Zoster im Auge: früher Therapiebeginn senkt das Risiko für Komplikationen

Dr. Dorothea Ranft

Die Infektion macht sich ebenfalls auf der umliegenden Haut bemerkbar (links). Mit einer Fluoreszenzfärbung kann man die Viren jedoch auch im Auge sichtbar machen (rechts). Die Infektion macht sich ebenfalls auf der umliegenden Haut bemerkbar (links). Mit einer Fluoreszenzfärbung kann man die Viren jedoch auch im Auge sichtbar machen (rechts). © wikimedia/Mohammad2018; wikimedia/James Heilman, MD

Ein 70-Jähriger klagt über ein vesikuläres Exanthem auf der linken Stirnseite. Auch das linke Auge ist schmerzhaft gerötet – typische Zeichen eines Zoster ophthalmicus. Nun sollte zügig eine systemische­ antivirale Behandlung erfolgen.

Fragen Sie bei der Anamnese nach dem Beginn des Exanthems. Denn ein Therapiebeginn innerhalb von 72 Stunden reduziert das Risiko für Komplikationen am Sehorgan deutlich. Außerdem können viele Patienten das schmerzende Areal nur schwer einschätzen: Für eine okuläre Beteiligung sprechen Augenschmerzen direkt, nicht solche in der Umgebung.

Nach Photophobie und Sehverschlechterung fragen

Die für den Zoster ophthalmicus typischen Beschwerden im Dermatom des ersten Trigeminusastes (V1) können auch ohne Hauterscheinungen auftreten – als „zoster sine herpete“, schreiben Dr. Darren Shu Jeng Ting, Augenarzt im britischen Sunderland, und Kollegen. Gezielt eruieren sollten Sie andere Augensymptome wie Photophobie, okuläre Sekretion, verschlechtertes Sehvermögen oder Doppelbilder.

Wichtig sind zudem kurz zurückliegende Erkrankungen, die möglicherweise die Virus-Reaktivierung begünstigt haben. Bei wiederholten Zoster-Episoden sollte eine Immunsuppression abgeklärt werden. Eine Beeinträchtigung der Abwehr, z.B. durch HIV-Infektion, Organtransplantation oder Tumor, kann den Verlauf eines Zoster ophthalmicus erheblich aggravieren, die antivirale Therapie muss dann intravenös erfolgen. Fragen sollte man auch nach einer kürzlich durchgeführten Impfung mit lebend attenuierten Viren, sie führt in Einzelfällen zu einer Reaktivierung der okulären Gürtelrose.

Bei der körperlichen Untersuchung interessiert zunächst, ob sich das vesikuläre Exanthem auf das Dermatom V1 beschränkt, also z.B. die Mittellinie des Gesichts nicht überschreitet. Ein ungünstiger Prognose-Faktor ist das Hutchinson-Zeichen: Hauterscheinungen an Nasenwurzel, Seite und Spitze sprechen für eine Beteiligung des nasoziliären Trigeminusasts. Betroffene Patienten entwickeln häufiger eine okuläre Entzündung und persistierende Kornea-Denervation.

Ist der Patient verwirrt?

Purulente Sekretion, Symptomverschlechterung und speziell hohes Fieber sprechen für eine bakterielle Superinfektion. Sie manifestiert sich in der Regel ebenfalls auf der Zoster-Seite. Auch den Geisteszustand des Patienten gilt es, im Auge zu behalten, eine Verwirrtheit deutet evtl. auf eine begleitende Enzephalitis hin.

Differenzialdiagnostisch kommt z.B. ein Herpes simplex infrage, dessen Bläschen halten sich aber nicht an Dermatom-Grenzen und überschreiten die Mittellinie. Gleiches gilt für das Verteilungsmuster der Impetigo, die zudem bei Kindern viel häufiger auftritt als bei Erwachsenen. Bei der Kontaktdermatitis lassen sich die auslösenden Allergene und Irritanzien meist bereits in der Anamnese eruieren. Somit kann die Diagnose des Zoster ophthalmicus meist anhand der Klinik gestellt werden. Bei Unklarheiten bringen Abstriche von aktiven Vesikeln weiter.

Betroffene Patienten sollten innerhalb von 72 Stunden nach dem Beginn des Exanthems eine systemische­ antivirale Behandlung erhalten. Auch späterer Therapiestart ist möglich, falls sich noch neue Bläschen bilden. Cremes mit Capsaicin, Amitriptylin oder Gabapentin komen bei neuropathischen Schmerzen zum Einsatz, Antibiotika beim Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion. Gegen Läsionen in der Nähe des Augenlids helfen lubrifizierende Augentropfen. Zur Therapie der stromalen Keratitis oder Uveitis setzt man auf topische Steroide.

Die Kranken sollten wegen einer möglichen Übertragung des Virus engen Kontakt mit Kindern, Schwangeren und immunsupprimierten Personen meiden. Erlaubt ist der Kontakt erst wieder, wenn sämtliche Bläschen verschorft sind, üblicherweise nach ein bis zwei Wochen.

Zum Ophthalmologen müssen Sie überweisen, wenn Patienten an Augenschmerzen oder beeinträchtigtem Sehvermögen leiden. Ebenfalls ein Fall für den Facharzt: „rote Augen“ und korneale Pseudodendriten (Anfärbung mit Fluoreszenzien). Auf keinen Fall übersehen werden dürfen Uveitis und akute Retinanekrose. Beide verursachen Schmerzen, die Uveitis zusätzlich eine Photophobie, die Retinanekrose einen Visusverlust bis hin zur Blindheit. Die Indikation zur stationären Einweisung besteht bei ZNS-Beteiligung, akuter Retinanekrose, Senioren mit schwerer Erkrankung (z.B. mehrere Dermatome), immunsupprimierten Patienten und solchen, die keine oralen Medikamente nehmen können.

Quelle: Ting DSJ et al. BMJ 2019; 364: k5234

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Die Infektion macht sich ebenfalls auf der umliegenden Haut bemerkbar (links). Mit einer Fluoreszenzfärbung kann man die Viren jedoch auch im Auge sichtbar machen (rechts). Die Infektion macht sich ebenfalls auf der umliegenden Haut bemerkbar (links). Mit einer Fluoreszenzfärbung kann man die Viren jedoch auch im Auge sichtbar machen (rechts). © wikimedia/Mohammad2018; wikimedia/James Heilman, MD