Asthma erfolgreich erprobt worden.1 Die jährliche Exazerbationsrate fiel bei allen drei untersuchten Dosierungen signifikant geringer aus als unter Placebo, begleitet von einem Abfall spezifischer Entzündungsparameter wie Eosinophilenzahl und FENO. Der Abfall von Exazerbationen und Messwerten erfolgte unabhängig vom T2-Status, betonte Dr. Reuter.
Entwickelt wurde inzwischen auch ein Antikörper gegen das Alarmin IL-33 namens ANB020. Die Proof-of-concept-Studie ging Ende letzten Jahres zu Ende, Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Ansonsten gab es beim T2-low-Asthma viele Enttäuschungen, berichtete der Kollege. Antikörper gegen den IL-17-Rezeptor haben ebenso versagt wie die gegen TNF-α. Zurzeit konzentriert sich die Forschung daher auf IL-23, das bei der Umwandlung naiver T-Zellen in Th17-Zellen mitwirkt. Antikörper gegen dieses Zytokin wurden bereits erfolgreich bei Psoriasis erprobt und einer davon, Risankizumab, absolviert gerade eine Phase-II-Studie bei T2-low-Asthma.
Auch jenseits der Biologika sieht man neue Entwicklungen. Ins Visier genommen wird das von Mastzellen produzierte Prostaglandin-D2, dessen proinflammatorische Effekte durch das „small molecule“ Fevipiprant inhibiert werden – die „Modulation eines allergischen Schlüsselevents“, wie Dr. Reuter es formulierte.
Die Immunhomöostase wiederherstellen
In einer Phase-II-Studie wurde gezeigt, dass die Lebensqualität der damit behandelten Patienten deutlich ansteigt. Hier läuft bereits das Phase-III-Programm, Ergebnisse dürften zum Jahresende vorliegen.
Der zweite Ansatz konzentriert sich darauf, die Immunhomöostase wiederherzustellen, indem antiinflammatorische Prozesse gefördert werden. Als interessantes Ziel hat sich der Wnt-Signalweg erwiesen, der eine wichtige Rolle in der Embryogenese hat. Fehlregulationen dieses Signalwegs finden sich bei vielen Erkrankungen, so auch bei der COPD, beim Emphysem oder der Arteriosklerose.
„Wenn der Wnt-Weg aktiviert ist, werden regulatorische T-Zellen, toleranzerzeugende dendritische Zellen und Makrophagen induziert und stabilisiert“, erklärte Dr. Reuter. In Tierversuchen konnte seine Arbeitsgruppe zeigen, dass sich mit Wnt-Liganden beim Asthma die Lungenfunktion verbessern, die Eosinophilie der bronchoalveolären Lavage zurückdrängen und die Th2-Atemwegsentzündung hemmen lässt.
Asthma-Schutz durch Helicobacter-Bestandteile
Im dritten Ansatz wollen sich Forscher bei der Asthmabekämpfung von Bakterien helfen lassen. Hintergrund ist die Tatsache, dass ein gesundes, artenreiches Mikrobiom das immunologische Gleichgewicht stabilisiert und Toleranz induziert. Als Helfer hat Dr. Reuters Team sich ausgerechnet Helicobacter pylori ausgeguckt, denn epidemiologische Studien haben gezeigt, dass Kinder seltener Asthma entwickeln, wenn sie H. pylori tragen.
Das lässt sich auch im Tiermodell nachvollziehen: Bestimmte Proteine von H. pylori induzieren offenbar regulatorische T-Zellen, die vor Asthma schützen. „Inzwischen sind wir so weit zeigen zu können, dass wir keine aktive Infektion mit dem Bakterium brauchen, sondern mit bestimmten Bestandteilen davon den Schutz auslösen können“, so Dr. Reuter. Und das nicht nur bei neugeborenen Mäusen, sondern auch therapeutisch bei an Asthma erkrankten Tieren. Dass das auch im Menschen funktioniert, bleibt zu beweisen.
Quellen:
60. Kongress der DGP*
1. Corren J et al. N Engl J Med 2017; 377: 936-946
* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
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