
Zwei Strategien zur Verbesserung der Prognose von Erwachsenen geprüft

Etwa 40 % aller akuten lymphatischen Leukämien exprimieren auf ihrer Oberfläche CD20 – ein Merkmal, das mit einer schlechteren Prognose einhergeht. Da der gegen dieses Antigen gerichtete Antikörper Rituximab Personen mit zahlreichen anderen B-Zell-Erkrankungen einen Vorteil bringt, lag es nahe, die Wirksamkeit der Substanz auch bei der ALL zu testen.
Von nicht signifikant bis vielversprechend
An der UKALL14-Studie beteiligten sich alle 65 britischen Zentren, die ALL-Patient:innen behandeln.1 Die Hälfte der 586 eingeschlossenen Betroffenen erhielt zusätzlich zur Standard-Induktion vier Dosen Rituximab (375 mg/m2 an den Tagen 3, 10, 17 und 24). Als primärer Endpunkt legten die Kolleg:innen um Prof. Dr. David I. Marks, United Bristol Healthcare Trust, das ereignisfreie Überleben (EFS) fest. Nach median 53,7 Monaten Follow-up betrug die Drei-Jahres-Rate in der Kontrolle 43,7 % vs. 51,4 % im experimentellen Arm – eine Differenz, die nicht-signifikant ausfiel (HR 0,85; 95%-KI 0,69–1,06; p = 0,14).
Hinsichtlich der häufigsten Nebenwirkungen Infektionen und Zytopenien beobachteten die Forschenden in beiden Armen keine Unterschiede. Mit 4 % vs. 5 % starben während der Induktion etwa gleich viele Teilnehmende in der Kontrolle vs. Prüfgruppe. Die nicht-rezidivbedingte Mortalität nach drei Jahren ähnelte sich mit 23,7 % vs. 20,6 % ebenfalls.
Dass die Steigerung des EFS nicht-signifikant ausfiel, führen die Wissenschaftler:innen auf die geringe Rituximab-Exposition zurück. Möglicherweise seien vier Dosen nicht ausreichend (s. Kasten).
Längere Rituximab-Exposition von Vorteil?
Die Daten der UKALL14-Studie lassen vermuten, dass sich mit einer stärkeren Rituximab-Exposition ein größerer und möglicherweise signifikanter Vorteil erzielen lässt. Wie Prof. Dr. Anjali S. Advani von der Cleveland Clinic in ihrem Kommentar hervorhebt, wurde in verschiedenen Arbeiten mit acht bis 16 Dosen ein Benefit erreicht – möglicherweise durch eine verstärkte Eradikation der minimalen Resterkrankung. Während die längere Gabe von Rituximab also die Ergebnisse durchaus verbessern könnte, setzt die Kommentatorin zusätzlich auf neuere monoklonale Antikörper wie Inotuzumab und Blinatumomab, die Forschende derzeit auch in der Erstlinie erproben.
Quelle: Advani AS. Lancet Haematol 2022; 9: e240-e241; DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00054-0
Eine weitere Option zur Verbesserung der Prognose von Erwachsenen mit ALL ist eine allogene Stammzelltransplantation in der ersten Remission. Die Strategie wird allerdings, wenn man eine myeloablative Konditionierung verwendet, vor allem mit zunehmendem Alter der Betroffenen immer riskanter. Die Autor:innen der UKALL14-Studie um Prof. Marks verwendeten daher bei einer Kohorte von 249 Personen eine Konditionierung mit reduzierter Intensität, bestehend aus Fludarabin, Melphalan und Alemtuzumab.2 236 Erkrankte waren ≥ 41 Jahre alt. Das EFS, primärer Endpunkt der Analyse, betrug nach vier Jahren 46,8 %, die Gesamtüberlebensrate bezifferte 54,8 % und die kumulative Rezidivrate zu diesem Zeitpunkt schlug mit 33,6 % zu Buche. Jede:r fünfte Teilnehmende war nach vier Jahren an den Folgen der Transplantation gestorben (19,6 %), mehr als die Hälfte davon (56 %) aufgrund von Infektionen.
Akute Graft-versus-Host-Erkrankungen (GvHD) vom Grad 2–4 erlitten 12 % der Betroffenen, solche vom Grad 3–4 beobachteten die Forschenden bei 5 % der Patient:innen. 37 % entwickelten eine chronische GvHD, wobei diese in 22 % der Fälle ausgedehnter war. 30 % wiesen am Ende der Induktionsphase eine minimale Resterkrankung auf, die mit einer schlechteren Prognose im Sinne des EFS (HR 2,40; 95%-KI 1,46–3,93) sowie der Zeit bis zum Rezidiv einherging (HR 2,41; 95%-KI 1,29–4,48).
Die Ergebnisse in dieser älteren Hochrisiko-Population seien vielversprechend, so die Autor:innen, und in weiteren Studien wird derzeit an einer Optimierung der Konditionierung gearbeitet sowie an einer frühen Gabe von Donor-Lymphozyten-Infusionen bei Vorliegen eines gemischten Chimärismus. Außerdem soll die Dosierung des CD52-Antikörpers Alemtuzumab zurückgefahren werden, um das Risiko für Infektionen und Rezidive zu verringern.
1. Marks DI et al. Lancet Haematol 2022; 9: e262-e275; DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00038-2
2. Marks DI et al. Lancet Haematol 2022; 9: e276-e288; DOI: 10.1016/S2352-3026(22)00036-9
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).