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Chronische Schmerzen pflanzlich behandeln

Klare Worte zur Schmerztherapie im Alter findet die American Geriatrics Society: Patienten ab 75 Jahren sollten möglichst gar nicht, auf keinen Fall aber langfristig mit NSAR behandelt werden. Schließlich lässt sich das erhöhte Blutungsrisiko zwar mit Protonenpumpeninhibitoren durchaus verringern, nicht aber eliminieren. Außerdem muss man gerade im Alter mit ungünstigen Effekten auf Blutdruck und Nierenfunktion rechnen, erinnerte Professor Dr. Karin Kraft, Inhaberin des Lehrstuhls für Naturheilkunde der Universität Rostock.
Allerdings ist es gar nicht so einfach, Ersatz für die nicht-steroidalen Antiphlogistika zu finden. Denn der entscheidende Wirkmechanismus der NSAR, die Cyclooxygenasehemmung, sorgt für eine rasche Linderung akuter Schmerzen. Pflanzliche Antirheumatika dagegen haben eine vergleichsweise schwache analgetische Wirkung, räumte die Spezialistin für Phytotherapie ein. Deren Stärke ist das große Spektrum an Inhaltsstoffen, das im Vergleich zu den NSAR einen breiteren Wirkansatz ermöglicht. Neben einer gewissen, wenn auch geringfügigeren Inhibition der Cyclooxygenase blockieren die Phytotherapeutika z.B. auch die Lipoxygenase und die Zytokinexpression, zudem wirken sie antioxidativ. Mit diesem Multitarget-Effekt erklärt sich Prof. Kraft auch das langsamere Einsetzen der Wirkung.
Weidenrindenextrakt ist wirksam und gut verträglich
Die European Medicines Agency (EMA) nennt mit Weidenrinde, Teufelskrallenwurzel und Brennnesselkrautextrakt drei schmerzlindernde Phytotherapeutika für die orale Anwendung. Eines davon wird auch in der Nationalen Versorgungsleitlinie* zum nicht-spezifischen Kreuzschmerz empfohlen: Weidenrindenextrakt kann in Kombination mit aktivierenden Maßnahmen zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen genutzt werden. Als Kontraindikationen nennen die Leitlinienautoren unter anderem die Überempfindlichkeit gegen Salicylate und NSAR, peptische Ulzera, Asthma und Schwangerschaft. Zu den Nebenwirkungen zählen allergische Reaktionen und gastrointestinale Symptome. Möglicherweise wird die Wirkung von Antikoagulanzien (z.B. Cumarinen) verstärkt.
Kombiniert gegen den Rheumaschmerz
Pflanzliche Topika sorgen für lokale Schmerzlinderung
Neben den oralen Optionen gibt es auch lokal wirksame pflanzliche Analgetika und Antirheumatika. Beispielhaft nannte die Referentin den aus Capsicum annuum, dem Spanischen Pfeffer, gewonnenen Extrakt sowie Arnikablüten und Beinwellwurzel. Auch diese Phytotherapeutika haben einen breiteren Wirkmechanismus als die NSAR. Die Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie zum nicht-spezifischen Rückenschmerz schreiben, dass Pflaster und Cremes mit dem Pfefferextrakt im Rahmen der Selbstbehandlung und zusätzlich zu aktivierenden Maßnahmen eingesetzt werden können. Laut der Knieschmerz-Leitlinie der DEGAM eignet sich Ingwerpulver zur lokalen Anwendung bei Gonarthrose, nicht zuletzt aufgrund der geringen Rate an Nebenwirkungen. Als grundsätzlichen Vorteil pflanzlicher Analgetika und Antirheumatika nannte die Kollegin das große Spektrum an Inhaltsstoffen mit verschiedenen Angriffspunkten. Die Multitarget-Wirkung sorgt für eine niedrige Neben- und Wechselwirkungsrate und gute Verträglichkeit auch bei älteren Patienten. Falls ein Verzicht auf NSAR bzw. Steroide nicht infrage kommt, kann die Kombination mit Phytotherapeutika eine Dosisreduktion ermöglichen. Ein Nachteil ist der relativ schwache analgetische Effekt, der durch die niedrige Konzentration der Einzelwirkstoffe zustande kommt, erklärte die Naturheil-Spezialistin. Außerdem setzt das Wirkoptimum bei den oralen Phytotherapeutika frühestens nach einer Woche kontinuierlicher Einnahme ein, was man mit dem Patienten besprechen muss. Schließlich müssen die pflanzlichen Medikamente dauerhaft eingenommen werden, was angesichts der guten Verträglichkeit auch möglich ist. „Supereffekte“ sind nicht zu erwarten, wohl aber eine vernünftige Wirkung im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen des Selbstmanagements. Damit, so Prof. Kraft, kann man den Schmerz langfristig in den Griff bekommen.Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
* Nationale Versorgungsleitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz, AWMF-Register Nr. nvl-007, www.awmf.org
** Knieschmerz bei Arthrosezeichen DEGAM S1-Handlungsempfehlung, AWMF-Register Nr. 053-050, www.awmf.org
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