Was Pharmaka bei Fibromyalgie erreichen

Dr. Dorothea Ranft

Kein Medikament ist explizit zugelassen. Kein Medikament ist explizit zugelassen. © Fotolia/bilderstoeckchen

Warum lange rumturnen oder sich vom Psychologen behandeln lassen? So mancher Fibromyalgie-Patient würde seine Beschwerden am liebsten mit ein paar Tabletten kurieren. Doch welche Erwartungen sind realistisch?

Das Kapitel „Medikamente“ beginnt gleich mit einem Dämpfer: Es gibt in Deutschland bisher kein Arzneimittel, das explizit zur Behandlung des Fibromyalgiesyndrom (FMS) zugelassen ist, heißt es in der aktuellen Leitlinie. Außerdem stehen mit aerobem Training und kognitiver Verhaltenstherapie zwei Verfahren zur Verfügung, die auf Schmerz und gesundheitsbezogene Lebensqualität ebenso gut wirken wie pharmakologische Optionen.

Gefragtes Guaifenesin

  • Im Internet kursieren Berichte über das eigentlich als Expektorans verwendete Guaifenesin beim FMS. In einer randomisierten Studie zeigten die damit behandelten Patienten zwar leichte Verbesserungen von Schmerz und Lebensqualität, aber einen ähnlich reduzierten Gesamtmyalgie-Score wie in der Placebogruppe.
  • Außerdem hat das Guajakolderivat durchaus Nebenwirkungen, etwa Kopfschmerz, Benommenheit, Übelkeit, Brechreiz und Diarrhö.
  • Die Leitlinien-Autoren können aufgrund der derzeitigen Datenlage weder eine positive noch eine negative Empfehlung abgeben.

Physio- und Psychotherapie schneiden mitunter besser ab

In ihrem Einfluss auf Müdigkeit und Schlafstörungen sind sie sogar überlegen. Ein weiterer Vorteil: Physio- und Psychotherapie bergen nur ein sehr geringes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen. Dennoch sprechen sich die Autoren der Leitlinie teilweise auch für Medikamente aus – allerdings nur zeitlich befristet. Die Experten raten den Nutzen anhand der individuell vereinbarten Therapieziele zu überprüfen. Nach sechs Monaten sollten Kollegen die Dosis reduzieren oder sogar die medikamentöse Behandlung beenden.

Abbruchraten höher als unter Placebo

Eine Option ist Amitriptylin (10–50 mg/Tag). Seine Anwendung beim FMS fußt auf der Zulassung für chronische Schmerzen im Rahmen eines Gesamtkonzepts. Sprechen Patienten nicht auf das trizyklische Antidepressivum an, bietet Duloxetin­ (60 mg/Tag) eine Alternative (off label). Der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) ist eigentlich speziell zur Behandlung der Major Depression und generalisierten Angststörung zugelassen. Laut einem Cochrane-Review erzielte der SSNRI nur einen geringen Effekt auf Schmerz, Müdigkeit und gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Abbruchraten lagen mit 17,8 % höher als unter Placebo. Für das Antikonvulsivum Pregabalin (150–450 mg/Tag) besteht die Zulassung für neuropathische Schmerzen und generalisierten Angststörungen. Es eignet sich aber auch off label bei Betroffenen, die auf Amitriptylin nicht ansprechen. Die Effektstärke in Studien waren wie beim SSNRI gering und die Abbruchrate (19,4 %) höher als unter einer Scheinmedikation. Eine „offene Empfehlung“ erteilten die Autoren der Leitlinie für Quetiapin (50–300 mg/Tag). Der Einsatz dieses Neuroleptikums kommt für FMS-Patienten mit komorbider Major Depression in Betracht, die auf Duloxetin nicht ansprechen. Quetiapin ist als Add-on mit Antidepressiva zugelassen, wenn Patienten auf eine antidepressive Monotherapie unzureichend reagieren. In einem Cochran­e-Review führte Quetiapin zu einer Schmerzreduktion um mindestens 30 % und verbesserte auch die Lebensqualität.

Schmerz ging um 30 % zurück

Bei FMS in Kombi mit depressiven und Angststörungen sehen die Experten zudem ein mögliches Einsatzfeld für die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Fluoxetin (20–40 mg/Tag) und Paroxetin (20–40 mg/Tag). Beide decken nur die Indikation der psychischen Störungen ab. Für das Opioid Tramadol sprechen sich die Leitlinienautoren nicht aus, weil sie bei der Einschätzung darüber keinen Konsens erreichten. Dringend abgeraten wird u.a. von Anxiolytika, Hypnotika, starken Opioiden, Dopaminagonisten und Hormonen.

Muskelrelaxanzien und NSAR sind tabu

Auch der zur Behandlung der Major Depression zugelassene SSNRI Milnacipran erhält ein negatives Votum, er habe keine ausreichende Wirksamkeit gezeigt, so die Experten. Muskelrelaxanzien, Flupirtin, NSAR, Cannabinoide oder Monoaminooxidasehemmer sollten beim Fibromyalgie-Syndrom ebenfalls nicht zum Einsatz kommen. Noch keine ausreichenden Daten liegen z.B. für Vitamin D, Memantin, Mirtazapin, topisches Capsaicin und die Kombination von Pregabalin und Duloxetin sowie für ASS, Paracetamol und Metamizol vor.

Quelle: S3-Leitlinie „Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Fibromyalgiesyndroms“, www.awmf.org

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Kein Medikament ist explizit zugelassen. Kein Medikament ist explizit zugelassen. © Fotolia/bilderstoeckchen