... und da waren es plötzlich weniger

Josef Gulden

Das metastasierte Pankreaskarzinom wird mit den genmanipulierten T-Lymphozyten höchst personalisiert in Angriff genommen. Das metastasierte Pankreaskarzinom wird mit den genmanipulierten T-Lymphozyten höchst personalisiert in Angriff genommen. © Icruci – stock.adobe.com

Adenokarzinome der Bauchspeicheldrüse sprechen kaum auf Immuntherapien an. US-amerikanische Onkolog:innen haben nun einen Fallbericht einer Patientin mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom publiziert, die speziell manipulierte T-Lymphozyten erhielt. Dies führte zu einer eindrucksvollen Regression der Metastasierung.

Auch beim Pankreaskarzinom  gibt es „Hotspot“-Mutationen, die sich als Angriffspunkte für spezifische Immunzellen eignen. Die G12D-Punktmutation im KRAS-Onkogen etwa findet sich auch in kolorektalen Karzinomen. Amerikanische Kolleg:innen um Dr. Rom Leidner, Providence Cancer Institute Franz Clinic, Portland, hatten in den tumor­infiltrierenden Lymphozyten einer Frau mit metastasiertem CRC T-Zellen entdeckt, die KRASG12D erkennen und eine Restriktion für den HLA-C-Subtyp 08:02 aufwiesen.1 Die Behandlung mit den autologen KRASG12D-reaktiven Lymphozyten führte zu einer objektiven Rückbildung der viszeralen Metastasierung, weshalb die Autor:innen den gleichen Ansatz bei einer 71-jährigen Patientin mit Pankreaskarzinom testeten.

Die Frau hatte 2018 aufgrund eines Adenokarzinoms des Bauchspeicheldrüsenkopfs zunächst neoadjuvant vier Zyklen FOLFIRINOX erhalten. Nach der Resektion folgten vier weitere Zyklen FOLFIRINOX und eine Chemoradiotherapie mit 50,4 Gy. Nach etwa einem Jahr war sie weiterhin tumorfrei, aber in der Lunge wurden Metastasen diagnostiziert. Ex vivo expandierte tumor­infiltrierende Lymphozyten und hoch dosiertes Interleukin 2 stoppten deren Wachstum nicht, aber eine umfassende molekulare und genetische Untersuchung ergab neben verschiedenen anderen Alterationen im Tumor auch die KRASG12D-Mutation. Eine HLA-Typisierung der peripheren Blutzellen zeigte außerdem die Expression des Subtyps HLA-C*08:02. 

Mit Genehmigung der FDA wurden deshalb autologe T-Zellen der Patientin mit HLA-C*08:02-restringierten T-Zell-Rezeptoren transduziert, die die KRAS-Mutante erkennen. Nach einer Präkonditionierung mit Tocilizumab und Cyclophosphamid erhielt die Erkrankte eine einzelne Dosis von 16,2 x 109 der genmanipulierten T-Lymphozyten, die zu 85 % aus CD8+ und zu 15 % aus CD4+ Zellen bestanden. Die anschließende Infusion von insgesamt fünf Dosen hoch dosiertem Interleukin-2 sollte die Expansion der T-Zellen unterstützen. 

Nach elf Tagen konnte die Patientin entlassen werden, und nach einem Monat war in der Computertomografie ein Rückgang des Ausmaßes der Lungenmetastasen um 62 %, also eine partielle Remission nach RECIST 1.1, zu erkennen. Diese hielt an und betrug nach sechs Monaten 72 %. 

Die übertragenen T-Zellen machten nach einem Monate etwa 13 % aller zirkulierenden T-Lymphozyten aus; nach drei Monaten waren es noch 3,3 % und nach sechs Monaten 2,4 %. Dabei handelte es sich weiterhin überwiegend um CD8+ Zellen. In vitro konnten sie weiterhin KRASG12D erkennen und reagierten darauf mit der Ausschüttung von Zytokinen. In welchem Ausmaß sie die Metastasen infiltrierten, konnten die Kolleg:innen nicht feststellen, weil sie wegen der raschen Regression keine Biopsie entnehmen konnten.

Ein weiterer (weniger erfolgreicher) Fall

Dass die Therapie nicht immer den erhofften Effekt hat, zeigt das Beispiel eines weiteren Patienten, den die Autor:innen in ähnlicher Weise behandelten. Er sprach zwar mit einem mäßigen Rückgang der Lungen- und einer Stabilisierung der Lebermetastasen an, entwickelte aber ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom vom Grad 3 und Neurotoxizitäten vom Grad 2. Er starb nach weiterer Progression sechs Monate nach der Behandlung.

Wie lange die Wirkung dieser Therapie anhält, wird man abwarten müssen, schreiben die Forschenden. Die hier skizzierte Strategie ist hochgradig personalisiert, da das HLA-C*08:02-Antigen bei nur etwa 8 % aller kaukasischen Patient:innen auftritt und auch die KRASG12D-Mutation sich nicht in jedem Pankreaskarzinom findet. Dennoch sollte der Ansatz weiter untersucht werden; Prof. Dr. Dr. Cornelis JM Melief, Universität Leiden, machte in einem Kommentar darauf aufmerksam, dass neben KRASG12C-Hemmern mittlerweile auch ein Inhibitor von KRASG12D entdeckt wurde, der in Kombination mit der zellulären Therapie synergistisch wirken könnte.2 Dr. Elizabeth Phimister, Kensington Veterniary Hospital, El Cerrito,  und Prof. Dr. Dr. ­Eric ­Rubin, Harvard T.H. Chan, Boston, weisen in einem weiteren Kommentar darauf hin, dass KRAS-Alterationen auch in anderen malignen Tumoren auftreten und dass darüber hinaus der beschriebene Ansatz prinzipiell auch gegen weitere Mutationen wirksam sein könnte, die spezifische Peptide produzieren und die man damit adressieren könnte.3

1. Leidner R et al. N Engl J Med 2022; 386: 2112-9; DOI: 10.1056/NEJMoa2119662
2. Melief CJM. N Engl J Med 2022; 386: 2143-4; DOI: 10.1056/NEJMe2204283 
3. Phimister EG, Rubin E. N Engl J Med 2022; 386: 2145-8; DOI: 10.1056/NEJMe2204286

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