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Funktionelle Atemstörungen erkennen: Stimmbanddysfunktion im Asthma-Tarnkleid

Wenn es trotz leitliniengerechter Asthmatherapie mit der Symptomkontrolle hapert, sollte man gerade bei jugendlichen Patienten über die üblichen differenzialdiagnostischen Überlegungen hinausgehen und nicht einfach die Therapiespirale nach oben schrauben. Häufig finden sich Komorbiditäten aus dem allergischen Formenkreis, allen voran eine nicht aus- reichend behandelte Rhinosinusitis.
Psychogen induzierte oder dysfunktionelle Störung?
Die pathogenetische Rolle von gastroösophagealem Reflux und Adipositas ist dagegen umstritten, schreibt Dr. Thomas Spindler von der Hochgebirgsklinik Davos.
Zu denken ist auch an dysfunktionelle respiratorische Symptome, die durchaus parallel zum Asthma vorliegen können. Zu den häufigsten psychogen induzierten Atemstörungen zählen die akute und chronische Hyperventilation, Ticstörungen mit Husten und/oder Räuspern sowie dissoziative Störungen. Dysfunktionelle Atemstörungen umfassen u.a. die induzierbare laryngeale Obstruktion (z.B. Stimmbanddysfunktion, Vocal Cord Dysfunction) und die dysfunktionelle Atmung vom thorakalen Typ mit insuffizienter Ventilation.
Vocal Cord Dysfunction
Patienten mit Stimmbanddysfunktion werden oft jahrelang als „schweres Asthma“ behandelt. Das ist kaum verwunderlich, denn in den meisten Fällen tritt ein Asthma zeitgleich auf und beide Entitäten verstärken sich im Rahmen einer Angststörung gegenseitig. Erkennt man die Vocal Cord Dysfunction (VCD) nicht, kann das Notfallinterventionen bis hin zur Intubation nach sich ziehen.
Damit es nicht so weit kommt, braucht es eine ausführliche Anamnese, die über die beim Asthma übliche hinausgeht. Der Fokus sollte dabei auf Auslösesituationen und psychosozialem Hintergrund liegen.
Folgende „schlaue“ Fragen können helfen:
- Kommt es von einem zum anderen Moment zur Atemnot?
- Sind Dyspnoe bzw. Stridor in- oder exspiratorisch?
- Wo sitzt das Engegefühl (oberer Halsbereich/Pharynx)?
- Wirkt die Asthmamedikation?
- Lösen Husten oder andere Triggerfaktoren die Atemnot aus?
- Treten die Symptome vor, während oder nach Belastung auf?
- Wie lange dauert die Erholung?
Für die Diagnosestellung ist ebenfalls relevant, ob die Lungenfunktion wiederholt normal war, ob eine Diskrepanz zwischen Lungenfunktion und Beschwerden besteht und ob Sättigung und Intensität des Atemnotanfalls zusammenpassen.
Bei VCD-Patienten beginnt und endet die Atemnot meist abrupt. Sie leiden zumeist unter inspiratorischem Stridor, oft besteht ein Globusgefühl und Betamimetika wirken nicht. Zudem treten die Symptome häufig nach Hustenattacken auf und selten nachts. Weitere Triggerfaktoren können Geruch, psychische oder körperliche Belastung sein. Die Sauerstoffsättigung ist normal, erläutert Dr. Spindler.
Als diagnostischer Goldstandard gilt der endoskopische Nachweis der funktionellen Stimmbandstörung, die in der Testsituation durch einen bekannten Trigger ausgelöst wird. Cave: Die Untersuchung sollte möglichst ohne Prämedikation durchgeführt werden. Bei unklarem Ergebnis bedarf es weiterer Tests (z.B. Allergietests, Lungenfunktion in Ruhe und Belastung, pH-Metrie).
Typische Symptome funktioneller Atemstörungen
- inspiratorische und/oder exspiratorische Dyspnoe
- Globusgefühl
- Husten
- Stridor und andere Atem-nebengeräusche
- Engegefühl im Brust- oder Halsbereich
- Angst (oft mit Palpitationen oder Hyperventilation)
Bloß keinen Druck auf den Patienten ausüben
Wichtig ist die einfühlsame Aufklärung des Patienten, z.B. mit Videos von der Laryngoskopie. Dabei sollte man nicht zu direktiv vorgehen, sich Zeit nehmen und dem Patienten Zeit geben, die Diagnose für sich anzunehmen, schreibt der Kollege. Wird zu viel Druck ausgeübt, kann das neue Ängste auslösen. Mit offenen Fragen vermittelt man Empathie („Könnte es sein, dass ...“). Die Therapie der Stimmbanddysfunktion sollte möglichst frühzeitig einsetzen, um chronische Verläufe zu verhindern. Absolut falsch ist es, die Asthmatherapie aufgrund der dramatischen Symptome zu intensivieren. Der Autor rät dazu, überflüssige Medikamente Schritt für Schritt auszuschleichen.Dysfunktionelle Atmung vom thorakalen Typ mit insuffizienter Ventilation
Die vornehmlich betroffenen Jugendlichen entwickeln eine vermehrte thorakale Atmung unter zunehmender Vernachlässigung der Bauchatmung. Dadurch kommt es sogar in Ruhe zu einem Gefühl der Atemnot. Unter akutem psychischem Stress oder körperlicher Belastung lässt sich die Luftnot objektiv nachweisen. Zur Therapie gehören Übungen zur Bauchatmung (Atmen gegen Widerstand, unter Belastung etc.). Ziel ist das Wiedererlernen eines physiologischen Atemmusters.Quelle: Spindler T. internistische praxis 2019; 60: 218-226
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