Therapie des Prostatakarzinoms: BRCA2-Testung könnte Entscheidungen erleichtern

Josef Gulden

Welchen Einfluss haben DNA-Reparaturgene auf den Krankheitsverlauf?
Welchen Einfluss haben DNA-Reparaturgene auf den Krankheitsverlauf? © iStock/iLexx

Keimbahnmutationen in verschiedenen DNA-Reparaturgenen prädisponieren Männer für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms. Aktuelle Studienergebnisse weisen nun darauf hin, dass BRCA2-Mutationen Einfluss auf den Therapieerfolg haben könnten.

Die Prävalenz von Keimbahnmutationen in DNA-Reparaturgenen wird bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom auf 8–12 % geschätzt und liegt damit weitaus höher als bei solchen mit lokal begrenzten Tumoren (5 %) oder in der Gesamtbevölkerung (3 %). Am häufigsten waren in früheren Untersuchungen BRCA2 (5,3 %), CHEK2 (2 %), ATM (1,6 %) und BRCA1 (0,9 %) betroffen.

Um einen genaueren Einblick zu bekommen, welchen Einfluss diese Mutationen auf den Krankheitsverlauf haben, wurde die Kohortenstudie PROREPAIR-B durchgeführt. Es nahmen 419 Patienten mit neu diagnostiziertem (metastasiertem) Prostatakarzinom teil. Mithilfe eines entsprechenden Sequenzierungs-Panels wurde in Keimbahnmaterial nach Mutationen in insgesamt 107 DNA-Reparaturgenen gesucht. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Genen ATM, BRCA1 und 2 sowie PALB2. Als primärer Endpunkt wurde ein signifikanter Unterschied im prostatakarzinomspezifischen Überleben zwischen Patienten mit diesen Mutationen und solchen ohne Mutationen definiert.

Insgesamt wurden bei 68 der 419 Patienten (16,2 %) Mutationen in einem der untersuchten Gene detektiert. Darunter befanden sich:

  • 14 Mutationen in BRCA2,
  • acht in ATM und
  • vier in BRCA1, während
  • PALB2 in keinem Fall mutiert war.

Der primäre Endpunkt wurde nicht erreicht, weil Patienten mit einer Mutation in einem der vier genannten Gene mit median 23,3 Monaten zwar numerisch, aber nicht signifikant kürzer überlebten als diejenigen ohne Mutationen (33,2 Monate; p = 0,264). BRCA2-Mutationen alleine hingegen waren etwa mit einer Halbierung des krankheitsspezifischen Überlebens assoziiert, die auch signifikant ausfiel (median 17,4 vs. 33,2 Monate; p = 0,027). Somit konnte die Mutation als unabhängiger prognostischer Faktor für diesen Endpunkt gesichert werden (HR 2,11; p = 0,033).

In USA wird BRCA-Testung empfohlen

BRCA2-Mutationen sind auch bei Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom mit einem höheren Risiko für Metastasierung und Mortalität assoziiert. Das National Comprehensive Cancer Network (NCCN) in den USA empfiehlt nun auf dieser Basis die Testung auf BRCA1/2-Mutationen bei allen Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom, während die Situation bei Schäden an anderen Reparaturgenen weniger klar ist.

Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler eine signifikante Interaktion zwischen BRCA2-Mutationen und der Erstlinientherapie bezüglich des krankheitsspezifischen Überlebens fest: Patienten mit BRCA2-Mutationen, die in der Erstlinie androgeninhibitorische Substanzen (Abirateron oder Enzalutamid) erhielten, schnitten besser ab als diejenigen, die mit einem Taxan behandelt wurden. Und das sowohl beim krankheitsspezifischen Gesamtüberleben (median 24 vs. 17 Monate; p = 0,014) als auch bei der Zeit von der ersten systemischen Therapie bis zum Eintritt einer Progression nach der zweiten derartigen Behandlung (PFS2; median 18,9 vs. 8,6 Monate; p = 0,005). Bei den Patienten ohne Keimbahnmutationen in Reparaturgenen war kein Unterschied zwischen hormoneller und Chemotherapie auszumachen. BRCA2 ist das DNA-Reparaturgen, das bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom am häufigsten in der Keimbahn mutiert ist. Diese Mutationen scheinen einen negativen Effekt auf das prostatakarzinomspezifische Überleben bei diesen Patienten zu haben, der möglicherweise durch die Erstlinientherapie beeinflusst wird, so die Autoren. Die Befunde wurden zunächst an einer relativ kleinen Gruppe von Patienten erhoben, aber wenn sie sich in weiteren, unabhängigen Studien bestätigen sollten, könnte mit der Bestimmung von BRCA2-Mutationen künftig zum ersten Mal ein prädiktiver Faktor zur Wahl der initialen Therapie verfügbar sein, lautet ihr Fazit. 

Quelle: Castro E et al. J Clin Oncol 2019; 37: 490-503

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