Therapieentscheidung hängt unter anderem von RAS-Mutationsstatus und Tumorlokalisation ab

Friederike Klein

Je nach Lage und Mutation des kolorektalen Karzinoms ist ein anderes Vorgehen notwendig. Je nach Lage und Mutation des kolorektalen Karzinoms ist ein anderes Vorgehen notwendig. © Anatomy Insider – stock.adobe.com

Links, rechts, mutiert oder Wildtyp? Wenn es um die Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms geht, fließen unter anderem die Lokalisation des Tumors und der RAS-Mutationsstatus in die Entscheidung mit ein. Aber auch für Karzinome mit BRAF-Mutationen und die Zweitlinie gibt es Daten, die eine geeignete Strategie aufzeigen. 

Wenn die Entscheidung für eine systemische Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms (mCRC) gefallen ist, geht es zunächst darum, die individuell optimale Induktionstherapie zu identifizieren. Zu berücksichtigen ist, auf welcher Seite der Primärtumor liegt und ob es sich um RAS-mutierte (MUT) oder RAS-Wildtyp(WT)-Geschwulste handelt, erklärte Prof. Dr. Dirk Arnold, Asklepios Klinik Altona in Hamburg.1 Außerdem sollte die Erkrankung unabhängig von ihrer Lokalisation auf eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) sowie eine Mismatch-Repair-Defizienz (MMRd) und im Fall von RASWT-Tumoren auf eine BRAFV600E-Mutation untersucht worden sein. All diese Befunde hätten therapeutische Konsequenzen.

Linksseitig und RAS-WT

In verschiedenen Studien konnte belegt werden, dass bei linksseitigen mCRC mit RASWT eine gegen EGFR gerichtete Therapie gegenüber einer gegen VEGF gerichteten, antiangiogenetischen Behandlung (jeweils in Kombination mit einer Chemotherapie) vorzuziehen ist. Jüngster Beleg dafür ist die PARADIGM-Studie, in der Panitumumab vs. Bevacizumab jeweils plus mFOLFOX6 die Überlebenswahrscheinlichkeit signifikant verbesserte (HR 0,82; 95,789%-KI 0,68–0,99; p = 0,031.) Inzwischen ist auch klar, dass die Intensivierung der Chemotherapie in Form eines Tripletts gegenüber einer Dublette in dieser Situation keinen Vorteil bringt, betonte Prof. Arnold. So führte mFOLFOXIRI als Induktion bei Erkrankten mit mCRC sowie RASWT und BRAFWT in der TRIPLETE-Studie nicht zu einer höheren Ansprechrate oder einem besseren progressionsfreien Überleben als FOLFOX, aber zu einer höheren Toxizität.

Rechtsseitig und RAS-MUT

Liegt ein rechtsseitiges RASMUT-mCRC vor, könnte dagegen ein Triplett einen Vorteil bringen. In der CAIRO-Studie verbesserte die Therapie mit FOLFOXIRI plus Bevacizumab gegenüber FOLFOX gefolgt von FOLFIRI plus Bevacizumab das PFS mit 10,6 Monaten vs. 9,0 Monate signifikant (HR 0,77; 95%-KI 0,60–0,99; p = 0,038). Das entspricht Ergebnissen anderer Studien mit an einem RASMUT-mCRC erkrankten Personen – unabhängig von der Lokalisation des Tumors. 

Rechtsseitig und RAS-WT

Patient:innen mit rechtsseitigem mCRC und RASWT profitieren ebenfalls von einem intensiveren Chemotherapie-Triplett plus Bevacizumab. Ist das Behandlungsziel eine höhere Ansprechrate, kommt nach einer Metaanalyse alternativ eine Chemo-Dublette mit Anti-EGFR-Regime infrage, ergänzte Prof. Arnold.

Andere Situationen des mCRC

Auch spezifische RAS-Mutationen spielen beim mCRC eine wachsende Rolle. Bislang sind entsprechende Inhibitoren aber nicht für die Erstlinie verfügbar. Das gilt auch für HER2-gerichtete Optionen für mCRC mit HER2-Überexpression, -Amplifikation oder -Mutation. Dagegen ist der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren bei mCRC mit MSI-H oder dMMR schon jetzt eine wichtige Strategie. 

Ob man Tumoren mit BRAFV600E-Mutation mit zielgerichteten Substanzen behandeln soll, wird derzeit kontrovers diskutiert. Prospektiv erhobene randomisierte Studienergebnisse für die Erstlinie fehlen. Die Betroffenen scheinen aber nicht von einer Triplett-Chemotherapie zu profitieren. „Wir müssen die ESMO-Empfehlungen ändern. Eine Chemotherapie-Dublette plus Bevacizumab ist bei BRAFMUT unabhängig von der Sidedness einem Triplett mit Bevacizumab vorzuziehen“, forderte Prof. Arnold.

Überlegungen für die Zweitlinientherapie

Wird eine Zweitlinientherapie notwendig, müssen die Erfahrungen aus der Erstlinie sowie möglicherweise geänderte Ziele zur Entscheidung mit herangezogen werden. Eine erneute Gabe des Erstlinienregimes kann am ehesten Erfolg versprechend sein, wenn die Zeit seit Behandlungsende bis zum Progress lang war, in der Erstlinie ein sehr gutes Ansprechen sowie eine lange Progressionsfreiheit ohne Erhaltung erzielt wurde und die Betroffenen das Erstlinienregime gut vertrugen. Andernfalls sollte ein Therapiewechsel stattfinden.

Strategie nach Induktion

Wenn mit der Induktion ein Ansprechen erreicht wurde, muss entschieden werden, ob die Behandlung unverändert fortgeführt oder deeskaliert wird oder ein anderes Wirkprinzip zum Einsatz kommen soll. Bislang ist die Strategie mit der besten Evidenz die Erhaltungstherapie mit einem Fluoropyrimidin plus der Anti-VEGF- oder Anti-EGFR-Behandlung aus der Induktion. Eine aktive Erhaltung über vier bis sechs Monate verspricht ein längeres progressionsfreies Intervall, auch wenn bislang kein Vorteil im Gesamtüberleben gezeigt werden konnte. Erhaltungstherapien in Form von Biologika, Immuntherapien oder zielgerichteten Ansätzen sind derzeit kein Standard.

Quellen:
1. Arnold D. ESMO World Congress on Gastrointestinal Cancer 2022; Vortrag: Algorithms in First-Line and Second-Line Metastatic Disease
2. Cremolini C et al. J Clin Oncol2022; 40:17_suppl, LBA3505-LBA3505; DOI: 10.1200/JCO.2022.40.17_suppl.LBA3505

Kongressbericht: ESMO World Congress on Gastrointestinal Cancer 2022

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