Wie Kontakte zwischen Mikrobiom und Körperzellen auf Allergien und Krebs wirken

Dr. Anja Braunwarth

Die Beziehung zwischen Immunzellen und Bakterien ist sehr berührungsintensiv. Die Beziehung zwischen Immunzellen und Bakterien ist sehr berührungsintensiv. © iStock/Dr_Microbe

Mikrobiom und Immunsystem führen eine untrennbare, aber doch anfällige Partnerschaft. Was die Abwehr beeinflusst, hat auch Auswirkungen auf Allergien und Krebserkrankungen.

Die Flora kann direkt oder indirekt auf die Abwehr einwirken, schreiben Professor Dr. Eva Untersmayr vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien und Kollegen. Zu den Interaktionsmechanismen gehören die Signalübertragung an Immunzellen, der Übertritt von Mikroben durchs Epithel ins Gewebe oder der Austausch von Molekülen.

Die wesentliche Rolle der Mikrobiota in der Kontrolle immunvermittelter Krankheiten wie Allergien oder Krebs kristallisiert sich in den letzten Jahren immer mehr heraus. Schon länger bekannt ist die Verbindung zwischen der Zusammensetzung der Flora und atopischen Leiden, Stichwort Hygienehypothese. Die Exposition gegenüber Stäuben auf Bauernhöfen schützt vor Sensibilisierungen. Dagegen erhöht eine unreife mikrobielle Zusammensetzung im Darm von Kindern asthmatischer Mütter das Risiko, ebenfalls zu erkranken. Und Dysbalancen fördern eindeutig spätere Atopien und Asthma.

Ernährung als zweischneidiges Schwert

Mangelnder Kontakt zu einigen Keimarten und ein moderner Lebensstil scheinen die Krebsgefahr zu steigern. Ein höherer sozioökonomischer Status geht mit vermehrten Inzidenzen an Hodgkin-Lymphomen einher, während Betreuung in Kitas und viele frühe Infektionen Kinder vor akuter lymphoblastischer Leuk­ämie in jungen Jahren und einer chronisch lymphatischen Leukämie als Erwachsene zu schützen scheinen. Für einige einzelne Bakteriengattungen fanden sich positive Assoziationen zu Pankreas-, Ösophagus- und Plattenepithelkarzinomen.

Antibiotika stören die Balance erheblich und man vermutet, dass sie damit auch eine Krebsprogression anschieben können. Natürlich spielt die Ernährung eine große Rolle, aber manchmal auch diametral. Zu wenig Eisen begünstigt Allergien, zu viel dagegen bösartige Tumoren. Vitamin A und D haben große Bedeutung für die mukosale Immunität, Retinolkonzentrationen über der Norm stehen aber mit Prostatakarzinomen in Verbindung. Hohe Folatspiegel verhindern Giemen, könnten jedoch Bronchialkarzinome fördern. Viel Positives sprechen Experten den Einflüssen unverdaulicher Oligosaccharide auf die Mikrobiota in Sachen Allergieprävention zu. Was Zucker beim Thema Krebs ausrichten kann, weiß man noch nicht.

Einige intestinale Bakterien sind in der Lage, nach Genuss von faserreicher Kost kurzkettige Fettsäuren zu produzieren, die eine wichtige Energiequelle für die Darmepithelzellen darstellen. Fehler in ihrer Produktion könnten mit Typ-2-Dia­betes, Adipositas, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, kolorektalen Karzinomen und Allergien in Verbindung stehen.

Zudem pflegt die Mikrobiota Beziehungen zu Makrophagen, dendritischen Zellen, Mastzellen, Eosinophilen, angeborenen Lymphozyten, B-Zellen und Tregs, die als Immunregulatoren fungieren. Abgesehen von diesen Interaktionen sind einige Mikroben in der Lage, reaktive Sauerstoffspezies und Radikale zu erzeugen. Andere regen die IgA-Produktion an. Mangelt es an ihnen, haben Allergien und Asthma leichteres Spiel. Durch Lecks in der Epithelbarriere können mikrobielle Moleküle das Immunsystem aus dem Gleichgewicht bringen. Schließlich gibt es auch Hinweise darauf, dass eine gestörte Flora Chemo- oder Immuntherapien behindert.

Eine Chance, die gesunde Balance wiederherzustellen, bietet z.B. die Stuhltransplantation. Eine weitere Möglichkeit wäre es, biosynthetisch eine de-novo-Produktion anzuregen. Und schließlich wäre es auch denkbar, Bakterienstämme zu kreieren, die rekombinante therapeutische Proteine zur Prophylaxe und Therapie von Krankheiten freisetzen. 

Quelle: Untersmayr E et al. Allergy 2019; online first

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