Prostatakarzinom: Punktuelle Therapie braucht noch Zeit

Maria Weiß

Voraussetzung für eine fokale Therapie ist ein niedriger Gleason-Score. Voraussetzung für eine fokale Therapie ist ein niedriger Gleason-Score. © wikimedia/Nephron

„So bleibt der Mann stark“ – in der Laienpresse werden die fokussierten Behandlungen beim Prostatakrebs rege beworben. Doch noch taugen die „neuen schonenden Therapien“ nicht für den breiten Einsatz.

Die fokalen Therapien des lokal begrenzten Prostatakarzinoms (PCA) sollen negative Folgen der radikalen Prostatektomie reduzieren – bei vergleichbarer onkologischer Sicherheit. Voraussetzung für die Therapie ist ein geringes Risiko bei niedrigem Gleason-Score (≤ 7) und einer nur leichten PSA-Erhöhung. Verschiedene Methoden zur fokalen Therapie stehen heute bereits zur Verfügung.

Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU):

Bei dieser Methode werden mit punktgenauem, gebündeltem Ultraschall hohe Temperaturen erzeugt, was zum Absterben der Tumorzellen führt. Das Verfahren wird zurzeit sehr aggressiv beworben, es stehen bisher aber nur prospektive Studien ohne Kontrollgruppen zur Verfügung, sagte Privatdozent Dr. Boris Schlenker von der Klinik für Urologie am Klinikum der Universität München.

Von Nachteil für den Patienten ist, dass eine jährliche Rebiopsie erforderlich ist, was eine erhebliche psychische Belastung mit sich bringen kann. Anders als versprochen sei es auch mit dem Erhalt der Potenz nicht so weit her, berichtete der Urologe. 30 % der zuvor erektionsfähigen Patienten müssten im Langzeitverlauf mit einer deutlichen Verschlechterung rechnen.

Photodynamische Therapie:

Hierbei wird ein Arzneimittel mit der Substanz Padeliporfin intravenös verabreicht. Der photosensitive Wirkstoff lässt sich dann durch punktuellen Lichteinfluss mittels Laser genau dort aktivieren, wo er Tumorgewebe zerstören soll.

Diese Behandlung ist bisher die einzige fokale Therapie, die mit einer prospektiven randomisierten Studie aufwarten kann, erklärte Professor Dr. Georg Salomon vom Prostata­krebszentrum der Martini-Klinik in Hamburg. Eingeschlossen waren Patienten mit einem besonders niedrigen Risiko (Gleason-Score ≤ 6), die Kontrollgruppe war eine aktive Beobachtungskohorte. Es zeigte sich eine signifikant geringere Rate an notwendigen Prostatektomien, zumindest im Verlauf über vier Jahre.

Auch die Daten zum Erhalt von Potenz und Kontinenz seien bisher vielversprechend, sagte der Urologe. Zudem ist die photodynamische Therapie beim Niedrigrisiko-PCA zugelassen. Was derzeit aber noch fehlt, sind Langzeitdaten und Daten zum PCA mit einem Gleason-Score von 7.

Irreversible Elektroporation (IRE):

Bei der IRE werden über den Damm mehrere Elektroden in die Prostata eingebracht, über die starke Stromstöße abgegeben werden. Obwohl vielfach angepriesen, ist der Wert dieser Methode noch völlig unklar, betonte Professor Dr. Jürgen Gschwend von der Klinik und Poli­klinik für Urologie am Klinikum rechts der Isar der TU München. In Deutschland wurden trotzdem bereits mindestens 1500 Patienten, die die Kosten von über 15 000 Euro aus eigener Tasche zahlen mussten, außerhalb von Studien behandelt. Daten zu Lokalrezidiven lägen nicht vor und es gebe immer wieder Fälle von Rektumverletzungen, so der Urologe. Er könne daher nur dringend abraten.

Das Fazit des Experten: Solange prospektive Studien mit klar definierten Einschlusskriterien, adäquatem Kontrollarm und angemessenen Endpunkten fehlen, sollten die fokalen Therapien beim Prostatakarzinom nur im Rahmen kontrollierter Studien erfolgen.

Quelle: 70. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie

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Voraussetzung für eine fokale Therapie ist ein niedriger Gleason-Score. Voraussetzung für eine fokale Therapie ist ein niedriger Gleason-Score. © wikimedia/Nephron