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Von der Vaskulitis verwundet

Den Vaskulitiden gemeinsam ist die autoimmunologische Entzündung der Gefäßwände. Diese Inflammation führt zu Stenosen und Okklusionen, die eventuell von einer Aktivierung des Gerinnungssystems inklusive Thrombosen begleitet werden. Die Klassifikation der einzelnen Krankheitsbilder erfolgt in erster Linie anhand der betroffenen Gefäßtypen und -kaliber. Die als klein bezeichneten Vasa liegen in der Dermis und die mittelgroßen in der Subkutis. Als groß gilt die Aorta einschließlich ihrer Äste.
Diagnosesicherung über Spindelbiopsie
Die Verdachtsdiagnose einer Vaskulitis lässt sich meist schon anhand der typischen Hautveränderungen stellen, erklärt Prof. Dr. Joachim Dissemond vom Universitätsklinikum Essen. Gesichert wird die Erkrankung durch die histopathologische Analyse einer Gewebeprobe.
Bei Wunden wird diese mit einer Spindelbiopsie aus dem floriden Randbereich gewonnen (Tiefe bis in die Subkutis). Als Basislabor empfiehlt der Dermatologe eine Bestimmung von Blutbild, CRP, BSG sowie Urin-, Leber- und Nierenwerten. Vor einer weiterführenden Diagnostik (Antikörper, Gerinnung etc.) sollte der histologische Befund abgewartet werden, um dann die erforderlichen Untersuchungen gezielt zu planen.
Die Hautveränderungen manifestieren sich zunächst überwiegend mit Juckreiz und/oder Schmerzen. Je nach Organbeteiligung können zusätzlich Abgeschlagenheit, Fieber, gastrointestinale Symptome, Proteinurie und Sehstörungen auftreten.
Rezeptur für Morphin-Gel
- Morphinhydrochloridtrihydrat 0,1 g
- Natriumedetat 0,1 g
- Hydroxyethylzellulose 250G 4,5 g
- Polihexanidkonzentrat 20 % 0,2 g
- Aqua dest. Ad 100 g
Bei einem Befall der kleinen Gefäße kommt es zu Erythrozytenextravasaten, Ödemen und Hämorrhagien. Zudem zeigt sich meist eine palpable Purpura, eventuell kommt es zur Bildung hämorrhagischer Blasen. Die Läsionen beginnen gewöhnlich an den Beinen und breiten sich nach proximal aus. Bei einer Vaskulitis der mittelgroßen Gefäße entstehen eher druckschmerzhafte subkutane Knoten. Vaskulitiden der größeren Gefäße befallen dagegen nur selten die Haut, stattdessen ist mit Kopfschmerzen, Subclavian-Steal-Syndrom und Claudicatio zu rechnen.
Wie Infektionen können Vaskulitiden mit den klassischen Entzündungszeichen Rötung, Schwellung, Überwärmung, Schmerzen und Functio laesa einhergehen. Deshalb sollte man insbesondere bei inflammatorischen Wunden immer eine bakterielle Genese ausschließen. Zudem müssen die Gefäßentzündungen von primär nicht-inflammatorischen Vaskulopathien mit (partieller oder vollständiger) Okklusion abgegrenzt werden. Auch die schmerzhaften Ulzerationen beim Pyoderma gangraenosum lassen sich leicht mit einer Angiitis verwechseln.
Medikamente und Infektionen als Auslöser einer Angiitis
Grundsätzlich gilt, dass alle Vaskulitiden, die die Haut befallen, auch Wunden verursachen. Am häufigsten bilden sich Ulzera infolge einer kutanen leukozytoklastischen Angiitis. Zu den akuten Auslösern dieses Krankheitsbildes zählen Medikamente und Infektionen. Auch an Systemerkrankungen und Neoplasien sollte man denken (s. Kasten).
Auslöser einer kutanen leukozytoklastische Angiitis
- Infektionen (Streptokokken, HCV etc.)
- inflammatorische Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, Colitis ulcerosa)
- Medikamente (Allopurinol, Antibiotika etc.)
- Neoplasien (Non-Hodgkin Lymphom, Mammakarzinom)
Vaskulitisbedingte Wunden können sich an allen Haut- und Schleimhautarealen manifestieren, besonders oft betroffen sind die distalen unteren Extremitäten. Dort entwickeln sich beidseitig multiple schmerzhafte Ulzerationen, die sich typischerweise rasch vergrößern. Sie sind eher scharf begrenzt und weisen livide Ränder auf. Häufig werden mehrere anatomische Regionen befallen und an den Beinen bilden sich nicht selten Ödeme. Postinflammatorisch kommt es zu Hyperpigmentierungen und die Abheilung erfolgt immer mit Narben.
Wichtig ist daher, die Entzündung möglichst früh zu unterdrücken. Die Wahl der Medikamente richtet sich nach Grunderkrankung (wenn vorhanden), Ausprägung und Manifestationsort. Einen hohen Stellenwert besitzt die topische Anwendung hochpotenter Glukokortikoide. Als Alternative vor allem bei längerem Bedarf gilt Tacrolimus-Salbe (off label). Patienten mit schwerem Verlauf sollten eine Systemtherapie erhalten. Auch sind Steroide das Mittel der Wahl. Immunsuppressiva wie Azathioprin und Ciclosporin sowie intravenöse Immunglobuline können ebenfalls eingesetzt werden. Insbesondere bei Therapieresistenz oder ANCA-assoziierten Vaskulitiden wird Rituximab erfolgreich angewandt. Als neue Ansätze bieten sich weitere Antikörper und die JAK-Inhibitoren an.
Die Wundbehandlung orientiert sich an den Prinzipien der phasenorientierten feuchten Versorgung, dabei ist ganz besonders auf einen atraumatischen Verbandwechsel zu achten. Zur Schmerztherapie eignen sich lokal wirksame Analgetika wie Ibuprofen in der Wundauflage oder Morphium in einem Gel (siehe Kasten oben). Zusätzlich benötigen die meisten Patienten eine systemische Analgesie nach dem WHO-Stufenschema.
Unter dem Einsatz von Immunsuppressiva ist eine antimikrobielle Wundversorgung indiziert, beispielsweise mit Polihexanid oder Octenidin. Befindet sich die Entzündung unter Kontrolle, kommen auch Vakuumtherapie und Spalthauttransplantation in Betracht. Vaskulitispatienten mit Beinödemen können von einer Kompression mit niedrigem Ruhedruck profitieren (z.B. Strümpfe der Klasse 1).
Quelle: Dissemond J. Z Gerontol Geriat 2023; DOI: 10.1007/s00391-023-02166-3
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Die Läsionen bei Patienten mit einer Vaskulitis beginnen meist an den Beinen und breiten sich von dort nach proximal aus."