Welche Phytotherapie hilft bei Entzündungen?

Dr. Dorothea Ranft

Ob Rosmarin, Salbei oder Zitronenmelisse – alle helfen sie gegen Entzündungen der Haut. Ob Rosmarin, Salbei oder Zitronenmelisse – alle helfen sie gegen Entzündungen der Haut. © iStock/AlexRaths

Ob Zahnfleischbluten, wunde Brustwarzen oder atopisches Ekzem: Bei Haut- und Schleimhautleiden wünschen sich viele Patienten eine pflanzliche Behandlung ohne Kortison und Antibiotika. Ein Arzt erläutert, welche Phytotherapeutika sich in der Praxis bewähren.

Ein wichtiges Einsatzfeld der Phytotherapie sind Entzündungen von Mundschleimhaut und Rachen. Eingesetzt werden Heil- und Gewürzpflanzen wie Salbei, die als Inhaltsstoffe Thymol und Carvacrol enthalten. Beide Moleküle wirken desinfizierend, bakterizid und fungizid. Sie sorgen zudem dafür, dass Entzündungsmediatoren wie TNF-α, IL-1β und IL-6 herunterreguliert werden, erklärt Professor Dr. ­Detmar Jobst vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bonn. Thymol wird in der Humanmedizin niedrig dosiert angewendet. Es ist in zahlreichen Mundtherapeutika enthalten und wird fast immer mit anderen Inhaltsstoffen kombiniert.

Pflanzliche Mundspülung

Ein typisches Kombinationstherapeutikum für die Mundbehandlung, Salviathymol®, enthält pro Gramm 2 mg Salbeiöl, 2 mg Eukalyptusöl, 23 mg Pfefferminzöl, 2 mg Zimtöl, 5 mg Nelkenöl, 10 mg Fenchelöl, 5 mg Sternanisöl, 20 mg Levomenthol und 1 mg Thymol. Ein Gramm entspricht 20 Tropfen, die Tagesdosis liegt bei dreimal 20 Tropfen.

Mehrmals täglich mit Salbeitee gurgeln

Eine typische Indikation ist chronisches Zahnfleischbluten. Darunter litt auch eine 35-Jährige, die wegen der Schmerzen die orale Hygiene bereits weitgehend eingestellt hatte. Sie zeigte typische Zeichen einer Gingivitis mit gerötetem Zahnfleisch und beginnend freiliegenden Zahnhälsen. Prof. Jobst empfahl der Patientin, zwei- bis dreimal täglich mit Salbeitee zu spülen, besser noch mit einem verdünnten pflanzlichen Desinfiziens. Nach einer Woche hatten sich die Symptome soweit zurückgebildet, dass eine dreimal wöchentliche Spülung ausreichte. Nach drei Wochen waren die Beschwerden verschwunden. Zum Spülen bei leichten Entzündungen in Mund und Rachen eignet sich auch ein Adstringens auf der Basis von Myrrhe-, Salbei- und Kamillentinktur. Die adstringierende Wirkung geht dabei von der Myrrhe aus. Die Tinktur ist ohne Konservierung sechs Monate haltbar und lässt sich auch zum Betupfen einzelner Stellen einsetzen. Speziell für die Pharyngitis empfiehlt Prof. Jobst gekühlten Salbeitee.

Adstringens für Mund und Rachen

Zur Behandlung von leichten Entzündungen und Druckstellen der Mund- und Rachenschleimhaut:
  • Myrrhetinktur 5,0
  • Salbeitinktur 10,0
  • Kamillentinktur ad 30,0
15 Tropfen der Zubereitung werden in 15 ml Wasser gegeben. Damit den Mund spülen oder einzelne Stellen betupfen.

Hilfreich sind pflanzliche Therapeutika auch bei Entzündungen am Übergang zwischen Haut und Schleimhaut, also z.B. im Lippenbereich, an den Mamillen und am Anus. Gegen Herpes labialis setzt der Bonner Kollege auf die Heilkraft der Zitronenmelisse. Sie enthält wie viele andere Gewürzpflanzen Rosmarinsäure. Diese wirkt antibakteriell, fungizid und antiviral, dazu hat sie noch einen gerbenden Effekt. Wunde Mamillen stillender Mütter sprechen auf eine Lokaltherapie mit befeuchteten Schwarzteeblättern an. Bei einem Milchstau kann eine wässrige Zubereitung aus Thymol, Rosmarin und Arnikatinktur helfen, die drohende Mastitis zu verhindern.

Tannine bei echten Hämorrhoiden wirkungslos

Erfahrungsgemäß reagieren Entzündungen der Übergangshaut und der Schleimhaut gut auf Gerbstoffextrakte aus Schwarz- und Grüntee, Eichenrinde, Myrrhe und Hamamelis. Das darin enthaltene Tannin wirkt adstringierend, antiinflam­matorisch und lokal hämostyptisch. Entsprechend kann z.B. der in vielen „Hämorrhoidenmitteln“ enthaltene Hamamelisextrakt das anale Übergangsepithel beruhigen. Aber gegen echte Hämorrhoiden und erst recht gegen Tumoren sind Tannine wirkungslos. Zu den akuten Hautentzündungen zählt u.a. das Panaritium. Nur im beginnenden Stadium können Externa wie Teebaumöl die Entzündung noch stoppen. Gegen deren Einsatz spricht allerdings, dass sich das mindestens 30%ige Teebaumöl kaum konservieren lässt und häufig Allergien auslöst. Stabiler und weniger problematisch sind Terpene aus Lärche und Eukalyptusbaum.

Beinwell aufs Gelenk

Beinwellzubereitungen werden meist bei Prellungen, Schwellungen und aktivierter Arthrose eingesetzt. Hilfreich können die Rosmarinsäure-haltigen Arzneimittel auch bei Endoprothesen sein. Beispielhaft berichtete Prof. Jobst über eine 75-Jährige mit Knie-Totalendoprothese, die nach der Reha in langsamem Schongang die Praxis betrat. Der Befund: reizlose Narben, kein Erguss, aber das Knie geschwollen und überwärmt sowie mehrere druckschmerzhafte Hautstellen. Der Allgemeinarzt empfahl ihr, zweimal täglich kühlende Umschläge mit Beinwellextrakt messerrückendick aufzutragen.

Von den chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen hat das atopische Ekzem in der Praxis mit die größte Bedeutung. In einem Review zur externen Neurodermitis-Therapie wurden hyperforinhaltiger Johanniskrautextrakt, Süßholzwurzelextrakt, Zubereitungen von Avocadoöl mit Vitamin-B12-Zusatz und Birkenbast positiv bewertet. Bei Letzterem handelt es sich um ein Birkenrindenpräparat, das als Gel aufgetragen wird und 2016 die europäische Zulassung als Arzneimittel erhielt.

Quelle: Jobst D. Zeitschrift für Phytotherapie 2019; 40: 77-83

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